Eine Eisenbahn pflügt sich durch baumlose Graslandschaft, Frauen reichen Tee, getrocknete Quarkkugeln und Wolle durch offene Fenster. Die Tür eines Abteils fliegt auf und jemand Unbekanntes tritt ein, um seine Geschichte zu erzählen. In kasachischen Liedern, Märchen und Alltäglichem berichtet er vom Aufwachsen in der Sowjetzone des Kalten Krieges. Die Körperlichkeit der Sprache Hamid Ismailovs ist überwältigend. Die mir fremde Körperlichkeit der Steppenkasachen stößt mich teilweise ab. Immer rattert ein Zug im Hintergrund, Anschläge auf Schienen, wie eine Trommel. Ein atomares Vibrieren als Basslinie zur Melodie einer Geige. Ein Betonmonolith reckt sich aus verseuchter Erde. Ein Junge, der in einen nuklearen Silbersee springt und nicht mehr wächst. Er wird in einer Fabel geboren, reitet auf einem Esel mit seiner Aysulu zur kilometerweit entfernten Schule und übt sein Geigenspiel. Dieses Buch ist Musik und gleichzeitig rohe Menschlichkeit. Lies es! Einziger Nachteil: Es ist zu kurz, gerne möchte ich weiterfahren und mehr über Erjan und Kasachstan erfahren.