Beschreibung
Der Arbeitsmarkt für Wissenschaftler bietet nur für einen kleinen Teil hoch qualifizierter Nachwuchsforscher eine dauerhafte Beschäftigungsperspektive. Nach der Promotion - oder später in der akademischen Laufbahn - stellt sich die Frage nach Alternativen: In welchen Berufsfeldern werden Promovierte gebraucht? Welche Qualifikationen, Kompetenzen und Interessen führen zu Berufszielen jenseits der Professur? Wie kann eine erfolgreiche Bewerbungsstrategie aussehen? Mirjam Müller entwirft eine praktische Anleitung für die Planung alternativer Berufswege. Dreizehn Porträts promovierter Geistes- und Sozialwissenschaftler beschreiben, wie der Ausstieg aus der Wissenschaft gelingt, wie der neue Arbeitsalltag in verschiedenen Branchen aussieht und welche Qualifikationen erwartet werden. Der Ratgeber bietet Selbstcoaching-Übungen sowie Strategien für den erfolgreichen Einstieg in eine Tätigkeit in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur.
Autorenportrait
Mirjam Müller arbeitet als Personalentwicklerin an der Universität Konstanz. Als Wissenschaftscoach hat sie zahlreiche Postdocs auf dem Weg zu ihrer ersten Professur und in Berufsfelder außerhalb der Wissenschaft begleitet. Berufliche Stationen führten die Historikerin von einem Wirtschaftsunternehmen ins Wissenschaftsmanagement. Ihre Expertise zu institutionellen Regeln und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Wissenschaftskarriere erwarb sie auf verschiedenen verantwortlichen Positionen in der universitären Nachwuchsförderung.
Leseprobe
Vorwort
Wissenschaftskarrieren zielen auf eine Professur oder eine andere dauerhafte Tätigkeit in Forschung und Lehre. Aufgrund der begrenzten Anzahl an Dauerstellen im Wissenschaftssystem kann jedoch von zehn Promovierten nur eine oder einer dieses Traumziel erreichen. In meiner Arbeit als Wissenschaftscoach an der Universität Konstanz sowie als Trainerin und Vortragende zum Thema Wissenschaftskarriere begegnen mir daher viele NachwuchswissenschaftlerInnen, die vor der Entscheidung stehen, ob sie die Wissenschaftskarriere weiterverfolgen oder Berufswege in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur2 einschlagen sollen.
In meinem Buch Promotion - Postdoc - Professur. Karriereplanung in der Wissenschaft habe ich beschrieben, welche Anforderungen an eine wissenschaftliche Karriere gestellt werden und wie man eine Wissenschaftskarriere strategisch planen kann. Mit dem vorliegenden Band möchte ich nun denjenigen NachwuchswissenschaftlerInnen eine Unterstützung an die Hand geben, die sich mit Karriereoptionen jenseits der Wissenschaft auseinandersetzen oder praktische Schritte hin zu Berufsfeldern in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur unternehmen wollen.
Inhaltlich gilt mein Dank allen NachwuchswissenschaftlerInnen, die mich an ihren Überlegungen und Gefühlen zum "Ausstieg" aus der Wissenschaft haben teilhaben lassen und mir verdeutlicht haben, dass der Schritt, die Wissenschaft zu verlassen, in den meisten Fällen als ungleich schwieriger empfunden wird als viele andere berufliche Wechsel. Viele haben ihren Karriereweg erfolgreich in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur fortgesetzt. 13 Promovierte haben sich bereit erklärt, ihren persönlichen Weg den Leserinnen und Lesern dieses Buches zu erzählen. Ihnen möchte ich besonders danken. Meine Überzeugung, dass es sich lohnt, den eigenen Berufswünschen auf die Spur zu kommen und diese umzusetzen, habe ich bei einem Life-Work-Planning-Seminar (nach Richard N. Bolles) bei John C. Webb, in Vorträgen und Workshops von Barbara Sher sowie in der ErfolgsteamleiterInnen-Ausbildung bei Gudrun Schwarzer mit praktischen Methoden fundieren können.
Ich danke meinen ersten LeserInnen Dr.?Anke Bohne, Dr.?Julia Breitbach, Dr.?Uta Hoffmann, Dr.?Stefanie Preuß, Dr.?Anne Schüttpelz und PD?Dr.?Sebastian Wolf für hilfreiche Rückmeldungen und engagierte Diskussionen. Dajana Langhof hat mir Einblicke in ihre langjährige Erfahrung im Gründercoaching gegeben. Meinen KollegInnen vom Academic Staff Development der Universität Konstanz und vom Coachingnetz Wissenschaft danke ich für ihre Impulse zum Wissenschaftscoaching. Ulrike Scheuermann bin ich dankbar für Ihre klugen Tipps zu meinen beiden Büchern. Mein besonderer Dank geht an den Campus Verlag für die angenehme und produktive Betreuung des Buchprojekts.
1. Einführung: Ausstieg aus der Wissenschaft
Sie sind Nachwuchswissenschaftlerin oder Nachwuchswissenschaftler. Sie haben bereits promoviert oder stehen kurz vor dem Abschluss Ihrer Doktorarbeit. Sie forschen leidenschaftlich gern - und dennoch wollen oder können Sie nicht in der Wissenschaft bleiben. Möglicherweise liegt das daran, dass Sie Ihre Chancen, auf eine der wenigen freiwerdenden Professuren Ihres Fachs berufen zu werden, als zu gering einschätzen. Vielleicht hatten Sie sowieso vor, nach der Promotion einen anderen Berufsweg einzuschlagen, auf dem Sie Ihre Stärken besser einbringen und Ihre Interessen verwirklichen können. Möglicherweise läuft Ihr Vertrag bald aus und Ihr Vorgesetzter oder Ihre Vorgesetze sieht keine Möglichkeit für eine Verlängerung. Vielleicht sind Sie es auch leid, im ständigen Wettbewerb um Publikationen und Drittmittel zu stehen, sich von befristetem zu befristetem Vertrag zu hangeln und bei maximalem Leistungsdruck minimale berufliche Sicherheit zu haben. Oder Sie interessieren sich für Karrierewege jenseits der Wissenschaft, um Ihre wissenschaftliche Karriere mit einem Plan B in der Tasche mit mehr Sicherheit fortführen zu können.
