Ein Tipp von Dagmar:
Ein Mann fährt mit seinem kleinen Sohn zu dem Orten seiner Kindheit in der schwäbischen Alb. Was für den Jungen ein Abenteuer ist, ist für den namenlosen Ich-Erzähler eine schmerzvolle Reise in die Familiengeschichte.
"Dass der Vater ein Nazi war, hatte keine Bedeutung. Es war eine überflüssige Eigenschaft, eine zufällige Schrulle. Doch es war eine der wenigen Einzelheiten,die ich von ihm wusste. Er war kein Rudolf Höß, er war kein Hans Frank, auch wenn er endete wie er. Er hatte kein Nazi der Tat mehr sein können.Er musste ein Nazi der Meinung bleiben.Ein Mörder nur in der Fantasie und auf dem Wahlzettel."
Der Ich-Erzähler, ein Soziologieprofessor trägt eine große Bürde, schon Urgroßvater, Opa und Vater haben sich das Leben genommen. Der tristen Kindheit und dem kleinbürgerlichen Leben in der Provinz entflohen, lebt er jetzt in Berlin, aber der soziale Aufstieg und die späte Vaterschaft können seine Ängste nicht mildern. Er fühlt sich unwohl und oft fehl am Platze in den Akademikerkreisen und er misstraut seinen Vaterqualitäten.
"Depression war keine Diagnose. Wenn ich das Wort aussprach,erschuf ich das Bezeichnete erst.Wenn ich das Wort aussprach, verwandelte ich das Gefühl in ein Urteil. Erst die Vollstreckung des Urteils würde dem Gefühl ein Ende machen. Die Kapitulation vor dem Schwarzen Gott."
Keine leichte Kost, quälende und schräge Momente wecheln sich ab, auch springt der Roman in den Zeitebenen, mal sind wir in der tristen Kindheit des Protagonisten, dann auf dem Roadtrip, der den Familienfluch beenden soll.
Dieser komplexe Inhalt ist in eine knappe literarische Form gegossen, die das Ganze für den Leser aushaltbar macht. Eindrucksvoll beschreibt Bjerg die Hilflosigkeit und Verzweiflung des Vaters, aber auch die Neugier und Lebensfreude seines namenlosen Sohnes, schnell kippen unschuldige, glückliche Momente auf dieser Reise. Ich habe diesen brillanten Text mit Begeisterung gelesen!