Beschreibung
Das Leben eines Mannes im globalisierten Nirgendwo
Umgeben von globalen Wirtschaftskatastrophen macht sich ein Mann daran, sein Lebensidyll zu verteidigen, auch wenn er schon längst zugeben müsste, dass die Firma, für die er arbeitet, zusammengebrochen ist und seine Ehe vor dem Aus steht ...
''Der einzige Mann auf dem Kontinent'' erzählt eine Woche im Leben von Darius Kopp. Er ist Anfang vierzig, verheiratet und einziger Vertreter einer US-amerikanischen Firma für drahtlose Netzwerke.
Darius sieht sich als Gewinner der neuen Zeit. Er stammt aus der DDR, war als Informatiker nach deren Zusammenbruch ein gefragter Mann und legt Wert darauf, ein zufriedener Mensch zu sein. In letzter Zeit laufen die Geschäfte allerdings mehr schlecht als recht. Eines Tages lässt ein säumiger Kunde eine Pappschachtel mit Geld in seinem Büro liegen. In der Folge versucht Darius Kopp vergeblich, einen seiner Chefs in London oder Los Angeles zu erreichen, um zu beraten, was mit dem Geld geschehen soll. Fast scheint es, als gebe es die Firma überhaupt nicht mehr.
Darius Kopp leidet zunehmend unter dem Verlust seiner Sicherheiten, doch er kann dies weder sich gegenüber zugeben, noch will er Flora, seine hypersensible Frau, damit belasten. Denn Flora findet sich in ihrem Leben nur schwer zurecht. Nicht nur in seinem Beruf, muss Darius schließlich erkennen, kämpft er um das nackte Überleben, auch seine Ehe, die Liebe seines Lebens, droht vor dem Aus zu stehen.
Nach ''Alle Tage'' hat Terezia Mora erneut einen hochaktuellen und überaus wachen und sensiblen Roman eines Mannes geschrieben, der glaubt, in der besten aller Welten zu leben, auch wenn sein Leben genauso wie die Welt um ihn herum längst in Stücke zerbricht. Krisen von noch so globaler und intim-verworrener Natur sollen ihm nichts anhaben können. In der umspannenden vernetzten Welt mag zerbrechen, was will, sein Lebensidyll nicht.
Das neue Buch der Autorin des preisgekrönten Romans ''Alle Tage''.
Autorenportrait
Terézia Mora wurde 1971 in Sopron, Ungarn, geboren. Sie lebt seit 1990 in Berlin und gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren. Für ihren Roman "Das Ungeheuer" erhielt sie 2013 den Deutschen Buchpreis. Bereits 1999 sorgte sie mit ihrem literarischen Debüt, dem Erzählungsband "Seltsame Materie", für Furore. Für diese Erzählungen wurde sie u.a. mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien bei Luchterhand der Band "Nicht sterben" mit ihren Frankfurter Poetikvorlesungen. Terézia Mora zählt außerdem zu den renommiertesten Übersetzern aus dem Ungarischen.