Es gibt viele Gründe, die Wissenschaft zu verlassen und einen beruflichen Weg in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur zu verfolgen. Laut einer aktuellen Umfrage der Zeit denken 81 Prozent aller NachwuchswissenschaftlerInnen über einen Ausstieg aus der Wissenschaft nach. Das liegt nicht zuletzt an den Beschäftigungsperspektiven im Wissenschaftssystem, die nicht für alle Habilitierten oder äquivalent Qualifizierten eine Dauerstelle an einer Hochschule oder außeruniversitären Forschungseinrichtung vorsehen. In Deutschland kann derzeit nur eine oder einer von zehn Promovierten auf eine der freiwerdenden Universitätsprofessuren berufen werden. Bei den Habilitierten und äquivalent Qualifizierten liegt das Verhältnis etwa bei eins zu drei. Die jüngsten Forderungen des Wissenschaftsrats nach einem schrittweisen Aufwuchs um 7.500 Professuren an Universitäten sind daher zu begrüßen. Im Rahmen des Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses werden in Deutschland in den kommenden Jahren voraussichtlich 1.000 Tenure-Track-Professuren geschaffen, die den wissenschaftlichen Karriereweg für diejenigen berechenbarer machen, die eine solche Stelle bekommen. Ein grundsätzlicher Wandel des wissenschaftlichen Karrieresystems ist jedoch derzeit nicht abzusehen. Für das Gros der NachwuchswissenschaftlerInnen ist daher nicht der Verbleib, sondern der Ausstieg aus der Wissenschaft die Regel.
Dessen ungeachtet vermittelt das deutsche Wissenschaftssystem weitgehend eine eindimensionale Karriereperspektive: Forschung wird als Beruf und Berufung gesehen, das anzustrebende Karriereziel ist ergo die Professur, gemeint ist die Universitätsprofessur. Andere Optionen für eine dauerhafte wissenschaftliche Beschäftigung an Universitäten sind derzeit kaum vorgesehen. Auch die Qualifikationsanforderungen sind in der Wissenschaft ausschließlich auf eine Universitätsprofessur ausgerichtet. An dieser Perspektive werden auf dem Karriereweg Publikationsleistung, Erfolg bei der Einwerbung von Drittmitteln und Einsatz in der Lehre gemessen. Sehenden Auges werden hier mehr WissenschaftlerInnen ausgebildet, als das System perspektivisch aufnehmen kann. Bezüge zu Berufsbildern jenseits der Universitätskarriere werden ab der Promotion kaum hergestellt, entsprechende Qualifikationen in der Regel nicht vermittelt. Der Ausstieg aus der Wissenschaft wird von NachwuchswissenschaftlerInnen oft nicht als Normalfall, sondern als persönliches Versagen wahrgenommen. In einem System, in dem das Erlangen einer Professur das ultimative wie unwahrscheinliche Karriereziel ist, wird ein Wechsel in andere Berufsfelder als Abweichen von der Norm betrachtet und als "alternativer Karriereweg" bezeichnet.
Je länger der Verbleib in Forschung und Lehre, umso schwieriger erscheint NachwuchswissenschaftlerInnen der berufliche Wechsel - mental und praktisch. Das liegt zum einen an der eben geschilderten Exklusivität des vermittelten Berufsbilds. "Wissenschaft" gilt als Traumjob und wird von den meisten an der Universität Forschenden und Lehrenden als solcher empfunden. Auch und gerade bei den Ausstiegswilligen ist es daher oft so, dass der Verlust dieses Traumes schmerzt und zu einem Gefühl der Perspektivlosigkeit führt. Der Abschied aus der Wissenschaft läuft in vielen Fällen etappenweise ab: Erst nach Phasen der Desillusionierung und der Frustration oder Trauer können neue berufliche Pläne geschmiedet werden.
Zum anderen erschwert den beruflichen Wechsel, dass in einigen Fächern keine Alternativen auf der Hand zu liegen scheinen. Vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften fehlt vielen NachwuchswissenschaftlerInnen die Orientierung auf dem facettenreichen Arbeitsmarkt außerhalb der Wissenschaft. Forschungsstellen in anderen Branchen sind für die Geistes- und Sozialwissenschaften rar gesät. In diesen Fächern bestehen während der wissenschaftlichen Laufbahn wenige Berührungspunkte zu nicht-wissenschaftlichen Berufsbildern. Daher gibt es kaum Rollenvorbilder aus anderen Branchen und Vorstellungen, wie mögliche Berufsbilder aussehen, sind eher schemenhaft als konkret. Vielen NachwuchswissenschaftlerInnen in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist unklar, welche Qualifikationen in Arbeitsbereichen außerhalb der Wissenschaft benötigt werden und wie anschlussfähig ihre in der Wissenschaft erworbenen Qualifikationen dort sind.
Entgegen dem gängigen Klischee des promovierten Taxifahrers haben NachwuchswissenschaftlerInnen sowohl nach der Promotion als auch bei einem späteren Ausstieg aus der Wissenschaft gute Berufschancen. Das zeigen Daten des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs: 94,1 Prozent der promovierten GeisteswissenschaftlerInnen im Alter zwischen 35 und 45 Jahren waren 2009 erwerbstätig, unter den SozialwissenschaftlerInnen mit Promotion waren es sogar 99,4 Prozent. Für alle Fächer zusammengenommen waren nur 10 Prozent der Promovierten in der Wissenschaft tätig, die übrigen in anderen Branchen in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur.9 44,8 Prozent hatten eine Leitungsfunktion inne. Die berufliche Tätigkeit außerhalb der Wissenschaft muss kein fauler Kompromiss sein: In einer Umfrage des Statistischen Bundesamts gaben 93 Prozent der Promovierten, die noch in Forschung und Entwicklung tätig waren, an, mit ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden zu sein. Mit 91 Prozent fast genauso zufrieden waren diejenigen Promovierten, die die Wissenschaft verlassen hatten.
Zwischen den guten Berufschancen auf der einen Seite und der gefühlten Perspektivlosigkeit von NachwuchswissenschaftlerInnen auf der anderen Seite besteht offensichtlich eine Diskrepanz. Die Verantwortung der Universitäten gegenüber NachwuchswissenschaftlerInnen, die nach einer akademischen Laufbahn eine Tätigkeit jenseits des wissenschaftlichen Kontexts ergreifen wollen oder müssen, wird erst seit kurzem thematisiert. So fordern Wissenschaftsrat und Hochschulrektorenkonferenz, dass NachwuchswissenschaftlerInnen auf Qualifizierungsangebote für Karrierewege außerhalb der Hochschule aufmerksam gemacht werden beziehungsweise Universitäten entsprechende Zusatzqualifikationsmöglichkeiten anbieten sollen. An vielen Universitäten sind inzwischen Angebote zur Unterstützung nicht-wissenschaftlicher Karrierewege für Promovierende und Promovierte entstanden. Anbieter sind dabei je nach Institution die Career Services, die Personalentwicklungsabteilungen oder die zentralen Nachwuchsfördereinrichtungen. Auch zahlreiche Promotionsprogramme, Gleichstellungsbüros, Alumni-Netzwerke und Zentren für Schlüsselqualifikationen machen Angebote, die Brücken zu Berufsfeldern in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur zu schlagen. Darüber hinaus helfen universitätseigene Gründerzentren bei Plänen zur beruflichen Selbständigkeit. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, vor allem bei der individuellen Begleitung dieser Karrierewege.
