Die Stadt der Tiere

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570146316
Sprache: Deutsch
Umfang: 304 S.
Format (T/L/B): 3 x 22 x 14 cm
Lesealter: 10-99 J.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Der Terrier Sandino hat mitten in Berlin ein Bündnis der Tiere zusammengerufen, das es sich zum Ziel gesetzt hat, bedrohten Vierbeinern zu helfen - über alle Artengrenzen hinweg. Eines Nachts tagt wieder der Bündnisrat: Sigrid, das dickste Eichhörnchen der Stadt, Ignaz, der Igel, Hannes, der hinkende Fuchs, Rocky und Honecker, die greisen Hunde, und Rolf und seine Spatzenfreunde nehmen an dem Treffen teil. Sie staunen nicht schlecht angesichts des seltsamen Gastes, der sich am Lagerfeuer eingefunden hat. Eine magere Ratte, die sich "König von Kreuzberg" nennt, bittet um Hilfe für sich und ihr Volk der langschwänzigen Nager. Sie berichtet von einer heimtückischen Krankheit, die ihresgleichen dezimiert. Die kranken Tiere verspüren keinen Hunger, können nicht mehr fressen und verenden jämmerlich. Der Rattenkönig behauptet, die Krankheit sei von einer großen Albino-Ratte, die die Zweibeiner ihnen geschickt hätten, über sein Volk gekommen. Diese weiße Ratte ist verschwunden. Erschöpft bricht die magere Ratte nach ihrem Bericht zusammen. Den Tieren sträuben sich die Nackenhaare ... Am nächsten Morgen findet Sandino auf seinem Morgenspaziergang den König von Kreuzberg tot in einem Gebüsch - verhungert. Nach und nach verstärken sich die Gerüchte über die unheimliche Rattenkrankheit, doch alle Nachforschungen der Tiere des Bündnisses bei Tauben, Enten, Mardern, Hunden, Katzen, Mäusen in der Stadt bleiben ergebnislos - bis Sandino und sein Freund Finn eines Tages auf das Versuchslabor von "Happy Pharma" stoßen. Dort wird ein Diätmittel getestet. Die gerade neu angelieferten Versuchstiere: Ratten aus Mexiko ...

Autorenportrait

Martin Klein wurde 1962 in Lübeck geboren. Nach Abitur, Zivildienst und einem kurzen Zwischenspiel als Sportstudent wurde er Landschaftsgärtner und studierte Landschaftsplanung. 1990 erschien sein erstes Kinderbuch "Lene und die Pappelplatztiger". Er lebt als freier Autor und Landespfleger in Berlin.

Leseprobe

Der König von Kreuzberg Am südlichen Ende des lang gestreckten Görlitzer Parks bildet ein trüber Wasserlauf die Verbindung zwischen Landwehrkanal und Spree und gleichzeitig die Grenze zwischen den Berliner Stadtteilen Kreuzberg und Treptow. Zwei Brücken führten dort dicht nebeneinander über das Wasser. Die erste war eine marode Eisenbahnbrücke mit großen Löchern zwischen den bröselnden Schwellen und Bewuchs von Rauken und Steinklee. Sie erinnerte daran, dass der Park in vergangener Zeit einmal ein Bahnhof gewesen war. Der zweite Übergang war neu und für Fußgänger und Radfahrer angelegt. Auf der Treptower Seite befand sich die Wagenburg. Der Name erinnert an eine Festungsanlage, doch damit hatte die Siedlung nichts gemeinsam. Ebensowenig glich sie einer Planwagenformation, mit denen Siedler in Wildwestfilmen Indianerangriffe abwehren. Etwa zwei Dutzend Gefährte standen ohne eine bestimmte Ordnung kreuz und quer zwischen der Uferlinie und der nächstgelegenen Straße herum. An der Gewässerseite bildete eine kleine, von einer alten Esche und einer großen Eiche beschirmte Promenade die Grenze. In der anderen Richtung endete die Wagenburg am Asphalt des Bürgersteigs. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite schloss sich eine Häuserreihe an. Einige Wohnwagen waren kaum größer als ein Schäferkarren, andere erreichten die Größe eines Eisenbahnwaggons. Ein paar alte LKW, deren Aufbauten zu winzigen Wohnungen ausgebaut waren, standen auf dem Gelände, ohne dass ein Parkschein die Dauer begrenzte. Die Räder und Kotflügel waren von hohem Gras und großblättrigen Kletten überwachsen, und die Wagen wirkten wie bunte Blechpilze, die eines Tages zufällig zwischen Sträuchern und Stauden aus dem Boden geschossen waren. Nahe der Brücke stand ein Kuppelzelt mit der Aufschrift Räteregierung. Verschiedene Wege und Trampelpfade, die von noch jungen Bäumen und kleinen Wiesenstücken gesäumt waren, durchzogen das Gelände. Viele Wagen waren bunt bemalt, an einem hing ein Schild mit der Aufschrift Volxküche und auf der Rückwand eines großen Zeltes stand weithin lesbar: Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten. Sandino hätte es etwas anders formuliert: Die Grenze verläuft zwischen denen mit zwei und denen mit vier Beinen. Die Wagenburg war auf keinem Stadtplan verzeichnet und auf keinem Amt gemeldet, aber sie war trotzdem da. Ihre Bewohner lebten aus den unterschiedlichsten Gründen dort, aber die meisten hatten eine Gemeinsamkeit: Sie waren nicht bereit, jede Vorschrift anzuerkennen. Als diese Geschichte begann, waren die Kastanien schon verblüht. Die Tage wurden länger und länger. Der Sommer ließ sich nicht mehr aufhalten, aber die Nächte blieben manchmal noch kühl. Lobo war zu Besuch in der Wagenburg und lag mit Rocky und Honecker im Staub. Zusammen blinzelten sie in das milde Licht des Abends und sahen träge zu, wie Sandino ziemlich eilig näher kam. Lobos Statur mit der vom Nacken zum Schwanz etwas abfallenden Rückenpartie und die graubraune Färbung seines Fells erinnerten an einen Wolfshund, aber der Kopf war breiter und die Schnauze stumpfer. Von der Nase bis fast zur Stirn trug er eine breite Narbe und quer über seinen Rücken lief eine Reihe dunkler Streifen, die ihm den Spitznamen 'Zebra' eingebracht hatte. Die anderen Hunde hatten keine Ahnung, welche seltsame Mischung von Rassen zu diesem wunderlichen Ergebnis geführt haben mochte. Lobo lebte ohne Zweibeiner und Artgenossen zurückgezogen in einem stillgelegten Fabrikgelände in Schöneweide. Zu Menschen wahrte er stets große Distanz. Nicht einmal die Zweibeiner, die in der Wagenburg lebten, durften ihn anfassen. Manchmal suchte er aber die Gesellschaft der Hunde hier und holte sich nebenbei etwas zu fressen ab. Sandino, der kleine Terrier, hatte sein Artgenossen erreicht. 'Gute Fährte!' 'Gute Fährte', erwiderten drei tiefe Stimmen. 'Heute Nacht findet an der Feuerstelle eine Versammlung statt' ...