Beschreibung
Durch die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Profifußballs gerät dieser immer mehr in den Fokus der Jurisprudenz. So manche fußballspezifische Regelung stammt noch aus einer Zeit des traditionellen Amateursports, der mit den heutigen kommerziellen Gegebenheiten recht wenig gemeinsam hat. Früher übliche Rechtsinstrumente für den Sport genügen schon lange nicht mehr den heutigen Anforderungen des Profifußballgeschäfts. Mittlerweile gliedern viele Traditionsvereine ihre Fußballabteilung in Kapitalgesellschaften aus, um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Als Konsequenz haben diese die maßgebenden gesellschaftsrechtlichen Normen zu beachten. Außerdem wird der Fußball zunehmend international, so dass nunmehr auch europarechtliche Komponenten eine Rolle spielen können. Als Folge der Entwicklungen wird nunmehr auch der Profifußball für ausländische Investoren interessant. Bei der Frage, inwieweit sich Investoren an den Aktivitäten einer Fußballkapitalgesellschaft beteiligen können, nimmt Deutschland eine Sonderstellung ein. Nach den deutschen Ligastatuten ist es einem Investor untersagt, eine Mehrheitsbeteiligung am Fußballunternehmen zu erwerben. Diese sog. 50+1-Regel sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt. Dabei wird die Diskussion zu weiten Teilen eher emotional geführt und vernachlässigt sachliche juristische Aspekte. Dem soll durch diese Abhandlung entgegnet werden. Im Mittelpunkt steht dabei eine Überprüfung der rechtlichen Zulässigkeit von Investitionsbeschränkungen im Profifußball.
Autorenportrait
Stefan Tobias Lang, Master of Laws (LL.M.) in Accounting&Taxation. Mitarbeiter des National Office im Bereich Internationale Rechnungslegung der Ernst&Young AG, Stuttgart.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel 3.3.1, Begriff des Kapitalverkehrs:Unter Kapitalverkehr i.S.d. Art. 56 EGV sind jegliche Übertragung von Geld- oder Sachkapital zu Anlagezwecken über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinaus zu subsumieren.Der § 16c Nr. 2 DFB-Satzung verbietet inhaltlich durch die 50% + 1-Regel faktisch Mehrheitsbeteiligungen fremder Dritter an deutschen Fußballunternehmen. Beabsichtigen i.S.d. Ausgangsfalles italienische Kapitalgeber, Geld durch den Erwerb von Mehrheitsanteilen an einer deutschen Fußball-Kapitalgesellschaft grenzüberschreitend anzulegen, so ist durch die besagte Regelung der Begriff des Kapitalverkehrs qua Definition betroffen. Beschränkung des Kapitalverkehrs:Nachdem festgestellt wurde, dass die 50% + 1-Regel begrifflich den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr berührt, ist im nächsten Schritt zu prüfen, inwieweit die diskutierte Verbandsvorschrift den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten beschränkt. Neben dem Begriff des Kapitalverkehrs selbst ist auch Begriff der Beschränkung des Kapitalverkehrs im EGV nicht näher definiert. Um den Beschränkungsbegriff näher einzugrenzen, empfiehlt sich auch hier eine Orientierung anhand der maßgebenden EuGH-Rechtsprechnung.Die wichtige Rolle der Kapitalverkehrsfreiheit für den europäischen Binnenmarkt, die in ihrer Bedeutung mit der Warenverkehrsfreiheit vergleichbar ist, spricht für eine weite Auslegung des Beschränkungsbegriffes in Anlehnung an Art. 28 EGV. In Hinblick auf den Sinn und Zweck des EGV sowie aus Gründen des Effet Utile ist es erforderlich, direkte oder indirekte, aktuelle oder potentielle Hindernisse, Begrenzungen oder Untersagungen des freien Kapitalflusses in Anlehnung an die Dassonville-Formel bei der Auslegung des Beschränkungsbegriffes einzubeziehen. Demzufolge können Beschränkungen des Kapitalverkehrs neben Art. 58 f. EGV nur dann zulässig sein, wenn diese unter Berücksichtigung der Cassis-Rechtsprechung durch zwingende Erfordernisse oder aus Gründen des Allgemeininteresses zu rechtfertigen sind. Eine Eingriffsschwelle analog der de minimis-Regel existiert diesbezüglich nicht, sodass grds. jede Form der Hemmnis von Kapitalbewegungen unabhängig vonArt, Form, Menge oder Wert des Kapitals verboten ist. Weiter sind Beschränkungen untersagt, die unter das Diskriminierungsverbot fallen. Solche sind insbesondere Benachteiligungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnortes oder des Anlageortes.Hinsichtlich des § 16c Nr. 2 DFB-Satzung liegt eine Beschränkung des Kapitalverkehrs insofern vor, als diese eine Beteiligungshöchstgrenze vorschreibt. Somit werden grenzüberschreitende Kapitalbewegungen verhindert, sobald eine Beteiligungshöhe von 49% erreicht wird oder von vornherein die Absicht besteht, eine Mehrheitsbeteiligung zu erwerben. Des Weiteren besteht durch die Verbandsvorschrift eine Ungleichbehandlung bzgl. des Anlageortes, da Investoren nur in Deutschland am Erwerb von Mehrheitsanteilen an Fußballkapitalgesellschaften gehindert werden.Da bzgl. der 50% + 1-Klausel keine Legalausnahme i.S.v. Art. 58 EGV zutrifft, kann eine Beschränkung des Kapitalverkehrs nur durch zwingende Gründe von allgemeinem Interesse i.S.d. Cassis-Formel gerechtfertigt werden. Wie aber bereits i.R.d. kartellrechtlichen Zulässigkeit festgestellt wurde, kann die 50 % + 1-Regel gleichermaßen kein allgemeines Interesse zur Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit begründen. Darüber hinaus kann kein zwingendes Erfordernis vorliegen, da Handlungsalternativen bestehen, die die Freiheit des Kapitalverkehrs in geringerem Ausmaß tangieren.Personeller AnwendungsbereichDie Kapitalverkehrsfreiheit verbietet zum einen beschränkende Maßnahmen durch die Mitgliedsstaaten selbst, zum anderen aber auch den Mitgliedsstaaten zurechenbare Verhaltensweisen, die den Kapitalverkehr begrenzen oder zu begrenzen geeignet sind. Entscheidend ist, dass es sich dabei um ein Verhalten in Ausübung öffentlicher Gewalt handelt. Was im Einzelfall als Ausübung öffentlicher Gewalt auszulegen ist, bestimmt sich nach nationalem Recht, unter Berücksichtigung der allgemeinen völkerrechtlichen Regeln über die Zurechnung des Handelns von Personen.In erster Linie schließt diese Abgrenzung, neben eigenen legislativen Handlungen der Mitgliedsstaaten selbst, alle beschränkungsgeeigneten Rechts- oder Verwaltungsakte einer Behörde ein. Inwieweit das Verhalten privater Verbände den Mitgliedsstaaten zugerechnet werden kann oder gar eine unmittelbare Drittwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit im privaten Bereich in Frage kommt, muss unter Anwendung der im Ausgangsfall geschilderten Problematik differenziert durchleuchtet werden.
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