Meine Erfahrungen als Wissenschaftscoach für Postdocs möchte ich mit diesem Buch einem größeren Kreis von NachwuchswissenschaftlerInnen weitergeben. Angesprochen sind sowohl DoktorandInnen, die nach ihrer Promotion die Wissenschaft verlassen wollen, als auch Postdocs, die einige Jahre nach der Promotion oder möglicherweise erst nach der Habilitation alternative Berufsoptionen suchen. Die Kapitel 2 bis 5 bieten eine praktische Anleitung für die Suche nach einer beruflichen Tätigkeit in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur, die Porträts in Kapitel 6 stellen Praxisbeispiele für einen gelungenen Wechsel vor.
Die im Buch beschriebenen Coaching-Methoden und Vorgehensweisen sind grundsätzlich für NachwuchswissenschaftlerInnen aller Fächer geeignet. Wegen der oben genannten fachspezifischen Herausforderungen richtet sich das Buch in besonderem Maße an Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen und beleuchtet berufliche Optionen, die für sie geeignet sind. Der Karrierebegriff, den ich zugrunde lege, umfasst sowohl die klassische Bedeutung des vertikalen Aufstiegs als auch die horizontale berufliche Entwicklung von einem Aufgaben- oder Themengebiet zu einem anderen.
Praktische Anleitung
In Kapitel 2 werden Strategien und Motivationen für den beruflichen Wechsel vorgestellt. Dabei werden unterschiedliche Typen von NachwuchswissenschaftlerInnen charakterisiert, die über einen Ausstieg aus der Wissenschaft nachdenken oder konkrete Schritte in diese Richtung unternehmen wollen beziehungsweise müssen. Für jeden Typus werden erste Handlungsempfehlungen gegeben, die in den folgenden Kapiteln näher ausgeführt werden.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Frage nach passenden beruflichen Tätigkeiten. Hierzu wird reflektiert, welche in der Wissenschaft erworbenen Qualifikationen für den außeruniversitären Arbeitsmarkt relevant sind. Außerdem werden Methoden vorgestellt, mithilfe derer Sie weitere Fähigkeiten, Kenntnisse und Interessen sowie Werte und Präferenzen zu Arbeitsbedingungen identifizieren können.
Kapitel 4 gibt Impulse, welche Institutionen und Berufsfelder speziell für Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen infrage kommen. Zunächst wird ein Überblick über den Arbeitsmarkt jenseits der Universitätsprofessur gegeben. Konkretere Einsichten in interessante Berufsfelder bieten die im Anschluss vorgestellten Recherchestrategien.
Kapitel 5 widmet sich der Frage, wie Sie an eine für Sie passende Stelle kommen. Hier werden verschiedene Bewerbungsstrategien vorgestellt und konkrete Hinweise gegeben, wie Sie sich als Nachwuchswissenschaftlerin oder Nachwuchswissenschaftler bestmöglich in einer Bewerbung für den außeruniversitären Arbeitsmarkt präsentieren. Ein Exkurs vermittelt Strategien für den Aufbau einer selbständigen Tätigkeit.
Praxisbeispiele
In Kapitel 6 geben Ihnen 13 Porträts aus unterschiedlichen Branchen einen Einblick, wie der Karriereweg nach der Wissenschaft aussehen kann. Die Porträts erzählen den individuellen Berufsweg von promovierten Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen, die heute in unterschiedlichen Branchen beruflich erfolgreich sind. Sie beschreiben den Arbeitsalltag und die beruflichen Anforderungen verschiedener Tätigkeitsfelder. Bewerbungsstrategien und Qualifikationen für die jeweilige Branche werden ebenso skizziert wie Gehalts- und Aufstiegsmöglichkeiten. Dabei wird auch erörtert, wie die akademische Tätigkeit auf die neue berufliche Aufgabe vorbereitet hat, welche Kenntnisse und Tätigkeiten aus der Wissenschaft auch bei der außerwissenschaftlichen Karriere Anwendung finden. Im Anschluss an jedes Porträt sind weiterführende Informationen für den beruflichen Wechsel zusammengestellt, wie zum Beispiel Hinweise auf passende Jobbörsen, Weiterbildungsangebote, Adressen von Berufsverbänden sowie weiterführende Literatur.
Reflexionsübungen und Checklisten
Mit Reflexionsübungen und Checklisten kann in Kapitel 3 und 4 sowie am Ende der Porträts individuell an beruflichen Präferenzen und Strategien für eine Anstellung oder eine selbständige Tätigkeit gearbeitet werden. Viele der Übungen können Sie direkt in diesem Buch durchführen. Es empfiehlt sich jedoch, zusätzlich ein Notizbuch, eine Datei oder einen Sammelordner für Ihre Überlegungen anzulegen. Darin können Sie Ihre Erkenntnisse zu berufsrelevanten Kompetenzen und idealen Arbeitsumständen sowie Ideen und Informationen zu Berufsfeldern und Arbeitgebern zusammentragen.
Tipps für die Unterstützung an Wissenschaftseinrichtungen
In vielen Kapiteln finden Sie Infoboxen mit Tipps, wie Wissenschaftseinrichtungen Sie bei der Suche nach Berufswegen in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur unterstützen können. Career Services, Graduiertenschulen und Personalentwicklungsabteilungen bieten vielerorts Orientierungs- und Qualifikationsmöglichkeiten für den Arbeitsmarkt in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur an. Das Angebot reicht von Workshops zum Kompetenzerwerb, der Unterstützung von Entscheidungsfindung und Strategieentwicklung über die Vermittlung von Rollenvorbildern, Einblicken in Berufsfelder und Kontakten zu Arbeitgebern bis hin zur Unterstützung von Bewerbungen und Gründungsvorhaben.
