Beschreibung
Im Januar 1891 beginnt in Cuxhaven eine Schiffsreise, die Tourismusgeschichte schreiben soll. Für die als 'Excursion nach Italien und dem Mittelmeer' angekündigte achtwöchige Rundreise nutzt die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien- Gesellschaft (HAPAG) mit dem Doppelschrauben-Schnelldampfer Augusta Victoria ihr modernstes Schiff. Die Reise kostet bis zu 2.400 Mark - immerhin das Drei- bis Vierfache eines durchschnittlichen Jahresverdienstes. In den kleinen Kabinen mit Doppelbelegung gibt es fließendes Wasser und elektrisches Licht - 1891 purer Luxus! An Bord: das gehobene Bürgertum. Juristen, Offiziere, Kaufleute, Unternehmer, Architekten und Kommerzienräte; meistens Herren, einige Ehepaare, kaum allein reisende Damen, dafür aber mehrere Väter mit Töchtern im heiratsfähigen Alter. Die Touristen besuchen Alexandria und Kairo, Jerusalem, Damaskus, Konstantinopel, Athen, Neapel und Lissabon. Auf Landausflügen besichtigen sie die Akropolis, reiten auf Eseln durch Ägypten, besteigen die Pyramiden, sehen den Tempelberg und Pompeji. An Bord vertreibt man sich die Zeit mit gutem Essen, Tanzabenden im Salon und der Suche nach einer 'guten Partie' oder einem Flirt. Die Reise ist ein Erfolg: Vier Journalisten telegraphieren ihre Reiseberichte an überregionale Zeitungen und nach der Rückkehr schickt Kaiser Wilhelm II. seine Glückwünsche an die Reederei. Den etwa 240 Reisenden von 1891 folgen heute Millionen Kreuzfahrttouristen, allein in Deutschland buchen 2019 mehr als 2,5 Millionen Menschen eine Kreuzfahrtreise.
Autorenportrait
Christian Bunnenberg, Jahrgang 1979, studierte in Münster Geschichte und Germanistik. Er unterrichtete in wechselnden Funktionen an Universitäten und Hochschulen in Köln, Essen und Heidelberg. Heute ist er Professor für Didaktik der Geschichte und Public History an der Ruhr-Universität Bochum. In Forschung und Lehre beschäftigt er sich u.a. mit der Tourismusgeschichte des »langen 19. Jahrhunderts«.
Leseprobe
Wie hat Ihnen die Reise gefallen? Darauf antworte ich: Prachtvoll vom Anfang bis zum Ende. Selten hat eine Partie von Touristen in so kurzer Zeit so Vieles und so Herrliches gesehen, wie wir, und so hübsch, so bequem, so mit Fürsorge und Luxus umgeben, hat sie es überhaupt noch nicht.' Heinrich Weth, Passagier der ersten Kreuzfahrt