Nebelmaschine

Roman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783990650370
Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 21.3 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Für die Kultur ist kein Geld mehr da! Die Krise einer Großbank hat sämtliche Landesmittel aufgebraucht, der Traum vom Wachstum liegt in Trümmern, und mit ihm der Kulturbetrieb. Mehrere arbeitslos gewordene Künstler ziehen kurzerhand in eine leer stehende Industriehalle und vereinigen sich zum 'Theater auf Lager'. Das Stadttheater entsendet die Bühnentechnikerin Veronika mit Solidaritätsbekundungen, sie soll die Unabhängigen beobachten. Ohne einen Cent in der Tasche planen diese das Theaterstück einer Autorin, die mit den Banken und dem Finanzwesen hart ins Gericht geht. Für die Uraufführung des Stückes wird Hilfe benötigt. Jetzt ist Veronika an der Reihe, ihren Teil zum Gelingen dieses waghalsigen Projektes beizutragen. Elena Messners neuer Roman ist nicht nur die präzise Aufarbeitung eines Wirtschaftskriminalfalls, sondern auch eine unwiderstehliche Hommage an die Durchsetzungskraft von politischer Kunst und investigativem Theater.

Autorenportrait

Elena Messner, 1983 in Klagenfurt geboren, aufgewachsen in Ljubljana und Salzburg, Studium der Komparatistik und Kulturwissenschaften in Wien und Aix-en-Provence. Sie ist als Lehrende und Kulturwissenschaftlerin tätig, schreibt Prosa, Essays und Theatertexte. In der Edition Atelier erschienen die Anthologie »Warum feiern. Beiträge zu 100 Jahren Frauenwahlrecht« sowie ihre Romane »Das lange Echo« und »In die Transitzone«. 2021 wurde sie mit der Kärntner Förderungspreis für Literatur ausgezeichnet.

Leseprobe

'Um zu verstehen, wie sich die Ereignisse so spektakulär entwickeln konnten, dass sie noch acht Jahre später die Zeitungen füllen, muss man wissen: Die Krise war zu dem Zeitpunkt, als ich vom >Theater auf Lager< erfuhr, in unserem Land gewiss keine Abstraktion mehr. Man war an allem interessiert, was man diesbezüglich aufschnappen konnte: illegale Geldgeflechte, Seilschaften, alte und neue Platzwunden der Wirtschaft. Die Gruppe verursachte schon deswegen einen Riesenradau, weil sie von nichts anderem redete als vom Bankrott unseres Landes. Mir hatte die Intendantin an meinem Theater, Magda Mazur, schon zu Winterbeginn eine Lawine von aufeinanderfolgenden Nachrichten weitergeleitet, weil sie (richtigerweise) dachte, das Projekt, zu dem darin eingeladen wurde, könnte interessant für mich sein. Magda war es auch, die mir auf eine meiner Rückfragen hin einen Straßennamen zuschickte, zusammen mit der Erklärung, dass unter dieser Adresse die Lagerhalle zu finden sei, die das Ensemble als Proberaum bezogen hatte. Natürlich wusste ich, dass sie mich vorschob (sie schob mich ja häufig vor). In solchen Situationen meinte sie stets zu mir, ich sei der einzige Mensch an ihrem Theater, dem sie vertraute, und ich denke, dass sie dabei nicht einmal log. Die Schieflage zwischen uns beiden, die nicht nur eine Schieflage zwischen meiner und ihrer Gehaltsstufe war, sondern auch eine zwischen Bühnenarbeit und Geschäftsführung, legt es nicht nahe, aber: Magda mochte mich, gerade weil ich aus der Technik kam. Sie respektierte mich mehr als die ständig wechselnden Dramaturgen und Regisseurinnen. Wohin mich allerdings ihre als Hinweise getarnten Befehle noch führen sollten, konnten wir damals nicht wissen. Im Rückblick sieht vieles anders aus, als es mir zu dem Zeitpunkt vorkam. Aber: Im Rückblick ist es auch nicht erlebt worden. Heute könnte ich die Lagerhalle nicht mit Sicherheit wiederfinden, und das, obwohl ich eine Zeit lang fast jeden Tag dort war. Ich weiß noch, dass man, um von der Stadt aus dorthin zu gelangen, die Ausfahrtsstraße in Richtung Süden nach einigen Kilometern verlassen und danach noch etwa zehn Minuten weiterfahren musste. Irgendwo an dieser Straße zweigte ein Feldweg ab, und von diesem später noch ein zweiter, dritter, vielleicht ein vierter. War man an einem Bach vorbei, endete der Weg, hier dann: ein Steilhang, der zu einem Wiesenstück mit anschließendem Wald führte, und auf der Wiese die alte Lagerhalle, in der die Gruppe sich eingerichtet hatte. An meine erste Ankunft dort erinnere ich mich gut. Erste Ankunft, das hieß in dem Moment: ein Übermaß jener Neugierde, die wie so vieles, das ich damals empfand, heute nicht wieder aufrufbar ist (der Rückblick bleibt nüchtern, zu sicher ist man sich der retrospektiven Überlegenheit). Am Hügel oberhalb der Halle waren neben dem Feldweg nur wenige Autos geparkt, weswegen ich zunächst befürchtete, kaum Leute anzutreffen. Es war Dezember und kalt, noch war kein Schnee gefallen. Die Einsamkeit der Gegend wirkte stark auf mich. Dunkle, harte Erde am Steilhang. Das wenige mattgelbe, teils braune Gras rund um das Lager war zertreten. Außerdem lagen Zigarettenstummel herum, die ich gerne eingesammelt hätte. Mir bleibt unbegreiflich, dass das alles acht Jahre her sein soll. Ich sehe mich in meiner Erinnerung, wie ich mich dem Lager nähere, das ich einige Wochen später zum letzten Mal betreten sollte. Unweit davon waren noch Reste eines Belags, der von einer Anfahrtsstraße übrig geblieben war, die früher in die andere Richtung, hin zum Wald, geführt hatte. Der Eingang zur Halle war offen, ich konnte im Näherkommen hören, dass im Inneren etwas vorging. Das gesamte Äußere des Gebäudes war im Grunde Relikt: schimmliges Stahlgerüst, dreckiges Mauerwerk aus Ziegeln, die Glasscheibe neben dem Eingang war herausgebrochen. Anzeichen dafür, dass hier seit Längerem nichts produziert, nichts gelagert, nichts verarbeitet wurde, dass es sich also um eines der vielen Lager nahe unserer Stadt h