Jeder Weg von der Wissenschaft in andere Berufsfelder ist einzigartig und kostet Mut, Zeit und Energie. Ein Patentrezept gibt es nicht. Ziel dieses Buches ist es, Ihnen Impulse für Reflexionen und Recherchen zu geben, die als erster Schritt für einen beruflichen Wechsel unabdingbar sind. Mit der hier vorgestellten Anleitung, den Reflexionsübungen und den Praxisbeispielen werden Sie von ersten Überlegungen über einen Ausstieg aus der Wissenschaft über die praktische Umsetzung eines alternativen Karriereplans bis hin zur erfolgversprechenden Bewerbung begleitet. Berufung zu finden und ein erfolgreiches Berufsleben zu führen, ist auch außerhalb der Wissenschaft möglich. Auf Ihrem Weg zu einer alternativen beruflichen Aufgabe in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur, die zu Ihren Fähigkeiten und Interessen passt, wünsche ich Ihnen viel Erfolg!
2. Strategien und Motivationen für den Berufswechsel
Als Nachwuchswissenschaftlerin oder Nachwuchswissenschaftler sind Sie vermutlich bestens mit dem wissenschaftlichen Arbeitsmarkt vertraut. Seine grundsätzlichen Spielregeln sind einfach: Das Karriereziel ist traditionell (und mangels anderer Dauerstellen) die Professur, die Qualifizierungsschritte sind bekannt (Promotion, Habilitation oder Äquivalent). Auf praktisch allen wissenschaftlichen Positionen müssen Aufgaben in Forschung, Lehre und Management übernommen werden, das Tätigkeitsspektrum umfasst jeweils Publizieren, Vortragen, Drittmittel Einwerben etc. Wissenschaftliche Stellen werden an bekanntem Ort ausgeschrieben, das Bewerbungsverfahren umfasst die Darstellung der wissenschaftlichen Parameter und ein (vor der Professur) oft berechenbares Vorstellungsgespräch zu ebendiesen Parametern.
Der Arbeitsmarkt außerhalb der Wissenschaft ist wegen der Vielzahl an Branchen und Karrierezielen komplexer. Jedes Berufsbild verlangt spezifische Qualifikationen. Gesucht werden Menschen, die sich mit den branchenrelevanten Inhalten auskennen, zum Aufgabenbereich passende Kompetenzen mitbringen und sich mit den spezifischen Werten des Arbeitgebers identifizieren. Bei einer erfolgreichen Bewerbung sollte nicht der eigene Werdegang im Fokus stehen, sondern die individuelle Passfähigkeit zu den Anforderungen des Arbeitgebers.
Als Promovierte oder Promovierter haben Sie in der Wissenschaft beruflich viel geleistet und erreicht. Nicht alle Aspekte dieser Arbeitserfahrung werden Sie jedoch in eine Bewerbung in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur sinnvoll einbringen können. Um in diesen Segmenten des Arbeitsmarkts zu punkten, sollten Sie sich Ihrer Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen bewusst sein und diese adäquat darstellen können. Darüber hinaus benötigen Sie eine fundierte Vorstellung davon, welche dieser Qualifikationen Ihr potenzieller Arbeitgeber für die ausgeschriebene Position von Ihnen erwartet.
Wenn Sie bereits während Ihrer Zeit in der Wissenschaft einen Einblick in das angestrebte Berufsfeld bekommen konnten (etwa durch Kooperationen), haben Sie vielleicht schon eine realistische Vorstellung von der zukünftigen Stelle und konnten entsprechende Qualifikationen sammeln. Wenn Sie jedoch noch unklare Vorstellungen zu alternativen Berufszielen haben, ist der berufliche Wechsel in andere Segmente des Arbeitsmarkts in der Regel kein Selbstläufer.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Ihre Arbeitssuche in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur nicht von Erfolg gekrönt sein, wenn Sie Stellenbörsen nach halbwegs brauchbaren Ausschreibungen durchforsten, Ihren wissenschaftlichen Lebenslauf auf den neuesten Stand bringen und mit einem Anschreiben losschicken, das Ihren akademischen Werdegang beschreibt. Ebenso wenig ist es empfehlenswert, sich unter Wert zu verkaufen, die eigenen Interessen zu vernachlässigen und den nächstbesten Job anzunehmen. Diese Strategien können die Ursache dafür sein, dass der berufliche Wechsel nicht gelingt oder Sie unzufrieden macht.
Verschiedene Gründe können zu der Entscheidung führen, aus der Wissenschaft auszusteigen und einen Karriereweg in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur zu verfolgen. Bei aller Besonderheit des Einzelfalls lassen sich meiner Erfahrung nach fünf Typen von "AussteigerInnen" beobachten. Für sie gibt es unterschiedliche Motivationen und Rahmenbedingungen und damit auch verschiedene Strategien, die sinnvollerweise bei der Orientierung auf dem Arbeitsmarkt außerhalb der Wissenschaft angewendet werden sollten. Selbstverständlich ist nicht ausgeschlossen, dass Sie sich in mehreren dieser Typen wiederfinden.
"Zweite Reihe"
Sie arbeiten mit Freude in der Wissenschaft und verbringen viel Zeit in Forschung und Lehre. Vielleicht haben Ihre Vorgesetzten und BetreuerInnen Ihnen schon einmal positive Signale zu Ihrer wissenschaftlichen Leistung gegeben oder Ihnen Finanzierungsmöglichkeiten und Anschlussstellen angeboten. In der Arbeitsgruppe übernehmen Sie gern undankbare oder aufwändige Aufgaben, wie die Organisation von wissenschaftlichen Tagungen oder sozialen Unternehmungen, und Sie engagieren sich verantwortungsvoll in Lehre und Betreuung. In Ihrer Forschung arbeiten Sie gern gründlich einzelne Posten ab und haben dabei auch gute Ideen. Aber der große Wurf, so scheint es, ist Ihnen dabei noch nicht gelungen.
Um einen Artikel zu schreiben, brauchen Sie viel Zeit, und dann klappt es mit der Veröffentlichung eher in guten als in sehr guten Zeitschriften. Drittmittel in größerem Maßstab einzuwerben, erscheint für Ihre Forschung weniger relevant, Sie beantragen lieber kleinere Beträge aus universitätsinternen Nachwuchsfonds oder Reisemittel für internationale Konferenzen. Als die Finanzierung an Ihrer Heimatuniversität ausläuft, bewerben Sie sich bundesweit und bekommen auch kürzere Verträge in Drittmittelprojekten angeboten, die allerdings nicht hundertprozentig zu Ihrem eigenen Forschungsschwerpunkt passen. Wie sollen Sie da Ihr eigenes Forschungsprofil wirkungsvoll nach außen bekannt machen? Mit der Zeit beobachten Sie, wie KollegInnen an Ihnen vorbeiziehen und ihre Texte in angesehenen Zeitschriften unterbringen, Preise gewinnen und Stellen bekommen. Sie fragen sich immer öfter, ob Sie eigentlich noch eine Chance auf eine Dauerstelle in der Wissenschaft haben.
