Forschungsdesign in der Politikwissenschaft

Probleme - Strategien - Anwendungen, Mannheimer Jahrbuch für Europäische Sozialforschung 11

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593384351
Sprache: Deutsch
Umfang: 347 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21 x 14 cm
Auflage: 1. Auflage 2007
Einband: Paperback

Autorenportrait

Thomas Gschwend ist Professor für Quantitative sozialwissenschaftliche Methoden an der Graduate School of Economic and Social Sciences, Universität Mannheim. Frank Schimmelfennig ist Professor für Europäische Politik an der ETH Zürich.

Leseprobe

Einleitung Ziel von Politikwissenschaftlern ist es, aus ihren empirischen Beobachtungen generelle Aussagen abzuleiten. Zu diesem Zweck ziehen wir kausale und deskriptive Rückschlüsse aus empirischen Beobachtungen. Ziel dieser Rückschlüsse ist es, zuverlässige deskriptive Informationen zu gewinnen, Theorien zu testen oder neue Theorien zu formulieren (King u.a. 1994). Die Validität empirischer und kausaler Rückschlüsse hängt grundlegend von klar spezifizierten Konzepten ab. Zunächst erlaubt die klare Definition unserer Konzepte anderen zu verstehen, wovon wir reden und schreiben. Darüber hinaus legt der Inhalt unserer Konzepte sowohl den explanativen als auch den empirischen Geltungsbereich unserer theoretischen Hypothesen fest. In weiteren Schritten des Forschungsprozesses spielen klar spezifizierte Konzepte vor allem bei der Formulierung der empirischen Forschungsstrategie und der daran anschließenden Entwicklung eines adäquaten Messinstrumentes eine zentrale Rolle (zur Diskussion von Messung siehe Miller in diesem Band). Der Grund hierfür ist offensichtlich: Wie sollen wir die Qualität und Angemessenheit eines Maßes beurteilen, wenn wir zuvor nicht klar bestimmt haben, was wir messen wollen? Eine Reihe von Aufsätzen und Buchkapiteln haben sich bereits theoretisch mit Konzepten und der Konzeptspezifikation auseinandergesetzt (Sartori 1970; 1984; Collier/Mahon 1993; Gerring 2001). In diesem Kapitel verfolge ich ein wesentlich bescheideneres, instrumentelles Ziel: Zunächst wird die Aufmerksamkeit des Lesers auf die zentrale Rolle von Konzepten in der politikwissenschaftlichen Forschung gelenkt. Zu diesem Zweck diskutiere ich, welchen Einfluss die Qualität von Konzepten auf die klare Verständlichkeit theoretischer Argumente sowie die Bestimmbarkeit des empirischen Geltungsbereiches einer Theorie hat. Wie in den anderen Kapiteln dieses Bandes stellt auch der dritte Abschnitt dieses Kapitels praktische Hinweise zur Verfügung, die helfen sollen, bei der Durchführung eigener Forschungsprojekte mit möglichst klaren Konzepten zu arbeiten. Der vierte Abschnitt wendet die praktischen Hinweise auf das Konzept der "Supranationalität" an, mit dem ich mich selbst im Rahmen meiner eigenen Forschung auseinandersetze. Das Kapitel schließt mit einer kurzen Diskussion. Designproblem: Konzepte und Konzeptspezifikation in der politikwissenschaftlichen Forschung Drei Elemente, die gemeinsam ein Konzept bilden, sind analytisch zu unterscheiden (Gerring 2001; Sartori 1984): Ein Terminus gibt dem jeweiligen Konzept einen Namen. Attribute, die den Inhalt und die Bedeutung des Konzeptes definieren, füllen den Terminus mit Substanz. Alle Attribute zusammengenommen bilden die Intension eines Konzeptes. Die Intension eines Konzeptes ist nicht nur deshalb wichtig, weil sie die inhaltliche Bedeutung eines Konzeptes definiert. Sie grenzt dieses gleichzeitig von anderen Konzepten ab. Starke Überschneidungen in der Intension unterschiedlicher Konzepte führen zu Abgrenzungsproblemen und provozieren inhaltliche Missverständnisse. Schließlich stellen die definierenden Attribute eines Konzeptes den Bezug zwischen dem Konzept und der empirisch beobachtbaren Welt her. Der empirische Geltungsbereich eines Konzeptes wird häufig als dessen Extension bezeichnet. Analytisch nützliche Konzepte ziehen klare Grenzen zwischen denjenigen empirischen Objekten, die sie selbst bezeichnen und denen, die von anderen Konzepten erfasst werden. Abbildung 1 fasst das hier Gesagte grafisch zusammen und stellt es in den weiteren Zusammenhang des "Designs" eines Forschungsprojektes: Wir beginnen mit einer theoretischen Aussage, das heißt einer Hypothese (vergleiche hierzu die Kapitel von DeBièvre und Dür in diesem Band). Um sicher zu gehen, dass die inhaltliche Bedeutung der Aussage klar verständlich ist, spezifizieren wir die für die theoretische Aussage verwendeten Konzepte, indem wir deren definierende Attribute explizieren. Schließlich erfolgt die Operationalisierung der Konzepte, die erlaubt, diese systematisch zu empirisch beobachtbaren Phänomenen in Bezug zu setzen (Miller in diesem Band) - und damit die empirische Plausibilität unserer theoretischen Aussagen zu testen.

Inhalt

Vorwort Einleitung Forschungsdesign in der Politikwissenschaft: Ein Dialog zwischen Theorie und Daten Thomas Gschwend und Frank Schimmelfennig Forschungsproblem Na Und? Überlegungen zur theoretischen und gesellschaftlichen Relevanz in der Politikwissenschaft Matthias Lehnert, Bernhard Miller und Arndt Wonka Konzepte und Theorie Um was geht es? Konzeptspezifikation in der politikwissenschaftlichen Forschung Arndt Wonka Sinn und Unsinn von Typologien Matthias Lehnert Messung Maßvoll Messen: Zur konzeptorientierten Entwicklung von Messinstrumenten Bernhard Miller Identisch und doch verschieden, verschieden und doch vergleichbar? Zur Äquivalenz von Sekundärdaten Julia Rathke Fallauswahl Zum Umgang mit Selektionsverzerrungen in Forschungsdesigns mit großer Fallzahl Janina Thiem Fallauswahl in der qualitativen Sozialforschung Dirk Leuffen Die mittlere Sprosse der Leiter: Fallauswahl in Forschungsdesigns mit kleiner Fallzahl Christoph Hönnige Kontrolle alternativer Erklärungen "Aber könnte es nicht auch sein dass...?": Die Auswahl unabhängiger Variablen in X-zentrierten und Y-zentrierten Forschungsdesigns Ulrich Sieberer Einige Anregungen zur Auswahl zwischen konkurrierenden Erklärungsansätzen in Y-zentrierter Forschung Andreas Dür Theoretische Schlussfolgerungen Über Falsifikation in theoriegeleiteter empirischer Sozialforschung: Wie man während der Fahrt den Reifen wechselt Dirk De Bievre Lehren für den Dialog zwischen Theorie und Daten Thomas Gschwend und Frank Schimmelfennig Autorinnen und Autoren Stichwortverzeichnis

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