Wiederbelebung

Erinnerungen, edition fünf 22

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783942374453
Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S.
Format (T/L/B): 2.4 x 19.6 x 13.3 cm
Einband: Leinen

Beschreibung

Die wahre Geschichte einer lebenslangen Reise zu sich selbst. Memoiren einer jungen Frau vor und nach ihrem Coming-out. Im Sommer 1964 packt die 19-jährige Judith ihre Koffer und düst mit dem Cabrio ihrer Mutter nach Katalonien, um einen Job als Touristenführerin anzutreten. Was nach jugendlicher Abenteuerlust klingt, ist in Wahrheit zugleich Flucht und Suche: Wenige Monate zuvor sind Judiths Eltern ums Leben gekommen - ertrunken, als sie bei einem Feuer auf dem Kreuzfahrtschiff Lakonia genötigt waren, mitten in der Nacht ins eiskalte Meer hinabzusteigen. Um ihren brennenden Schmerz zu betäuben, stürzt sie sich in den Exzess: Sie feiert die spanischen Nächte durch, geht zahllose Affären mit Männern ein und treibt Körper und Seele an ihre Grenzen. Erst Jahre später gelingt es ihr, die Trauer über den Verlust der Eltern zuzulassen und sich zugleich einzugestehen, was sie schon lange geahnt hat - dass sie echte Liebe und Begehren nur für Frauen verspürt. Was an dieser Suche besticht, ist der beherzte unsentimentale Stil der Autorin, gewürzt mit einem guten Schuss (Selbst-)Ironie und Poesie.

Autorenportrait

Judith Barrington wurde 1944 in Brighton geboren und lebt seit 1976 als Dichterin, Biografin und Literaturkritikerin in Portland, Oregon. In Deutschland kennt man sie durch ihr Buch 'Erinnerungen und Autobiografie schreiben'. Für 'Wiederbelebung' wurde sie mit dem Lambda Book Award ausgezeichnet.

Leseprobe

Ich spüre immer noch den klammen Nebel auf dem Gesicht. Und ich kann auch meine Eltern sehen: Pa mit der blauen Baskenmütze, mit der er auf geradezu absurde Weise weder einem französischen Fischer noch einem Maler ähnelte. Und meine Mutter? Ich erinnere mich an die massige Erscheinung ihres zusammengekauerten Körpers, ihren angespannten Blick, die Furche zwischen den Augenbrauen. Ich erinnere mich an die physische Gestalt ihrer Besorgnis, die in mir immer ein Gefühl der Panik auslöste und den Wunsch, sie zu retten. Was ich nicht in den Fokus bekomme, ist die Tochter. Die schmollende Zwölfjährige, die ihre Füße provokant über das körnige Kajütendach zieht, als man sie bittet, am Bug Ausschau zu halten. Sie kann nicht nur von schlichtem Hass auf ihren Vater angetrieben gewesen sein, aber nur an ihn erinnere ich mich. Es muss noch etwas anderes gegeben haben, und doch ist dieser Zorn alles, was haften geblieben ist - die einzige Erinnerung, die auch sieben Jahre später noch existierte, als der Vater die Mutter erneut mit aufs Meer nahm. Und die Tochter nicht dabei war, um jemanden zu retten.

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