Was ist zu tun? Machen Sie zunächst eine Bestandsaufnahme Ihres akademischen Portfolios. Gehen Sie alle Teilbereiche durch und bilanzieren Sie, was Sie bisher in Forschung, Lehre und Management erreicht haben. Bitten Sie Vorgesetzte, Doktoreltern, Mentorinnen und Mentoren um Rückmeldung zu Ihrem bisherigen Karriereverlauf, zum Potenzial Ihrer Forschungsvorhaben und zu sinnvollen nächsten Karriereschritten. Es kann hilfreich sein, mit mehreren Personen Gespräche zu führen, um ein differenziertes Bild von Ihren Karriereaussichten zu bekommen.
Für die nächsten Karriereschritte sollten Sie auf Grundlage von Bilanz und Feedback eine Entscheidung treffen, ob Sie weiter versuchen wollen, eine Dauerstelle in der Wissenschaft zu bekommen. So eine weitreichende Entscheidung trifft man nicht von einem Tag auf den anderen, es bedarf in der Regel längerer Reflexionsprozesse. Manchmal ist es hilfreich, einen Zeitrahmen für die Entscheidung festzulegen. Dies kann zum Beispiel ein Jahr sein, für das Sie sich Ziele vornehmen und in dem Sie Erfahrungen sammeln. Nach Ablauf des Jahres können Sie Bilanz ziehen und die Entscheidung fundierter treffen. Wenn Sie sich für eine wissenschaftliche Karriere entscheiden, sollten Sie dieses Unterfangen aktiv und strategisch in die Hand nehmen und sich konkrete Ziele für die kommenden Jahre setzen.
Wenn Sie sich gegen eine weitere wissenschaftliche Karriere entscheiden, wird die erste Zeit vermutlich von Frustration und dem Gefühl des Scheiterns geprägt sein. Vielleicht ist der Entscheidung auch eine Phase vorgelagert, in der sich Hoffnung und Rückschritte abwechseln. Geben Sie dem Abschied aus der Wissenschaft etwas Raum. Sprechen Sie mit engen FreundInnen aus dem akademischen Kontext und aus anderen Berufsfeldern über die Gefühle, die mit dem Ende dieser beruflichen Phase verbunden sind. Vielleicht ist auch eine Bilanz hilfreich, welche Aspekte der Wissenschaftskarriere Ihnen Freude gemacht haben und welche Aspekte Sie anstrengend oder unangenehm fanden.
Neben der Trauer sind auch Gefühle wie Perspektivlosigkeit und Zukunftsangst für diese Phase typisch: "Ich kann ja nichts anderes außer Forschung! Wer braucht mich auf dem Arbeitsmarkt schon?", sind häufige Gedanken. Wichtig ist, dieser Angst früh mit konkreten Rechercheschritten über mögliche berufliche Perspektiven zu begegnen. Es wird auf dem Arbeitsmarkt interessante Berufsperspektiven für Sie geben, es kommt nur darauf an, möglichst schnell die passenden zu identifizieren. Dazu ist es essenziell, sich mit den eigenen Kompetenzen, Interessen und Werten auseinanderzusetzen (siehe Kapitel 3 "Was könnte ich arbeiten?") und den Einblick in unterschiedliche Berufsfelder zu vertiefen (siehe Kapitel 4 "Wo könnte ich arbeiten?"). Vermutlich sind auch die Porträts der ehemaligen NachwuchswissenschaftlerInnen für Sie interessant, die mit Erfolg eine Karriere nach der Wissenschaft gestartet haben: Das können Sie auch schaffen.
"So hatte ich mir das nicht vorgestellt"
Sie haben mit Begeisterung Wissenschaft gemacht, sich intensiv in der Forschung engagiert und auch einige Erfolge erzielt. Mit der Zeit hat sich jedoch eine gewisse Frustration bei Ihnen eingestellt. Vielleicht weil Ihre Leistung nicht so anerkannt wurde, wie Sie es eigentlich verdient hätten. Oder weil Sie durchschauen, dass das Wissenschaftssystem nicht so transparent und strikt qualitätsorientiert funktioniert, wie es sich den Anschein gibt. Die Arbeits- und Karrierebedingungen in der Wissenschaft lehnen Sie im Grunde ab und hätten gern für sich eine klare Karriereperspektive,die Ihren Leistungen gerecht wird und bei der Sie nicht ständig den Ort wechseln müssen.
Vielleicht haben Sie neben der Wissenschaft auch andere Prioritäten im Leben, wie eine Familie oder einen Kinderwunsch, ein ehrenamtliches Engagement oder ein wichtiges Hobby. Oder Sie stellen in der Elternzeit mit etwas Abstand zum Wissenschaftssystem fest, dass das Hamsterrad aus Publikationen, Lehrverpflichtungen, Konferenzen und Drittmitteleinwerbung nicht zu Ihren neuen familiären Verpflichtungen passt und vielleicht auch nicht zu dem, was Sie sich vom Leben erträumen. Wenn sich eine attraktive andere berufliche Möglichkeit bieten würde, würden Sie der Wissenschaft sofort den Rücken kehren.
Was ist zu tun? Sie hören sich an, als hätten Sie sich schon dafür entschieden, die Wissenschaft zu verlassen. Womöglich haben Sie Ihrem Chef oder Ihrer Chefin bereits angekündigt, dass Sie Ihren Vertrag nicht verlängern wollen. Prüfen Sie also, welche Optionen der außerwissenschaftliche Arbeitsmarkt für Sie bereithält. Dafür ist besonders Kapitel 4 "Wo könnte ich arbeiten?" interessant. Welche konkrete berufliche Aufgabe Sie dort gern tun würden, sagen Sie sich, werden Sie in der Orientierungsphase schon merken. Wenn nicht, nehmen Sie sich etwas Zeit für die Methoden in Kapitel 3 "Was könnte ich arbeiten?".
Wenn der Ausstieg aus der Wissenschaft wie bei Ihnen ganz oder teilweise aufgrund der unsicheren Karrierewege, der prekären Beschäftigungssituation oder der schwierigen Work-Life-Balance unternommen wird, ist naheliegend, dass Sie sich für die neue Tätigkeit bessere Rahmenbedingungen wünschen. Der realistische Blick auf den derzeitigen Arbeitsmarkt zeigt, dass einige interessante (Einstiegs-)Stellen für AkademikerInnen auch außerhalb der Wissenschaft befristet sind und ebenso nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes bezahlt werden.15 Lange Arbeitszeiten und Überstunden sind heute in fast allen Branchen verbreitet und werden gerade in verantwortlichen Positionen erwartet. Oft widerspricht der Wunsch nach großer Unabhängigkeit im beruflichen Tun dem Wunsch nach weitgehender beruflicher Sicherheit. Informieren Sie sich daher gut, was Sie in unterschiedlichen Branchen und Positionen erwartet. Prüfen Sie, was Ihre persönlichen Grenzen sind und was Sie bereit sind, für einen Wechsel in ein spannendes neues Berufsfeld zu investieren.
