Beschreibung
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Jura - Europarecht, Völkerrecht, Internationales Privatrecht, Note: 2,1, Universität der Bundeswehr München, Neubiberg (Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht), Veranstaltung: Völkerrecht, Sprache: Deutsch, Abstract: Paris, 16. Januar 1919: Dem niederländischen Gesandten wird ein Schreiben des Obersten Rates der Alliierten durch den Generalsekretär der Friedenskonferenz überreicht. Die Note ist von dem französischen Ministerpräsidenten Clemenceau unterzeichnet. Darin verlangen die Vertragsstaaten des Versailler Friedensvertrags von der niederländischen Regierung die unverzügliche Auslieferung des abgedankten deutschen Kaisers Wilhelm II. Dieser hatte nach den revolutionären Ereignissen in Deutschland und seiner erzwungenen Abdankung am 28. November 1918 Exil in Schloß Amerongen in den Niederlanden gefunden. Gemäß Artikel 227 des Versailler Vertrags sollte Wilhelm II. wegen schwerer Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der Heiligkeit der Verträge vor einem noch zu gründenden internationalen Gericht der Prozess gemacht werden. Die ablehnende Antwort der niederländischen Regierung folgte am 21. Januar 1920. Zur Begründung hieß es, dass (1) die Niederlande keine Vertragspartei des Friedensvertrages seien und daher die Pflichten, die sich für Deutschland aus dem Vertrag ergäben, nicht auf die Niederlande übertragen werden könnten. Weiterhin fügte die niederländische Regierung an, dass sie (2) dem Krieg vollkommen ferngestanden, bis zuletzt ihre Neutralität aufrechterhalten und somit nur ihre eigenen Pflichten zu betrachten habe. Darüber hinaus berief sie sich auf (3) die nationale Tradition, die seit Jahrhunderten die Niederlande zu einem Zufluchtsort für die in internationalen Konflikten Unterlegenen gemacht habe. Unabhängig vom Stellenwert des Vertragswerkes von Versailles und des diplomatischen Tauziehens um die Auslieferung Wilhelms II. steht fest, dass es sich bei dem Auslieferungsbegehren um den ersten Versuch in der Geschichte des modernen Völkerrechts handelt, in dem ein ehemaliges Staatsoberhaupt wegen Verletzungen völkerrechtlicher Bestimmungen vor einem internationalen Tribunal hätte angeklagt werden sollen. Ebenso kann man diesen Vorgang als Zeichen für die Veränderung der jahrhundertealten Tradition des Völkergewohnheitsrechts werten. Von diesem Zeitpunkt an konnte sich ein Staatsoberhaupt, dessen Immunität vor Strafverfolgung aus einer Zeit stammte, in denen das Staatsoberhaupt den Staat personifizierte, nicht mehr zwangsläufig hinter der nahezu absoluten Souveränität des Staates verstecken. Seitdem und vor allem in den letzten Jahren gab es einige bemerkenswerte Entwicklungen im Bereich der Immunität von Staatsoberhäuptern.