Wer sich schon mal gefragt hat, unter welchen Bedingungen queere Menschen „früher eigentlich so gelebt“ haben und „wie das denn damals so war“, wenn man schwul, lesbisch und/oder gender-nonkonform war, dem empfehle ich dringend Queer zu lesen. In Queer werden so anschaulich wie verständlich neue queer-historische Perspektiven aufgemacht, die vom Kaiserreich bis in die Gegenwart reichen. Als Lesende:r wird man in die deutsche Vergangenheit von diversen Subkulturen, aktivistischen Organisationen und den Lebensrealitäten von LSBTI* Menschen eingeführt. Dabei wird deutlich, dass die queer-historische Geschichte kein geradliniger Weg von Repression, Stigmatisierung und Diskriminierung zu Emanzipation und Freiheit ist, sondern hauptsächlich widersprüchliche Bewegungen vorherrschen. Gammerl versteht es, diese komplexen, widersprüchlichen Bewegungen für die Lesenden fass- und nahbar zu erklären. Aufgezeigt werden außerdem Parallelen zwischen vermeintlich vergangenen und gegenwärtigen Problemen, wie sich Realitäten von queeren Menschen, im Alltag, in der Politik, gewandelt haben und welche Herausforderungen heute noch bestehen. Positiv hervorzuheben ist, wie ich finde, dass neben der männlichen, schwulen Perspektive auch viele weitere queere Identitäten berücksichtigt und fokussiert werden. Ein Buch, das nicht nur im Pride Month lesenswert ist! Auch für Menschen (wie mich), deren Lieblingsfach in der Schule nicht unbedingt Geschichte war.