"Verkanntes Talent"
Sie haben ein spannendes Forschungsthema gefunden, das eine Forschungslücke schließt. Es ist der Schlüssel zum Verständnis eines größeren Bereichs oder ein neuer Blick auf ein bekanntes Thema, das in Vergessenheit geraten ist. Außer Ihnen forschen nur wenige andere WissenschaftlerInnen auf diesem Gebiet, jedenfalls in den letzten Jahren. Vielleicht wird das Thema in Deutschland vernachlässigt, obwohl es in anderen Ländern einzelne SpezialistInnen dafür gibt. Erst wenige haben die Brisanz und das Potenzial Ihres Themas erkannt. Das führt dazu, dass Ihre Forschungsleistung nicht so gewürdigt wird, wie sie es Ihrer Ansicht nach verdienen würde.
Sie mussten mehrfach die Erfahrung machen, dass Sie bei der Einreichung von Publikationen oder Drittmittelanträgen an GutachterInnen geraten sind, die Ihnen Ihren Erfolg missgönnen und stattdessen Themen des wissenschaftlichen Mainstreams bevorzugen oder eigene SchülerInnen protegieren. Auch auf Konferenzen erleben Sie immer wieder, dass FachkollegInnen Ihnen mit Detailfragen das Leben schwer machen wollen oder Ihre Ergebnisse uninformiert und pauschal ablehnen. Dies hat dazu geführt, dass Sie Ihre Forschung nicht in dem Maßstab durchführen konnten, der den Durchbruch gebracht hätte. Aber das könnte noch klappen, wenn die Wiedereinreichung des abgelehnten Drittmittelantrags diesmal Erfolg hätte. Oder wenn Ihr Vertrag verlängert wird, was aber seit der Emeritierung Ihres Doktorvaters oder Ihrer Doktormutter am seidenen Faden hängt, da der neue Stelleninhaber oder die neue Stelleninhaberin und der Fachbereich sich gegen Sie verbündet haben. Wenn Sie deshalb aus der Wissenschaft ausscheiden müssten, wäre das ungerecht.
Was ist zu tun? Es hört sich so an, als würden Sie sich unverstanden fühlen. Es könnte hilfreich für Sie sein, zu beginnen, sich mit dem Urteil von Kolleginnen und Kollegen auseinanderzusetzen und Kritik ernst, aber nicht persönlich zu nehmen. Ein Feedbackgespräch mit einer Person, der Sie vertrauen, kann ein Beginn sein. Auf diese Weise können Sie ausloten, welche Möglichkeiten realistischerweise für Sie in der Wissenschaft bestehen.
Wenn Sie die Wissenschaft verlassen, werden Sie vermutlich Wut und Verachtung für das verspüren, was Sie erlebt haben. Auch das ist eine Form von Abschiedsschmerz. Es lohnt sich, ihm kurz nachzugehen, um die negativen Gefühle nicht in die Arbeitssuche mitzunehmen. Bilanzieren Sie, was Ihnen im akademischen Kontext gefallen hat und welche Aspekte Ihnen negativ in Erinnerung geblieben sind. Vielleicht können Sie die negativen Punkte dazu nutzen, um Wünsche für Ihre neue Stelle zu formulieren. In jedem Fall steckt in Ihrem Ärger auch viel Energie, die Sie in die Stellensuche einbringen können. Informieren Sie sich dazu in den Kapiteln 3 und 4 über Tätigkeiten und Berufsfelder und in Kapitel 5 über Hinweise, die Ihre Bewerbung aussichtsreicher machen.
Eine wichtige Regel könnte für Sie sein: Widerstehen Sie der Versuchung, beim Abschied von Ihrem wissenschaftlichen Arbeitgeber Ihren Ärger herauszulassen. Weder eine persönliche Abrechnung noch eine Klarstellung hinter dem Rücken Ihrer Widersacher helfen Ihnen weiter, sondern viel eher ein professioneller Rückzug, bei dem Sie nicht heucheln müssen, aber vielleicht doch einige passende Worte finden für das, was in der Wissenschaft positiv für Sie war. Schließlich ist nicht ausgeschlossen, dass es in Zukunft in irgendeiner Weise Kontakte zwischen Ihrer alten und Ihrer neuen Arbeit gibt. Auch in den Bewerbungsprozess sollten Sie Ihre negativen Gefühle für den alten Arbeitgeber nicht hineinbringen. (siehe Kapitel 5.2 "Tipps für Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräch")
Möglicherweise ist es für Sie besonders relevant zu überlegen, mit welchen Menschen Sie gern zusammenarbeiten würden. Das ist wichtig, damit Sie stabile Netzwerke aufbauen können. Falls Sie eher introvertiert sind und gern alleine arbeiten, gibt es gute Literatur, die Ihnen helfen kann, Ihr Arbeitsleben passend und erfolgreich zu gestalten.16 Falls Sie merken, dass sich Ihre Unzufriedenheit nicht nur auf den bisherigen Arbeitgeber bezieht oder Sie nicht über die Ungerechtigkeiten, die Sie dort erfahren haben, hinwegkommen können, sollten Sie sich nicht scheuen, das Erlebte mit psychologischer Unterstützung zu verarbeiten, um neue Perspektiven entwickeln zu können.
"Geplanter Ausstieg"
An den meisten Tagen mögen Sie Ihr Promotions- oder Forschungsthema. Aber die nächsten Jahrzehnte nur mit Forschung zu verbringen, ist nicht Ihre Sache. Vielleicht haben Sie sich schon vor der Promotion überlegt, dass Sie mit dem Doktortitel in der Tasche die Wissenschaft verlassen und sich in anderen Bereichen des Arbeitsmarkts beruflich etablieren wollen. Oder Sie sind aus Interesse am Thema in die Promotion gestartet, haben aber im Arbeitsprozess gemerkt, dass Sie in Forschung und Lehre nicht so aufgehen, wie anderen DoktorandInnen an Ihrem Lehrstuhl oder in Ihrem Promotionsprogramm. Vielleicht sind Sie frustriert von der täglichen einsamen Arbeit am Schreibtisch, die nicht so recht Ergebnisse zeitigen will, und sehnen den Tag herbei, an dem Sie Ihre Dissertation endlich eingereicht haben und sich anderen Dingen zuwenden können. Auf jeden Fall wollen sie nach der Promotion eine berufliche Tätigkeit außerhalb der Wissenschaft ansteuern.
