Beschreibung
Zwanzig lange Jahre währte der Kreuzzug im Heiligen Land. Zwanzig Jahre, die Arn Magnusson von seiner Heimat Götaland und seiner Geliebten Cecilia getrennt war. Nun kehrt der Tempelritter heim, doch das Glück des Paares ist nur von kurzer Dauer. Cecilia fällt einer Intrige zum Opfer, und der erbitterte Streit um die Krone droht Götaland in einen verhängnisvollen Krieg zu stürzen.
Schwedens erfolgreichste historische Romanserie aller Zeiten.
Autorenportrait
Jan Guillou wurde 1944 im schwedischen Södertälje geboren und ist einer der prominentesten Autoren seines Landes. Seine preisgekrönten Kriminalromane um den Helden Coq Rouge erreichten Millionenauflagen. Auch mit seiner historischen Romansaga um den Kreuzritter Arn gelang ihm ein Millionenseller, die Verfilmungen zählen in Schweden zu den erfolgreichsten aller Zeiten. Heute lebt Jan Guillou in Stockholm.
Leseprobe
IM JAHR DES HEILS 1192, unmittelbar vor der Eskilsmesse, als die Nächte schon weiß wurden und das Setzen der Rüben bevorstand, brach ein mächtiges Unwetter über das Westliche Götaland herein. Es dauerte drei Tage und drei Nächte. Es schien, als sei die helle, verheißungsvolle Jahreszeit vorüber, und der Herbst habe begonnen.
Trotz des Unwetters schliefen die meisten Brüder des Klosters Varnhem gut - in der Gewissheit, dass ihre Gebete die dunklen Kräfte fernhielten und dass das Unwetter bald nachlassen würde. Da schreckte Bruder Pietro im Torhaus plötzlich aus dem Schlaf hoch, denn er meinte, ein Geräusch gehört zu haben. Er richtete sich im Bett auf und lauschte, doch außerhalb der Mauern und der stabilen Eichentür des Torhauses waren nur das Heulen des Sturms, das Peitschen des Regens gegen die Dachziegel und die rauschenden Baumkronen der hohen Eschen zu vernehmen.
Aber dann hörte er es erneut. Es war, als schlüge eine Eisenfaust gegen die Tür. Entsetzt taumelte er aus dem Bett, griff nach seinem Rosenkranz und begann ein Gebet zu murmeln, an das er sich nicht so recht erinnern konnte, das ihn aber gegen die Kräfte des Bösen beschützen sollte. Er trat in das Torgewölbe und lauschte in die Dunkelheit. Da hörte er es erneut dreimal laut klopfen, und ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Fremden durch das Tor zuzurufen, er solle sich zu erkennen geben. Pietro sprach Lateinisch, da diese Sprache gegen die Kräfte der Dunkelheit am meisten ausrichten konnte und da er zu schlaftrunken war, um die eigentümlich singende Sprache, die das Volk außerhalb der Mauern sprach, zustande zu bringen.
»Wer kommt in dieser Nacht auf den Wegen des Herrn?«, rief er durch das Tor.
»Ein Diener des Herrn mit reinen Absichten und in wichtigen Geschäften«, antwortete der Unbekannte in vollkommen fehlerfreiem Latein.
Das beruhigte Bruder Pietro, und er mühte sich eine Weile mit dem massiven Riegel aus schwarzem Schmiedeeisen ab, ehe er das Tor einen Spaltweit öffnen konnte.
Draußen stand ein Fremder in einem fußlangen Ledermantel mit Kapuze. Er stieß das Tor mit einer Kraft auf, der Bruder Pietro nichts entgegenzusetzen gehabt hätte, und trat unter das schützende Torgewölbe. Gleichzeitig schob er den Mönch vor sich her.
»Gottes Friede. Eine sehr lange Reise ist jetzt zu Ende gegangen. Aber wir wollen uns nicht im Dunkeln unterhalten, holt Eure Lampe im Torhaus, mein unbekannter Bruder«, sprach der Fremde.
Bruder Pietro tat, wie ihm geheißen worden war. Ihn beruhigte, dass sich der Fremde der Kirchensprache bediente und außerdem wusste, dass es im Torhaus eine Lampe gab. Dort machte er sich eine Weile an der letzten Glut im Kohlenbecken zu schaffen, ehe es ihm gelang, einen Docht anzuzünden, den er in eine Öllampe steckte. Als er erneut in das Gewölbe vor dem Torhaus schaute, wurden sowohl er selbst als auch der Fremde von dem Licht beleuchtet, das die weiß gekalkten Wände zurückwarfen. Der Fremde zog den Ledermantel aus, den er zum Schutz gegen den Regen getragen hatte, und schüttelte ihn. Unbewusst schnappte Bruder Pietro nach Luft, als er den weißen Waffenrock mit dem roten Kreuz sah. Aus seiner Zeit in Rom wusste er sehr gut, wen er da vor sich hatte. Ein Tempelritter war nach Varnhem gekommen.
»Ich heiße Arn de Gothia, und von mir habt Ihr nichts zu fürchten, Bruder, denn hier in Varnhem bin ich aufgezogen worden, und von hier bin ich damals ins Heilige Land geritten. Aber Euch kenne ich nicht. Wie heißt Ihr, Bruder?«
»Ich bin Bruder Pietro de Siena und seit zwei Jahren hier.«
»Ihr seid also neu. Sagt an, lebt Pater Henri noch?«
»Nein, er ist vor vier Jahren gestorben.«
»Lasst uns für seine Seligkeit beten«, sagte der Templer, bekreuzigte sich und senkte eine Weile den Kopf.
»Lebt Bruder Guilbert noch?«, fragte er weiter und sah wieder auf.
»Ja, Bruder, er ist ein alter Mann, hat aber noch viel Kraft.«
»Das erstaunt mich nicht. Wie heißt unser ne meinte der Templer und lachte kurz. »Zum einen könnt Ihr diese Wache vertrauensvoll einem der Tempelritter des Herrn überlassen, da ihr eine stärkere Vertretung nicht bekommen könnt, zum anderen schwöre ich, dass Ihr den alten Bären Guilbert mit einer guten Neuigkeit weckt. So! Geht jetzt, ich warte hier und versehe Eure Wache nach bestem Vermögen, das verspreche ich.«
Der Ton des Tempelritters schien keinen Widerspruch zu dulden. Bruder Pietro nickte schweigend und verschwand im Bogengang, der den kleinen Innenhof vor der eigentlichen Klausur umgab. In diese gelangte man durch ein weiteres Eichentor.
Es dauerte nicht lange, bis das Portal zwischen Klausur und Innenhof des Torhauses aufgerissen wurde. Eine wohlbekannte Stimme hallte von den weißen Gewölben wider. Bruder Guilbert kam mit großen Schritten und einer Fackel in der Hand den Gang entlang. Er schien nicht mehr so groß wie früher, seine Ähnlichkeit mit einem Riesen war verschwunden. Als er den Fremden neben dem Portal erblickte, hob er die Fackel, um besser sehen zu können. Dann reichte er sie Bruder Pietro und trat einen Schritt vor, um Arn de Gothia zu umarmen. Eine ganze Weile sprachen die beiden kein Wort.
»Ich dachte, du seist vor Tiberias gefallen, mein lieber Arn«, sagte Bruder Guilbert schließlich auf Fränkisch.
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