Ein Tipp von Laura:
Ottessa Moshfegh kann irgendwie alles schreiben und alles wird irgendwie perfekt. In diesem Fall 14 ziemlich perfekte Kurzgeschichten über ziemlich unperfekte Menschen. Wie wir alle eben. Und das ist manchmal unangenehm. Zum Beispiel, wenn man Jeb, einen Sechzigjährigen, der aber wesentlich älter aussieht, dabei beobachtet, wie er die Nachbarin beobachtet, um sie mit seinem Sohn zu verkuppeln. Wie er dabei diverse Grenzen überschreitet und man nichts dagegen tun kann. Oder die Frau, die mit dem Hausverwalter einer Apartmentanlage zusammen ist, weil ihr die Gegend so gut gefällt, ansonsten aber nichts Gutes über ihn zu sagen hat. Oder die Englischlehrerin einer Klosterschule, die zu sehr auf ihren geplanten Drogentrip fokussiert ist, um zu bemerken, dass sich bei der hochschwangeren Jugendlichen, die sie bei sich putzen lässt, eine Fehlgeburt abzeichnet. Als Leser*in stolpert man in die Geschichten hinein und wird an anderer Stelle ebenso wieder hinaus geworfen, ohne dass sich eine Entwicklung ergeben würde. Und das ist das Wesentliche dieser Geschichten - es wird der Alltag porträtiert und alle machen immer weiter. Und dieser Alltag entblößt einige menschliche Makel, erzählt vom Scheitern, unerfüllten Träumen, Begehren, Sucht, Krankheit und Hintergedanken. Ottessa Moshfegh beherrscht es dabei, das Komische dieser Momente einzufangen, ohne sich über die Figuren lustig zu machen. Am Ende steht dort eine große Sehnsucht nach einer anderen Welt: “Was dieser Ort ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er nicht hier ist, auf der Erde, bei euch blöden Menschen. Ich wünschte, ich wüsste, was er ist, aber nicht, weil ich euch unbedingt davon erzählen will - ich habe nur solche Sehnsucht danach.”