Was ist zu tun? Die Promotion ist für Sie nur eine Übergangsphase zu einer anderen beruflichen Aufgabe. Vielleicht haben Sie sogar schon ein konkretes Berufsbild vor Augen. Dann können Sie die Promotionsphase nutzen, um Kontakte in die entsprechende Branche zu knüpfen. Strategien hierfür finden Sie in Kapitel 4 "Wo könnte ich arbeiten?". Vielleicht ist Ihr Promotionsthema auch so angelegt, dass Sie wissenschaftlich bereits mit Arbeitsbereichen außerhalb der Universität kooperieren oder über relevante Themen für Berufsfelder in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur forschen. Dann können Sie die Kontakte, die in Ihrer Forschung entstehen, bei passender Gelegenheit dazu nutzen, um sich über das Berufsfeld, Anforderungen und Stellenoptionen zu informieren. Möglicherweise können Sie mit einer Hospitation erste Arbeitserfahrung in der neuen Branche sammeln oder neben der Promotion in einem relevanten Berufsfeld jobben.
Eine der entscheidenden Fragen wird für Sie sein, wie Sie die Arbeit an Ihrer Doktorarbeit und das Entwickeln von Berufsstrategien unter einen Hut bringen. Vielleicht können Sie sich im letzten Drittel der Promotion ein konkretes Zeitbudget (zum Beispiel immer freitags) für die Recherche reservieren. Das ist eine zeitliche Investition, die den Abschluss Ihrer Doktorarbeit verzögern, aber auch beschleunigen kann. Viele Promovierende beschäftigen Gedanken um ihre berufliche Zukunft, die dazu führen, dass das Abschließen der Qualifikationsarbeit aufgeschoben wird. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, können die gezielte Auseinandersetzung mit der Berufssuche und das Schaffen konkreter Perspektiven Ihren Promotionsprozess schneller zum Ende bringen.
Wichtig ist für Sie zu überlegen, wann und wem gegenüber Sie Ihre Absicht, die Wissenschaft zu verlassen, kommunizieren. Ein offener Umgang kann dazu führen, dass Ihre Betreuungspersonen bewusst oder unbewusst den Eindruck bekommen, dass sich eine Investition in Sie und Ihr Forschungsprojekt nicht lohnt und Sie daher weniger Unterstützung bekommen. In anderen Konstellationen kann es sinnvoll sein, mit Betreuerinnen und Betreuern zu diskutieren, wie das Thema der Doktorarbeit so dimensioniert werden kann, dass das Projekt in einer überschaubaren Zeitspanne abgeschlossen werden kann und auf diese Weise die Chancen auf dem außerwissenschaftlichen Arbeitsmarkt erhöht werden können.
Wenn Sie noch keine konkreten beruflichen Vorstellungen für die Zeit nach der Doktorarbeit haben, ist es empfehlenswert, dass Sie die Strategien in Kapitel 3 verfolgen und sich näher mit Ihren Fähigkeiten und Interessen auseinandersetzen. Und Sie sollten die Unterstützungsangebote Ihrer Forschungsinstitution zu Berufsperspektiven in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur nutzen, die in den Infoboxen beschrieben sind.
"Plan B"
Sie arbeiten gern in der Wissenschaft, erzielen gute Forschungsergebnisse und engagieren sich auch in anderen Bereichen von Forschung, Lehre und Management, die für Ihr akademisches Karriereportfolio relevant sind. Sie sind mit interessanten Personen vernetzt, allerdings eher mit anderen NachwuchswissenschaftlerInnen. Wie häufig Sie ProfessorInnen mit Ihren Fragen und Anliegen behelligen können, wissen Sie nicht recht. Sie könnten es vielleicht schaffen, eine Dauerstelle in der Wissenschaft zu bekommen, aber bis dahin wird es noch einige Jahre dauern, die Sie mit mehreren gestückelten Verträgen und möglicherweise einem selbst eingeworbenen Drittmittelprojekt überbrücken müssen. Und was, wenn es am Ende doch nicht klappen sollte? Mit leeren Händen dastehen und später nach Lösungen suchen, ist nicht Ihr Ding. Lieber wollen Sie jetzt schon wissen, was Sie dann beruflich machen könnten.
Was ist zu tun? Sie wollen verschiedene berufliche Optionen kennen, um sich gelassen auf Ihre wissenschaftliche Arbeit konzentrieren zu können. Möglicherweise haben Sie schon Ideen und engagieren sich ehrenamtlich oder nebenberuflich in einem Bereich, den Sie eventuell zu einer Berufstätigkeit ausbauen könnten. Wenn Ihre Ideen noch unkonkret sind, ist es für Sie sinnvoll, Ihre Fähigkeiten und Interessen mit Kapitel 3 "Was könnte ich arbeiten?" zu reflektieren. Und in Kapitel 4 "Wo könnte ich arbeiten?" verschiedene Berufsfelder kennenzulernen. Sicher geben Ihnen auch die Porträts Inspiration für Ihre eigenen beruflichen Optionen.
Um sich ein zweites Standbein aufzubauen, ist es wichtig, dass Sie ein bestimmtes Zeitbudget für Recherche und Vorbereitungen reservieren. Vielleicht wird es nötig sein, Zeit in eine relevante Weiterbildung für die neue Berufsoption zu investieren. Das wird zulasten Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit gehen. Vielleicht benötigen Sie auch nur vorübergehend Zeit, um sich über Berufsmöglichkeiten zu informieren und wenden sich dann wieder voll Ihrer Forschung zu. Prüfen Sie, wie Sie eine gute Balance zwischen Plan A und Plan B herstellen können und nutzen Sie Synergien. Möglicherweise führt die Zweigleisigkeit auch dazu, dass Sie Ihre Forschungszeit effizienter nutzen, sich mehr aufs Wesentliche konzentrieren und Nebenprojekte absagen.
Wenn Sie Ihre Chancen in der Wissenschaft hoch halten wollen, sollten Sie Ihr wissenschaftliches Umfeld nicht oder nur begrenzt in Ihren Plan B einweihen und deutlich zeigen, wo für Sie die berufliche Priorität liegt. Auf diese Weise kann es gelingen, dass Sie in der Gewissheit, auch andere berufliche Optionen verfolgen zu können, Ihren wissenschaftlichen Weg bis zur Dauerstelle beschreiten. Oder dass sich eines Tages die Prioritäten verschieben und Sie zufrieden den vorgesehenen alternativen Karriereweg einschlagen.
