Zu Beginn des Romans sollte eine riesige Trigger Warnung stehen. Ich habe schon mehrere Romane von Uhly gelesen und immer wieder schafft er es, sich Themen anzunehmen, welche sonst eher seltener Besprechung finden und das liegt meist genau daran, dass sie an Grenzen treten oder diese überschreiten. Uhly kreiert einen Dialog über Kindesmissbrauch in der Kirche. Dialog im wahrsten Sinne, denn zwischen dem Padre Roque de Guzmán einer Gemeinde in Hortaleza, einem Vorort von Madrid, welcher jeden Nachmittag im Beichtstuhl sitzt und auf das übliche Gestehen seiner bekannten immer wieder kehrenden Sünder wartet, entwickelt sich eine Abhängigkeit zu einem Fremden, einem Nachhilfelehrer, welcher versucht seine Inneren Dämonen mit seinem Schuldverständnis zu vereinbaren. Die eigentliche Sünde wurde noch nicht begangen, aber der Fremde gesteht, nach vermehrter Flucht und Rückkehr, dem Verlangen gegenüber seinem Schüler nicht entkommen zu können. Je weiter sich das Gespräch fortführt, desto klarer wird auch den Leser:innen sichtbar gemacht, dass der Gegenüber des Padre ihm ein Spiegelbild seiner selbst offenbart. Im Laufe des Romans wird die Rolle des Sünders und eine Definition dessen, was Sünde und Vergebung bedeuten können, immer wieder verschoben. Es wird versucht, die Würde eines Amtes zu wahren, doch von Integrität fehlt jede Spur und die Frage danach, wer auf welcher Seite des Beichtstuhles sitzen sollte, bleibt zu jedem Zeitpunkt bestehen. Klar ist auf jeden Fall, dass bei einem solchen Thema am Ende keine Erlösung steht, und ich mag mir gar nicht anmaßen zu entscheiden, ob die Auseinandersetzung eine gelungene ist, dafür ist das Thema ein viel zu reales und traumatisches, als dass in der Fiktion Antworten gefunden werden können. Mit Sicherheit keine leichte Lektüre, aber eine, die im Gedächtnis bleibt.