Beschreibung
November 2009. Das wiedervereinigte Deutschland feiert sich mit Festtagsreden, Jubel und Feuerwerk. Die erbitterten Debatten in den Feuilletons, die Streits unter Wissenschaftlern und Politikern, haben ausnahmsweise mal Pause: Zu einzigartig war dieser Herbst vor zwanzig Jahren. Warum aber wird seit 1989 so zäh gestritten? Vor allem worüber? Und was war sie denn nun, diese untergegangene DDR? Ein Unrechtsstaat, eine kommode Diktatur, ein nettes Versorgungsheim für 17 Millionen Menschen? Für viele aus dem Westen hat der hinzugekommene Landesteil nie aufgehört, eine Gesellschaft mit sieben Siegeln zu sein. Ferien in Ostdeutschland? Niemals. Stasi, IMs? Grauenhaft. Und die Ostdeutschen? Angesichts von Arbeitslosigkeit und Entvölkerung empfinden sie sich einmal mehr als Verlierer und sind heftig am Verklären. Einfach, gemeinsam und vor allem sicher, war das Leben in der DDR. Und verstehen könne sie nur, wer sie erlebt hat. Dafür brauche man schlichtweg keine Westler. Die DDR, ein gefallener Staat, der sich hüben wie drüben der Wirklichkeit mehr und mehr entzieht. Doch wie dem Leerlauf aus Abwehr und Ignoranz entkommen? Wie das historische Vakuum fassen? Black-Box DDR will konkretes Leben erzählen, mit seinen Hoffnungen, Aufbrüchen, Zufällen, Lieben und Krisen, mit kleinem Glück und brutalem Scheitern. Ein Erfahrungs-Container, durch vier Jahrzehnte, quer durch das Kollektiv Ost, durch alle Schichten, Berufe, Gruppierungen: vom geschassten Unternehmer der frühen DDR über die verschollene Tochter Walter Ulbrichts, von der Geschichte der Mauertoten, dem Attentäter Erich Honeckers bis zum Widerstand der Nonnen im Eichsfeld. Wie lebte man mit dem Projekt DDR? Was war möglich? Wo hörte der vermeintliche Spielraum auf? Was erzählt ein Ostberliner Kohlearbeiter, was ein Zeuge Jehovas, was eine Schülerin, die mit 15 Jahren von der Stasi zwangsverpflichtet wurde? Mit Beiträgen u. a. von Grit Poppe, Hans-Joachim Föller, Jochen Staadt, Benedict-Maria Mülder, Roman Grafe, Thomas Purschke.
Autorenportrait
nes Geipel ist Schriftstellerin, Professorin für Verssprache in Berlin und ehemalige Weltklasse-Sprinterin. Nach ihrem Germanistik-Studium in Jena floh sie 1989 nach Westdeutschland und studierte Philosophie in Darmstadt. Sie hat vielfach zur DDR und Nachwendethemen publiziert (Doping, Schulmassaker in Erfurt, unveröffentlichte Literatur in der DDR) und gesellschaftliche Debatten angeregt. Zuletzt erschien "Zensiert, verschwiegen, vergessen - Autorinnen in Ostdeutschland 1945 - 1989".
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