Ada lebt 1459 in Totope (im heutigen Ghana) und trauert um ihr verstorbenes Kind. 1848 lebt sie als Mathematikerin Ada Lovelace in England, schreibt das erste Computerprogramm und hat eine Affäre mit Charles Dickens, der den Wert ihrer Arbeit nicht erkennt. 1945 wird sie im KZ Mittelbau-Dora zwangsprostituiert. 2019 sucht sie als hochschwangere Schwarze Frau eine Wohnung in Berlin und ist dabei unzähligen Formen des strukturellen Rassismus ausgesetzt. Erzählt wird ihre Geschichte von Gegenständen, die, ebenso wie sie, in Schleifen durch die Zeit wandern: einem Besen, einem Türklopfer an Adas Haus, von Adas Raum selbst und ihrem britischen Reisepass. Begleitet wird ihre Geschichte von einem goldenen Perlenarmband, das in jeder Schleife eine wichtige Rolle einnimmt.
Immer wieder wird gezeigt, wer Adas Geschichte beeinflussen und sie steuern kann, wobei Machtstrukturen aufgegriffen und entlarvt werden. Denn es sind machtbesessene Kolonisatoren, patriarchale und übergriffige Ehemänner und faschistische Herrscher, die dazu beitragen, dass das Armband, das Ada 1459 noch als Symbol ihrer persönlichen Trauer diente, 2019 als geraubtes Kulturgut in einer Berliner Ausstellung über das vorkoloniale Westafrika landet, und die gesellschaftlichen Strukturen ermöglichen, die Ada das Leben erschweren.
Auch wenn die Verkettung von Handlungssträngen und Perspektiven kompliziert erscheinen mag, sind es gerade die verspielte und außergewöhnliche Form sowie die Leichtigkeit der Sprache, die Sharon Dodua Otoos Debütroman für mich so überzeugend und zu einem der besten Romane seit langem machen. Er ist humorvoll, wie auch einfühlsam, bewahrt jedoch durch die beobachtende Perspektive eine wichtige Distanz, gibt Freiräume und zwingt sich einem nicht auf. Ein wirklich beeindruckendes und geniales Buch über Zusammenhänge, Unterdrückung, Familie und Identität!
Eine Besprechung von Sandra.