Beschreibung
'Die Eltern weinen und klagen sehr! Zu spät. Sie sehen ihre Kinder nie mehr.' (Rattenfänger von Hameln) Wie im Märchen vom Rattenfänger von Hameln verschwinden zwölf Kinder von einem Tag auf den anderen. Die Ermittlungen drehen sich im Kreise. Profiler-Legende Richard Claudius und sein Assistent Hugo Hoffer sind verzweifelt. Dann aber stoßen sie im Internet auf entscheidende Hinweise. Pirinçcis Thriller sind die schwärzesten und besten.
Autorenportrait
Akif Pirinçci wurde 1959 in Istanbul geboren und wuchs in der Eifel auf. Mit seinem Katzenkrimi Felidae, der als Trickfilm auch das Kinopublikum eroberte, schrieb er sich in die Herzen einer internationalen Fangemeinde. Die folgenden Romane stürmten ebenfalls die Bestsellerlisten, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erzielten weltweit Millionenauflagen. 2010 wurde Akif Pirincci mit dem Katzen-Krimi-Ehrenpreis ausgezeichnet. Der Autor lebt in Bonn.
Leseprobe
Das Computerspiel 'Die Siedler von Uris' war im Netz innerhalb von wenigen Wochen zu einer Sensation geworden. Die Handlung spielte in der mittelalterlichen Fantasywelt Uris, ein idyllischer Landstrich, dem augenscheinlich ein Klischee-Irland Modell gestanden hatte: saftige Wiesen über hügeligem Gebiet und schroffe Felsabhänge am rauschenden Meer. Der Reichtum von Uris bestand aus seltenen Erzen, die tief in der Erde schlummerten. Die Aufgabe der Siedler war es, das Erz in einem verschachtelten Minennetz abzubauen, zutage zu fördern und schließlich Handel damit zu treiben. Jeder Spieler war Führer eines Siedlerclans, der möglichst schnell einen Erfolg im Erzgeschäft von Uris verbuchen mußte. Da es sich bei der Gewinnung von Erz um ein sehr personalintensives Geschäft handelte, war unabdingbar, daß der Clan die Anzahl seiner Mitglieder ständig vergrößerte, um gegen die anderen Clans konkurrenzfähig zu bleiben und sie am Ende auszustechen. Der neue Clan mußte also zwecks Steigerung der Arbeitskraft unablässig dafür sorgen, daß möglichst viele neue Menschen in die Welt gesetzt wurden. Dies wiederum bedeutete unweigerlich, daß man mit den anderen Clans zumindest biologische Allianzen schloß. Konkret hieß das: Männer und Frauen des eigenen Clans mußten mit Frauen und Männern der anderen Clans anbändeln, sich mit ihnen vermählen und mit ihnen möglichst viele Kinder zeugen. Es war eigentlich wie im richtigen Leben: Jedes Kind, das im Land Uris das Licht der Welt erblickte, wurde von den Eltern mit Hoffnungen, Wünschen und Befürchtungen begleitet, und jedes Kind hielt im Laufe seines Erwachsenwerdens für seine Eltern eine Überraschung parat. Die Aufzucht der Kinder kostete den Spieler viele Energiebeziehungsweise Minuspunkte, was ihn in einen regelrechten Abwägungsstreß brachte. Er mußte pausenlos ausloten, ob er die vorhandenen Leute zu mehr Arbeit antreiben oder besser Pärchen bilden und durch sie mehr Kinder in die Welt setzen sollte. Keine oder wenig Kinder zu zeugen und die eigenen Leute sich unermüdlich in den Minen abstrampeln zu lassen, bedeutete den sicheren Untergang. Die Clan-Mitglieder wurden alt, ihre Kräfte erlahmten, bis sie schließlich starben und so den Clan verkleinerten. Viele Kinder waren gut, aber sie bedeuteten zugleich mehr Nahrungsbeschaffung und Zeit- und Energieaufwand, also frustrierende Minuspunkte. Im Lande Uris steckte man immerwährend in einem Dilemma. Zudem war der Lohn der Investition in Nachwuchs keineswegs garantiert, da die Kinder ohne weiteres als Erwachsene zur Konkurrenz überlaufen konnten. Die große Frage, für welchen Clan das einzelne Kind später seinen Minendienst verrichtete, hatten die Spiel-Erfinder verblüffend geistvoll beantwortet: Jede Figur im Land Uris besaß einen einzigartigen Charakter, und in der richtigen Zusammenfügung dieser Charaktere lag der eigentliche Schlüssel zum Erfolg des Computerspiels. Wenn der Spieler die richtigen Paare zu Eltern machte, sorgten diese durch Vererbung ihrer Charaktereigenschaften dafür, daß die entstandenen Kinder sich schon auf die Seite des eigenen Clans schlugen. Das Ganze war eine Art Glücksspiel, nur daß ein gehöriges Maß an Vorausschau und strategischem Geschick das Glück beeinflussen konnte. Und im Gegensatz zum richtigen Leben wurden die Kinder in Uris innerhalb von zehn Minuten erwachsen und konnten dann ihre Arbeit in den Erzminen aufnehmen. Der Suchtfaktor des Computerspiels wurde durch ominöse Gerüchte im Internet weiter angeheizt. Angeblich gab es einen todsicheren Trick, wie man sich der riskanten Strategie der Kinderproduktion hemmungslos hingeben konnte, ohne Minuspunkte einzukassieren. In der Spielanleitung war davon allerdings nichts zu finden. Vielleicht war es auch nur eine aus Überdruß geborene Spinnerei von gescheiterten Spielern. Die Schweine verrieten den Trick jedenfalls nicht und begnügten sich allein mit hämischen Andeutungen. Hugh klappte den Laptop auf seinem Schoß zusammen und seufzte. Das grüne Uris-Land wich ei Leseprobe