Beschreibung
'Aus dem Hinterhalt schickte Herr Lehmann Verdis Gefangenenchor ins Feld. doch der Nachbar von Gegenüber holte zum Gegenschlag aus und mobilisierte den wildesten Rap aus Downtown L.A.' Judith Frege erzählt von Menschen vor und hinter dem Bühnenvorhang. Mit ihren vollkommen unterschiedlichen Schicksalen kommen sie an irgendeinem Punkt mit der berühmten Oper 'Aida' von Guiseppe Verdi in Berührung. Selbst wenn die Helden der Erzählungen nie ein Opernhaus betreten haben und eher Hip-Hop- als Opernfans sind: Ihr Leben wird von Verdis Oper beeinflusst. So auch weitere Menschen, die im Opernbetrieb (u.a.) als Toilettenfrau, Regisseur, Kostümschneiderin, Orchestermusiker oder Tänzerin arbeiten, Menschen, die im Publikum sitzen und als gefürchteter Kritiker, als eingekaufter Claqueur oder als ganz normaler Zuschauer auf das Öffnen des Bühnenvorhangs warten. Und ob wohl Clochard Richard von Andersleben, der allabendlich mit einem Schild - "Suche Karte" - vor dem Operneingang steht, letzlich Glück haben wird? Jede der 16 sehr unterschiedlichen Geschichten berührt auf einzigartige Weise.
Autorenportrait
Judith Frege ist mit fünf Geschwistern als Tochter einer englischen Mutter und eines deutschen Vaters aufgewachsen. Sie studierte an der Folkwang-Hochschule in Essen Tanz und machte eine langjährige Bühnenkarriere als Balletttänzerin beim Hamburger Ballett, Stuttgarter Ballett und an der Deutschen Oper Berlin. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Berlin und arbeitet als Diplomtanzpädagogin, Choreografin und Autorin.
Leseprobe
"Aida hauchte ihren Liebesschmerz mit solcher Hingabe gegen die Wände des Hinterhauses, dass sogar die Luft den Atem anzuhalten schien. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und der raue, durchdringende Bass eines bekannten Rappers, der es locker mit dem dunklen Sopran aufnehmen konnte, ließ im Hof die Mülltonnen im Takt erbeben. Aus dem Hinterhalt schickte Herr Lehmann Verdis Gefangenenchor ins Feld, worauf der von Gegenüber schweres Geschütz auffuhr und mit einem wahnwitzig schnellen Rhythmus zurückschoss. Die Auseinandersetzung schaukelte sich in immer höhere Dezibel und kurzzeitig hörte es sich so an, als gewänne der Nachbar von Gegenüber an Boden, als er mit einem Hit attackierte, der seit Wochen in den Charts auf Nummer Eins stand. Herr Lehmann ließ sich nicht lumpen, setzte zum Sturm an und der hundertköpfige Chor, flankiert vom Orchester, nahm im Triumphmarsch den Hof ein. Wer nun glaubte, die Schlacht sei damit entschieden, hatte die Rechnung ohne den Nachbarn von Gegenüber gemacht, der zum Gegenschlag ausholte, den wildesten Rap aus Downtown L.A. mobilisierte, und." aus: Aida in Bahrendorf von Judith Frege