Mieko Kawakamis dritter Roman ist eine anachronistische Liebesgeschichte. Nicht, weil sie in ihren Werten oder Vorstellung aus der Zeit gefallen wäre, sondern weil es das erste Mal in einer langen Zeit ist, dass eine Liebesgeschichte in der heutigen Zeit so langsam erzählt wird. Die Lektorin Fuyuko lebt ein stilles Leben, tut sich schwer damit, Verbindungen zu anderen Leuten aufzubringen und hat auch mit Mitte dreißig nicht den richtigen Moment gefunden, sich romantisch auf irgendjemanden einzulassen. Sie kämpft mit Depressionen und mit dem Alkohol, vereinsamt zunehmend und freut sich jedes Jahr auf ihren Geburtstag am 24. Dezember; nicht, weil sie da mit Leuten zu tun hätte, sondern, weil sie sich da zur Tradition gemacht hat, einen Nachtspaziergang durch das weihnachtlich beleuchtete Tokyo.
Im Laufe des Romans lernt sie einen Mann kennen, beginnt, sich besser mit zwei Kolleginnen zu verstehen, gleichzeitig verschlimmern sich aber auch ihre eigenen Dämonen. Wie japanische Literatur es manchmal vermag, gehen die positiven und negativen Eindrücke dieser sensiblen, komplexen Protagonisten nah beieinander. Und obwohl in ihrem Leben so manches im Argen ist, wird es nie ein Roman, der Mitleid für sie hascht - im Gegenteil. Oft findet All die Liebenden der Nacht eine Würde und Bestimmtheit an Fuyukos stillem Leben. Nirgends mehr als in diesen atemberaubend schönen Nachtspaziergangs-Szenen, in denen das Flimmern der Stadt und das Fernweh, die Wanderlust zu einem atemberaubenden, aber doch irgendwie subtilen Aufbäumen der Freude des Lebendigseins auftut.
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