Die südkoreanische Autorin Kim Hye-Jin erzählt in ihrem Roman "Die Tochter", was passiert, wenn die Familie unfreiwillig wieder zusammenziehen muss. Anständig soll die Tochter sein. Wie es sich nun mal für eine Frau gehört: guter Job und zuverlässiger Mann. Stattdessen ist die Tochter queer, radikal und visionär, sie prügelt sich auf Demos mit der Polizei und liebt eine Frau. Als dann auch noch das Geld ausgeht, heißt es für sie und ihre Freundin zurück in die Obhut der Mutter. Gleichgeschlechtliche Beziehungen empfindet die Mutter jedoch als falsch und unanständig. Sie krallt sich an den Gedanken, dass ihr Kind irgendwann zur Besinnung kommt.
Kim Hye-Jin wählt eine interessante Erzählperspektive: die der verzweifelten Mutter. Obwohl die Ereignisse aus ihrer Sicht geschildert werden, sympathisiert die Leserin eindeutig mit den beiden anderen Frauenfiguren. Kim Hye-Jin findet den schmalen Grad zwischen sensibler Kommunikation und sanfter Wucht, indem sie die Ängste einer Generation ergründet. Klar und kühl ist der Ton dieses Buches. Ein Buch, das seine Figuren miteinander ins Gespräch bringt und das uns nachdenken lässt über die Herausforderungen verschiedener Frauen-Generationen.