Im Roman Bruder erzählt Zain Khalid die Geschichte von drei Adoptivbrüdern, die bei ihrem rätselhaften Adoptiv-Großvater Salim aufwachsen. Während sich der Ich-Erzähler Yussef von Salim abgelehnt fühlt, ist er seinen Adoptivbrüdern umso näher. Er begibt sich auf die Suche nach Spuren seiner Vergangenheit und Erklärungen für das widersprüchliche Verhalten seines Großvaters. Relativ mittig im Handlungsbogen werden diese Fragen aufgelöst und den Leser*innen eröffnet sich eine komplexe Themenvielfalt, bei der Wahnsinn, Fiktion und Realität aufeinanderprallen.
Grausam und schockierend entfaltet sich dabei die Wirkmacht von Religion und Kapitalismus und legt die Tragödie der Familiengeschichte offen. Überzeugt hat mich dabei vor allem die Figur Salim, die so viele Widersprüche vereint und als sehr komplexer Charakter auftritt. Nachdem die drängende Frage nach der Familiengeschichte beantwortet wurde, fiel es mir leider schwerer, der Geschichte zu folgen. Der Ich-Erzähler wird mehr und mehr von Wahnsinn geplagt, was den roten Faden des Handlungsbogens immer wieder unscharf werden lässt und mir viel Konzentration abverlangte. Als Leser*in wird man von seinen teilweise wirren Gedankengängen gefangen genommen, was bei mir vor allem zu einem beklemmenden Leseerlebnis geführt hat. Nichtsdestotrotz empfehle ich das Buch allen, die für Wahnsinn offen sind und bereit sind, sich auf die Grenzpfade des Verstandes leiten zu lassen.