Léonard muss seine Sommerferien auf einem französischen Campingplatz gemeinsam mit seiner Familie verbringen. Und als wäre das für einen 17-jährigen nicht schon schlimm genug, ächzt das Land unter einer drückenden Rekordhitze. Während die anderen Teenager baden, tanzen, trinken und knutschen, fühlt Léonard sich nicht ihnen zugehörig und verbringt seine Zeit lieber allein. Er denkt an Mädchen, spricht diese jedoch nicht an. Er leidet unter den Temperaturen, würde sich aber nie ausziehen. Als die anderen Jugendlichen eine Party feiern, zieht der Introvertierte ab, streift nachts am Strand entlang und beobachtet dann, wie ein gleichaltriger Junge stirbt, ohne dass Léonard etwas dagegen unternimmt. In den folgenden Tagen wird er dieses Geheimnis für sich behalten, während die anderen den Sommer ihres Lebens erleben.
Der junge Autor Victor Jestin hat einen wirklich feurigen Roman geschrieben. Unglaublich präzise beschreibt er die heißen Tage im Leben eines jungen Teenagers, seine Sprache ist klassisch, gleichzeitig aber schnörkellos. Sie erinnert an die großen Coming-of-Age-Romane aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, ohne jedoch sentimental oder melancholisch zu sein, sodass es beim Lesen fast schon verwirrt, wenn Worte wie Tinder oder völlig deplatzierte Sommerhits wie "Despacito" erwähnt werden. Zwei Sachen, mit denen unser Protagonist übrigens nichts anfangen kann.
Was Léonard stattdessen umtreibt ist die Tatsache, dass er einfach nicht dazugehören will. Es gelingt ihm schwer Gefühle zu zeigen. In dem Moment, wo er jedoch einen Jungen beim Sterben zusieht, fühlt er etwas, füllt sich die Leere in ihm. Der quatschige Sommer mit den Eltern bekommt so etwas wahrhaftiges.
Ein bedrückender, wahnsinnig eindringlicher Roman, der tief berührt. Ach, diese jungen Franzosen immer.
Eine Besprechung von Sebastian.