Der Iran

Die verschleierte Hochkultur

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783424350012
Sprache: Deutsch
Umfang: 235 S.
Format (T/L/B): 2.4 x 22 x 14.2 cm
Auflage: 1. Auflage 2009
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Innenansichten einer Kulturnation

30 Jahre nach der Islamischen Revolution steht der Iran wieder im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Von den USA als ''Schurkenstaat'' gebrandmarkt könnte das schillernde Land mit großer Tradition schon bald zum Kriegsschauplatz werden. Die Journalistin Andrea Claudia Hoffmann hat Zugang zu den einflussreichsten Ayatollahs und Politikern, aber auch intensiven Kontakt zu Oppositionellen und Regimekritikern. Ihr Buch ist ein brillant geschriebener Streifzug durch Geschichte und Gegenwart einer 5000 Jahre alten Hochkultur.
Was ist der Iran und wer sind die Iraner? Ein uraltes Volk, das sich seine kulturelle Eigenart trotzig bewahrt hat und mit Arabern nichts gemein haben will. Ein Vielvölkerstaat, dessen Bewohner die verschiedensten Sprachen, Bräuche und Religionen leben. Und ein Staat im Umbruch: Über 65 Prozent der Hochschulabsolventen sind weiblich. Frauen werden die Zukunft der Islamischen Republik prägen. Andrea Claudia Hoffmann blickt hinter den Schleier der Vorurteile und Klischees, die das Iran-Bild im Westen weitgehend bestimmen.

Autorenportrait

Andrea Claudia Hoffmann, 1973 in Marburg geboren, arbeitet als Auslandsredakteurin beim Nachrichtenmagazin FOCUS. Ihre Reportagen aus dem Iran wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Sie spricht fließend Farsi und ist Autorin der Bücher "Kopfkino. Wie Medien unsere Träume erfüllen" und "Kriegs- und Krisenberichterstattung. Ein Handbuch".

Leseprobe

Iran, Schurkenstaat, Mullah-Diktatur. Schlechter als der Ruf der Iraner kann das internationale Ansehen einer Nation wohl kaum sein. Aber nicht erst, seitdem George W. Bush das Land auf seiner berühmten "Achse des Bösen" verortete, steht der Name Irans in der internationalen Presse gleichbedeutend mit Mittelalter und klerikaler Despotie. Bereits seit drei Jahrzehnten hat die Weltöffentlichkeit den Eindruck, es mit einem völlig rückständigen und von religiösen Fanatikern gelenkten Staat zu tun zu haben. Mit der Revolution von 1979 verlor der Iran nicht nur den Monarchen, sondern auch sein internationales Ansehen. Seitdem beherrschen Zerrbilder die Köpfe. Wenn ich Freunden oder Kollegen von meinen Reisen in den Iran berichte, lassen sich die Zuhörer in zwei Kategorien aufteilen. Da gibt es zum Einen die "Naiven", also diejenigen, die glauben, der Iran sei von einer homogenen Masse aus muslimischen Selbstmordattentätern bevölkert. Sie kennen die Bilder von schwarz verhüllten Frauen, die eine menschliche Kette um die Atomanlagen des Landes bilden. Bilder vom Freitagsgebet in der Hauptstadt Teheran, von Demonstrationen gegen die Mohammed-Karikaturen. Und die immer wieder Aufsehen erregenden Sprüche von Präsident Ahmadinedschad, der von den Medien bereits als "gefährlichster Mann der Welt" tituliert wurde. Zu Recht? Auf keinen Fall! meint die andere Fraktion meiner Gesprächspartner. Ich nenne sie die "Aufgeklärten". Sie halten die markigen Sprüche des Staatspräsidenten für eine Randerscheinung, die nicht repräsentativ für die Überzeugung der Bevölkerung gelten könne. Die Aufgeklärten neigen dazu, die Iraner als ein von bösen Ajatollahs unterdrücktes Volk anzusehen. Kennt man nicht die Berichte über iranische Jugendliche, die die Mullahs an der Nase herum führen? Teenager, die in den Parks heimlich Händchen halten oder mitten im Gottesstaat wilde Partys feiern? Junge Frauen, die sich die Nase operieren, um trotz Schleier die Männer zu verführen? Die Schlussfolgerung liegt für sie auf der Hand: Eigentlich, so meinen sie, haben die Iraner mit Religion gar nichts im Sinn. Sie leben lediglich in einer religiösen Diktatur, die ihnen absurde Gesetze aufzwingt - im Prinzip aber von allen abgelehnt wird. Diese Sicht auf den Iran war im Westen besonders zu Zeiten des Reform-Präsidenten Chatami populär. Beide Fraktionen irren. Denn jede verkürzte Sichtweise führt nur zu einem weiteren Zerrbild von dem Land, das wir aus der Ferne wie durch einen Schleier wahrnehmen. In Wirklichkeit ist der weder schwarz noch weiß, und seine Bevölkerung ist weder gut noch böse, weder unterdrückt noch demokratisch. In der Islamischen Republik gibt es immer beides, sowohl das Extrem und sein genaues Gegenteil: Religiöse Hardliner und Säkulare; Traditionalisten und Modernisierer, Regimetreue und Demokraten. Und vor allem viele, viele Menschen, die sich nicht mit einem Etikette dieser Art versehen lassen. Sie alle existieren im so genannten Gottesstaat nebeneinander und für jede Strömung lässt sich in nächster Nähe auch ihr Antagonist finden. Wer auch immer versucht, dieses facettenreiche Land mit seiner uralten Kultur auf eine einfache Formel zu reduzieren, muss zwangsläufig scheitern. Denn die Faszination des Iran besteht in seiner Heterogenität, seiner Vielschichtigkeit, seiner kulturellen Tiefe. Das Land ist ein buntes Mosaik an Merkwürdigkeiten, die auf den ersten Blick paradox erscheinen mögen. Für jedes Phänomen gibt es mindestens zwei oder drei manchmal widersprüchliche Erklärungen. Wer die Schleier, die das Land umgeben, lüften will, muss zunächst einen Blick auf die Geschichte Irans werfen: Jene 2500-jährige Geschichte, in denen die Perser zwei Mal ein ganzes Weltreich dominierten. Erst das der Achameniden, den Gegenspielern der Römer, dann das der Sassaniden. Nach der Eroberung durch die Muslime prägte vor allem das Konkurrenzverhältnis zu den Arabern die Selbstdefinition der Perser. Dass die beiden Kulturkreise von den Europäern oft in einen Topf ge Leseprobe