Leseprobe
FREITAG Der Tag Sie beugte sich ?ber ihn, ihre Br?ste schwangen nach vorn, ein Duft stieg ihren Bauch entlang hoch, er hob den Kopf ein wenig, um ihren Nabel zu sehen: eine kleine Muschel, mit einer oberen Krempe; er freute sich ?ber den Anblick, doch dieser war nur die erste Etappe, was ihn wirklich interessierte, war die Fortsetzung: der mit einer kleinen Stufe ansteigende Unterbauch, die schokobraunen Schamhaare und, je nach deren aktueller Dichtigkeit, eventuell sogar die Schamlippen - doch ausgerechnet hier geriet etwas durcheinander, ein Arm schob sich ins Bild, was macht sie da, streicht sie sich eine Str?e aus dem Gesicht?, unter dem Ellbogen blitzte eine Gruppe Stockrosen auf, dazwischen stach die Sonne herein - Nein!, sagte er. - Oh, sagte sie, du schl?t noch. - Ja, sagte er im Schlaf. An einem Freitag, dem 5. September, kurz nach 8 Uhr am Morgen, erschien ein Mann, nicht gro? schlank, gebr?t, wohl gek?t, am Etagenempfang im ersten Stock eines B?rohauses und fragte nach Darius Kopp von der Firma Fidelis. Die Dame am Empfang gab die Information, der Herr sei zu dieser fr?hen Stunde noch nicht im Hause. Der elegante Mann sagte, er habe es eilig. Die Empfangsdame, ihr Name ist Frau Bach, sah, dass ihm Schwei?auf der Stirn stand, ein Tropfen machte sich auf den Weg zur Schl?, ein anderer zur Nase. Frau Bach fand den Mann, so wie er vor ihr stand, sehr attraktiv. Er fragte, ob er ein Paket dalassen k?nne. Frau Bach wurde vorsichtig. Sie wissen, die Zeiten sind gef?lich, keine unbeobachteten Gep?st?cke, in so einem gro?n B?rohaus einfach ein Paket anzunehmen - Ein Ger?karton, Inhalt laut Aufschrift und Bild ein WaveLAN24-Access-Point, aber die Verpackung war ge?ffnet worden, das sah man, dass Sie mir Ihre Visitenkarte dalassen, w?rde mir im Fall der F?e nicht viel helfen. (Sie hei?n Sascha, auch das gef?t mir an Ihnen. Gleichzeitig erscheinen Sie mir aber auch zwielichtig. Darf ich vielleicht sehen, was drin ist? Nein, das darf ich nicht.) Sie h?e ruhig fragen k?nnen. Der gut aussehende Mann h?e ihr bereitwillig das Paket ?ber den Tresen geschoben und gesagt: Geld. Frau Bach h?e es f?r einen Scherz gehalten oder f?r etwas ?ertragenes, sie h?e gel?elt, h?e den Karton genommen, ihn gesch?ttelt. Es h?e geraschelt. Papiergeld, h?e der eilige Mann gesagt und auf die Uhr geschaut. Er schreckte hoch - Ich schlafe nicht! Ich schlafe nicht - schlief wieder ein und erwachte ein zweites Mal. Er lag in seinem Bett, in seinem Schlafzimmer. Ein Doppelbett, ein Schrank, eine Kommode, ein Frisiertisch, ein Herrendiener, ein W?hekorb. Keine Stockrosen. Die zwei gro?n Helligkeiten dort sind die Fenster. Sie waren angekippt, die T?r stand offen, es zog ein wenig, unten auf der Stra? rauschte der Verkehr. Mehr als um 7, weniger als um 9. - Also ist es um 8? Wo ist mein Handy, wo ist meine Uhr? Ist Flora noch da? - Aber die Sonne, als st?nde sie schon h?her. Es wird wieder hei?werden. Ein einfliegendes Flugzeug zog ?ber das Haus hinweg und war, solange es dauerte, lauter als alles andere. (Ja, die Wohnung ist in der Einflugschneise, aber ansonsten ist sie sehr sch?n: Maisonette, 4 Zimmer, 2 B?r, eine Terrasse zum Park.) Als das Flugzeug vorbei war: Flora? Keine Antwort. Er seufzte und rollte sich aus dem Bett. Er ist ein korpulenter Mann, 106 Kilo bei 178 cm K?rpergr??, zum Gl?ck ist das meiste davon Knochen, der Rest konzentriert sich in der kompakten Halbkugel eines Bauches, fest und glatt wie der Bauch einer Schwangeren, und dar?ber, leider, einpaar M?ertitten, aber sie sagt, sie liebt mich, wie ich bin, und es gibt keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Bestimmt ist sie schon auf der Terrasse. Die Schwingungen der Innentreppe unter seinen nackten Sohlen. Sie sa?in einem Liegestuhl auf der Terrasse, aber, Entt?chung, sie war nicht nackt. Sie hatte etwas Wei?s mit Tr?rn an (Mein Nachthemd, Schatz), sie las. Morgen. Morgen. Bist du schon lange auf? Eine Stunde. Was liest du da? Die Wand. Was? Das ist der Titel: Die Wand. Leseprobe
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