Beschreibung
Max führt ein exzessives, schillerndes Leben als erfolgreicher Fotograf in New York - bis er einen Anruf von seiner Schwester erhält. Sein Zwillingsbruder Nikolas hat einen Doppelmord innerhalb der Familie begangen. Die Suche nach dem Motiv führt Max zurück in sein Heimatdorf im Ruhrgebiet. Dort trifft er nicht nur auf seine entfremdete Familie, sondern auch auf eine unsagbare Vergangenheit. Die Wahrheit, die jahrzehntelang verschwiegen wurde, bringt Max nun ans Licht: Kleine Jungen wurden von erwachsenen Frauen missbraucht. Und dort endet das Geflecht aus Geheimnissen und verdrängten Traumata noch lange nicht.
Ein intimer und schonungsloser Blick auf Familien- und Missbrauchsstrukturen.
Der international bekannte Werbe- und Modefotograf Michael Reh, unter anderem durch seine Arbeit für Prominente, Lambertz , GNTM, Armani sowie seine Ausstellung "Traffic" bekannt, verarbeitet in diesem auf autobiografischen Elementen basierenden Roman seine persönlichen Erlebnisse.
Autorenportrait
Nach seinem Studium der Medien- und Sprachwissenschaften in Hamburg und Paris zog Michael Reh nach New York. Dort begann er Ende der neunziger Jahre als Fotograf zu arbeiten, wobei er sich auf Werbe- und Modefotografie spezialisierte. Seine Fotos sind unter anderem in internationalen Magazinen sowie im alljährlich erscheinenden "Men Edition"- und dem 2018 publizierten "Lambertz"-Kalender zu sehen. Seine Ausstellung "Traffic" zum Thema Drogenmissbrauch, von der Deutschen Bundesregierung gefördert, wurde in verschiedenen Ländern gezeigt. Michael Reh war in mehreren deutschen Serien und bei "Germany's Next Topmodel" zu sehen und veröffentlichte Bücher wie "Sunkissed", "Keine Zeit für Eitelkeit" und "Men in Motion".
Leseprobe
Er ging die Hauptstraße weiter Richtung Kirche, vorbei am Telefunkenhändler, dem Spielwarengeschäft, dem Zeitungsgeschäft und der Kneipe, in der sich sein Vater regelmäßig betrank.Er sah das Haus auf der anderen Straßenseite. Seelenlos, grau gestrichen und mit einem asphaltierten großen Hof, an den vier Garagen grenzten. Auf der rechten Seite war eine zwei Meter hohe Betonwand, auf der linken Seite begrenzten der Schulhof und das Gebäude der ehemaligen Sonderschule das Grundstück. Das angrenzende Hinterhaus war seit Jahren unbewohnt.Er ging durch die vergitterte Hoftür, die nie verschlossen war, bog nach links ab und öffnete die Haustür.Der Fleischer wohnte seit über dreißig Jahren im Haus und darüber, im ersten Stock, wohnten die beiden. Die Angst legte sich wie ein eisiger Ring um seinen Hals, kleine Schweißperlen bildeten sich auf seinem Gesicht, doch er nahm sie nicht wahr. »Es muss Schluss sein«, dachte er, »ein für alle Mal.« Die Wut war stärker als die Furcht.Seine Hand zitterte leicht, als er die Haustür öffnete, und er hatte Angst, sich erbrechen zu müssen. Er nahm all seinen Mut zusammen und ging die Treppe zum ersten Stock hinauf, schlug ohne zu zögern mit dem großen Eisenhaken, den er vor Jahren auf den alten Gleisen gefunden hatte, den verglasten Teil der Wohnungstür auf.Jetzt hörte er einen Schrei und sah die alte Frau mit Lockenwicklern aus dem Bad kommen. Als sie ihn sah, lachte sie, dann wurde sie wütend. Im Hintergrund lief der Fernseher.Sie glich einer kläffenden, bösen Hündin, die ihn anschrie, bespuckte und versuchte, ihn mit Fußtritten an die Tür zu drängen. Sie war, das wusste er, 78 Jahre alt, doch der Hass und die Wut gaben ihr eine dämonische Kraft.Er drängte sie mit aller Macht durch die Wohnküche in Richtung Badezimmer. Sie stieß mit dem Becken gegen den Küchentisch und eine Handvoll CDs flog auf den Boden. Der altersschwache Computer wackelte bedrohlich.»Seltsam, dass sie einen Computer hat, in ihrem Alter«, dachte er. Nur ein flüchtiger Gedanke, der sein Unterbewusstsein streifte wie der Flügel eines Vogels.Als sie die drei Stufen rückwärts in das tiefergelegene Badezimmer stolperte, schien ihr klar zu sein, was er vorhatte. Sie fiel hin und stürzte gegen den Rand der alten Badewanne. Mit einem Schlag holte er aus und die Wucht der Eisenstange spaltete ihren alten Schädel. Sofort waren die Lockenwickler und die blauen Kacheln voller Blut. Ihre Augen blickten ihn entsetzt an und erloschen.Den alten Mann hinter ihm hatte er nicht gleich bemerkt.»Was machst du denn da, bist du verrückt worden?«, krächzte der Greis.Ohne zu zögern drehte er sich um und hieb die Eisenstange mit voller Wucht gegen den Hals des alten Mannes. Mit einem unangenehm klingenden Knacken brachen die Halswirbel. Der Alte röchelte kurz und sank an dem Einbauschrank des Badezimmers in sich zusammen.»So ist es gut«, sagte er zu sich selbst. Dann wusch er das Blut von der Eisenstange, verließ das Badezimmer und ging durch die Küche in den Flur. Der Fernseher im Wohnzimmer plärrte immer noch vor sich hin. Ohne zu zögern griff er zu dem altmodischen Telefon. Festanschluss! Erneut ein Gedanke wie ein Vogelflügel, so zart, so leicht und schon wieder vorbei. Er wählte 110 und sagte der Frau, die sich meldete, dass in der Hauptstraße 66 ein Mord begangen worden war und er auf sie warten würde.
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