Mit seinem ersten Roman „Der Fall Meursault“ wurde Kamel Daoud mit der Gegendarstellung des arabischen Protagonisten aus Camus´ Der Fremde von der Kritik gefeiert. In „Zabor“, im März diesen Jahres in der Übersetzung von Claus Josten bei Kiepenheuer & Witsch erschienen, wird die Geschichte von Ismaël geschildert.
Ismaël wächst in einem kleinen, algerischen Dorf nahe der Sahara auf, die Mutter verstirbt früh und sein Vater verstößt ihn. So lebt er bei seiner Tante und dem stummen Großvater und findet sich bereits in jungen Jahren in der Rolle des Außenseiters wieder. Durch seine Faszination für Literatur eignet er sich die Gabe an, die diesen Roman phantastisch werden lässt. Ismaël, der sich nach seinem Vater Zabor nennt, kann das Leben Sterbender durch Schreiben verlängern. Wie genau dies während des Romans geschieht, wird am Beispiel seines Vaters deutlich, denn dieser erkrankt plötzlich und Ismaël muss sich der Frage stellen, wer dieser Mann ist, der ihn verstoßen hat, und wie er ihm begegnet. Gleichzeitig geht es um Religion, patriarchale Strukturen und die Folgen des Kolonialismus.
Mittels gewaltiger Metaphern und einer ungeheuren Bildlichkeit lässt Daoud seinen Protagonisten auf der Suche nach der Genauigkeit der Sprache und den richtigen Wörtern, um den Tod noch ein wenig auf Abstand zu halten und die Geschichte der sterbenden Personen wiederherzustellen, agieren. Ein grandioses Vergnügen!