Wie die Weiten des Himmels

Auch erhältlich als:
10,00 €
(inkl. MwSt.)
In den Warenkorb

Nachfragen

Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963620102
Sprache: Deutsch
Umfang: 457 S.
Format (T/L/B): 4 x 18.9 x 12.6 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Colorado 1876: Hals über Kopf gibt Dr. Molly Whitcomb ihre Stelle als Dozentin für moderne Sprachen auf und reist in den Westen, um an einer Dorfschule in den Rocky Mountains als Lehrerin zu arbeiten. Aber warum kauft sie sich in einem Juwelierladen einen Ehering? Welches Geheimnis umgibt diese talentierte junge Frau? James McPherson, der sympathische Sheriff von Timber Ridge, ist von den ungewöhnlichen Unterrichtsmethoden der neuen Lehrerin beeindruckt. Bald redet das ganze Dorf von ihr und Timber Ridge verändert sich. Aber wie lange wird es dauern, bis ihr Geheimnis ans Licht kommt? Und wie wird der Sheriff dann reagieren, der in der attraktiven Lehrerin inzwischen mehr sieht als nur eine begabte Pädagogin?

Autorenportrait

Tamera Alexander ist für ihre historischen Romane schon mehrfach mit dem Christy Award ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten christlichen Buchpreis in den USA. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern in Nashville.

Leseprobe

Kapitel 1 Sulfur Falls, Colorado-Territorium 26. Juli 1876 Molly Ellen Whitcomb stieg aus dem Zug und betrat den Bahnsteig von Sulfur Falls. Einen Moment lang blieb sie stehen, da sie nicht sicher war, wohin sie gehen und was sie tun sollte. Und das nicht nur in einer Hinsicht. Der Pfiff des Zuges hallte schrill von den Bahnhofswänden wider und wehte über den offenen Bahnsteig, auf dem sich viele Menschen drängten. Die Lokomotive stieß unablässig Rauch und Ruß aus. Ein unmissverständliches Räuspern hinter ihr drängte sie, endlich weiterzugehen. Jeder Schritt kostete sie viel Kraft und machte ihr schmerzlich bewusst, warum sie überhaupt hier war. Und wie tief sie gefallen war. Sie klemmte sich die abgegriffene Zeitschrift unter den Arm und folgte dem Strom der aussteigenden Fahrgäste. Vier Tage früher als geplant kam sie in Sulfur Falls an. Dem Bürgermeister von Timber Ridge hatte sie ein Telegramm geschickt, um ihn über ihr früheres Eintreffen zu informieren, aber auf dem Telegrafenamt hatte man ihr mitgeteilt, dass die Telegrafenleitungen aufgrund schwerer Regenfälle außer Betrieb waren. Sie warf einen Blick zum grauen Himmel hinauf, rieb sich den schmerzenden Rücken und bezweifelte, dass sich daran etwas geändert haben könnte. Hoch über der kleinen Viehhandelsstadt thronten im Westen die majestätischen Gipfel der Rocky Mountains, die stellenweise immer noch schneebedeckt waren. Bilder von den Bergen hatte sie schon gesehen. Schon die grauen Schwarz-Weiß-Fotos waren sehr eindrucksvoll gewesen, aber diese Pracht mit eigenen Augen zu sehen, war etwas völlig anderes. Fast hatte sie das Gefühl, sie müsse aus Respekt einen Knicks machen. Doch dann kam plötzlich ein stärkerer Wind auf und sie verzog das Gesicht. Der Gestank von Dung lag schwer in der Luft, Müll säumte den Bahnsteig und den Straßenrand. Plötzlich reagierte ihr Magen auf den unangenehmen Geruch, und sie hielt sich eine Hand vor die Nase. Als der Schaffner ihr gestern in Denver erklärt hatte, dass Sulfur Falls die Endstation sei, hatte er nicht übertrieben. Hundert Meter hinter dem Bahnhof endeten die Zuggleise und führten in einem Bogen zum Bahnhof zurück. "Das Gepäck kann dort hinten abgeholt werden, Ma'am! Ganz hinten, links." Obwohl sie kaum Luft bekam, hob Molly den Blick und sah, wohin der Schaffner deutete. Er warf einen Blick auf die Zeitschrift unter ihrem Arm. "Soll ich das für Sie entsorgen, Ma'am?" Sie verstärkte ihren Griff um die Zeitschrift. "Nein, ich will sie noch behalten. Trotzdem vielen." Der Dank erstarb ihr auf den Lippen, weil sich der Mann bereits abgewandt hatte. Sie bewegte sich in die Richtung, in die er gedeutet hatte, als ihr Blick auf ein Geschäft auf der anderen Straßenseite fiel. Das Holzschild über der Ladentür schaukelte im Wind, als wolle es Molly zu sich locken. So leise wie das Flattern eines Schmetterlingsflügels regte sich ein Gedanke in ihr. Sie zögerte und trat zur Seite, um die anderen Fahrgäste vorbeizulassen. Sie hatte Skrupel. Dieser Gedanke stellte ihre Integrität infrage und widersprach allem, was sie ihren Studenten am Franklin College in Athens, Georgia, nach Kräften hatte vermitteln wollen. Skrupel. Integrität. Ehrlichkeit. "Unrecht gepaart mit Unrecht ergibt noch kein Recht, Miss Cassidy", hatte sie im letzten Herbst eine Studentin getadelt, die betrogen hatte und danach versucht hatte, sich durch Lügen aus der Affäre zu ziehen. Molly starrte das Holzschild an und wusste, dass sie genau das Gleiche versuchen würde, wenn sie jetzt ihrem Impuls folgte: Sie würde versuchen, ein Unrecht durch ein zweites aufzuheben. Plötzlich wurde ihr heiß und kalt, als sie sich daran erinnerte, wie sie erst vor drei Wochen am frühen Morgen vor Beginn der ersten Vorlesung ins Büro des Collegepräsidenten bestellt worden war. Ihre Entlassung vom Franklin College war schnell und demütigend gewesen. Was sie getan hatte, war falsch gewesen. Das wusste sie. Das hatte sie nie infrage gestellt. Aber die Strafe war viel zu