Für den Prozess der beruflichen Neuorientierung sind alle fünf Typen von "AussteigerInnen" als WissenschaftlerInnen mit Rechercheerfahrung, analytischen Fähigkeiten und Kreativität bestens gewappnet. Wann der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg aus der Wissenschaft ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Wenn Sie können, entscheiden Sie sich direkt nach der Promotion oder in den ersten zwei Jahren der Postdoc-Phase für den beruflichen Wechsel. Dann wird die Tätigkeit in der Wissenschaft von Ihrem neuen Arbeitgeber voraussichtlich als Qualifizierungsphase angesehen. Die Motivation für den Ausstieg ist in Ihrer Bewerbung leicht mit der abgeschlossenen Qualifikation und dem Interesse an der neuen Tätigkeit zu begründen. Letztlich kommt es jedoch zu jedem Zeitpunkt darauf an, dass Sie die nötige Zeit für die aufgezeigten Analyse- und Rechercheschritte investieren und passende Berufsmöglichkeiten für sich finden. Sinnvoll kann es in manchen Fällen auch sein, diese Schritte parallel zur wissenschaftlichen Tätigkeit zu beginnen. (siehe Kapitel 7 "Schlusswort: Beruflich neue Wege gehen")
Fast alle "AussteigerInnen" sind während der Phase, in der sie Zeit, Engagement und Selbstreflexion investieren, um einen Karriereweg außerhalb der Wissenschaft zu planen, noch in Forschung und Lehre beschäftigt. Wenn bekannt wird, dass Sie möglicherweise die Wissenschaft verlassen wollen, ist damit zu rechnen, dass die wissenschaftsbezogene Unterstützung, etwa Reisegelder und Hilfe bei Publikationen, die Sie von Vorgesetzten und MentorInnen bekommen, nachlässt. Überlegen Sie sich daher genau, wem gegenüber und wann Sie Überlegungen zu alternativen Karriereszenarien thematisieren. Wenn Sie in dieser Phase kompetente AnsprechpartnerInnen brauchen, können Sie sich an die einschlägigen Beratungsstellen Ihrer Forschungsinstitution, an einen externen Coach oder eine engagierte Beraterin der Agentur für Arbeit wenden. Oder gründen Sie ein Team aus Gleichgesinnten, in dem Sie sich gegenseitig beim Berufswechsel unterstützen.
An vielen Wissenschaftseinrichtungen stehen NachwuchswissenschaftlerInnen Unterstützungsangebote für eine Karriere nach der Wissenschaft zur Verfügung. Jedoch richten sich die Angebote oft an spezifische Zielgruppen. Während Career Services und Zentren für Schlüsselkompetenzen im Kern für Studierende zuständig sind und ihr Angebot auch (immatrikulierten) Promovierenden zur Verfügung stellen, richten sich viele Mentoring-Programme und die Unterstützungsmaßnahmen von Gleichstellungsbüros in der Regel an Frauen. Promovierende finden oft Angebote zu Karrierewegen nach der Wissenschaft in Promotionsprogrammen und Graduiertenakademien, während Postdocs und Habilitierende an einigen Institutionen von der Personalentwicklungsabteilung unterstützt werden, oft aber auch zwischen allen Stühlen sitzen. Die Zuständigkeiten und Angebote variieren von Institution zu Institution, es gilt also, dass Sie an Ihrer Wissenschaftseinrichtung passende Angebote finden.
Da solche Angebote in der Regel nur Mitgliedern der jeweiligen Wissenschaftseinrichtung offen stehen, sind Sie als Nachwuchswissenschaftlerin beziehungsweise Nachwuchswissenschaftler davon abhängig, wie gut Ihre Institution an diesem Punkt profiliert ist. Fragen Sie im Zweifelsfall bei den Serviceeinrichtungen, die an Ihrer Universität für Weiterbildung und Beratung zuständig sind, nach, ob Unterstützungsmaßnahmen für Karrierewege in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung oder Kultur angeboten werden. Fällt das Angebot an Ihrer Institution gering aus, bleibt die Möglichkeit, an Weiterbildungsangeboten anderer Wissenschaftseinrichtungen teilzunehmen, die für Externe geöffnet sind. Nicht zuletzt gibt es außerhalb von Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein breites Angebot an Weiterbildungs- und Beratungsangeboten zu beruflichen Kompetenzen und Karrieren. Hier müssen Sie für entstehende Kosten selbst aufkommen, möglicherweise ist das jedoch eine gute Investition in Ihre Karriere.
Inhalt
Inhalt
Vorwort 7
1. Einführung: Ausstieg aus der Wissenschaft 9
2. Strategien und Motivationen für den Berufswechsel 15
3. Was könnte ich arbeiten? 27
3.1 Qualifikationen aus der Wissenschaft 29
3.2 Reflexion des individuellen Berufsprofils 33
4. Wo könnte ich arbeiten? 43
4.1 Der Arbeitsmarkt für promovierte Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen 44
4.2 Recherchestrategien 54
5. Wie bekomme ich eine Stelle? 64
5.1 Bewerbungsstrategien 65
5.2 Tipps für Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsgespräch 69
5.3 Planung einer beruflichen Selbständigkeit 76
6. Promovierte in alternativen Berufsfeldern: Porträts 81
6.1 Exkurs: Alternative wissenschaftliche Tätigkeiten 83
6.1.1 Fachhochschulprofessorin 83
6.2 Wissenschaftsmanagement 93
6.2.1 Forschungsreferentin in der Universitätsverwaltung 93
6.2.2 Referentin im Schreibzentrum 104
6.2.3 Referent bei einer Forschungsförderorganisation 114
6.3 Politik und Verwaltung 123
6.3.1 Referentin im Ministerium 123
6.3.2 Politische Referentin in einer Nichtregierungsorganisation 132
6.3.3 Referent in einer Stiftung 142
6.4 Kultur, Medien, Bildung 151
6.4.1 Verlagslektor 151
6.4.2 Wissenschaftlicher Bibliothekar 160
6.4.3 Media Consultant bei einer Zeitung 169
6.5 Wirtschaft und Beratung 177
6.5.1 Personalerin in einem Unternehmen 177
6.5.2 Unternehmensberaterin 188
6.5.3 Selbständig als Trainer 197
7. Schlusswort: Beruflich neue Wege gehen 206
8. Anhang 210
8.1 Berufswechsel und Zielfindung 210
8.2 Berufsfelder und Netzwerke 211
8.3 Jobbörsen, Bewerbung und Berufseinstieg 214
8.4 Unterstützung an Wissenschaftseinrichtungen 216
8.5 Informationen zum Wissenschaftsmanagement 217
8.6 Informationen zur beruflichen Selbständigkeit 219
9. Literatur- und Quellenverzeichnis 221
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