Beschreibung
Kurze scharfkantige Stücke, Prosakobolde, die das Sarkastische und Skurrile nicht scheuen, im Wortlaut auskristallisiert, und literarische Notationssysteme des Alltags haben in letzter Zeit Wolfgang Hegewalds Prosaschreiben geprägt und regiert. Eine literarische Fee - vermutlich mittleres Management im Literaturbetrieb - dringt unversehens und unbefugt in die Wohnung eines Schriftstellers namens Wolfgang Hegewald ein und will ihn zwingen, eine Suggestivfrage zu beantworten: Ob er in Zukunft lesen oder schreiben möchte. Nur eins sei möglich. In seiner Not schlägt der Schriftsteller die Fee bewusstlos und bringt sie vor seinem Schreibtisch in eine stabile Seitenlage. Nun muss er zwar nicht antworten, aber die Fee erholt sich rasch - und bleibt. Diese Figurenkonstellation mit ihren Wendungen und Überraschungen, ihrer Situationskomik, ihren Verwandlungen und unberechenbaren Erfahrungen sorgt für ein dramaturgisches Gefüge, das eine Reihe von kurzen Texten verbindet. Das komponierte Prosakonvolut besteht aus siebzig Mikrokapiteln, die in der Tradition von Capriccios mit Formen des Komischen und Grotesken und dem Interesse an Aufklärung und ihren Abgründen spielen. Dieses Spiel verbindet sich mit Wahrnehmungspartikeln des Alltags, ob in Barmbek-Süd oder rund um ein Hausboot namens BARTLEBY im Stadthafen von Schleswig. Wahrnehmung steht in dieser Prosa für Weltseitenblicke und Weltneugier, nicht für Ich-Introspektion. Durch die Kapitel hindurch fungiert das Phantastische, nach einem Diktum von Julio Cortázar, als Methode zur Überprüfung des Wirklichen. Spaziergänge, poetologische Reflexionen, Träume, Erinnerungsfetzen, polemische Interjektionen zur Zeitgenossenschaft, Sprachspiele - das Repertoire ist groß. Kein Plot, nirgends. Das Modell dieser Prosa scheint ein Mobile zu sein: ein fein austarierter Schwebezustand der Teile und Teilchen. Der im Untertitel anklingende Heimatbegriff ist elliptisch beschaffen, mit den Polen Schreiben und Wohnen.
Leseprobe
Die Einladung Der Gedanke gerann bald zur fixen Idee: Ich lade meine besten Freunde auf meinen Westbalkon ein, und wir feiern gemeinsam den Klimaausklang. Wenn das kein Anlass wäre! Anderen genügte schon eine enharmonische Verwechslung, um daraus eine lautstarke Party zu machen. Einladungen zu Sommergewittern, Winterdepressionen, Wonnemonden oder Sonnenstichen, auch das hatten wir alles schon. Aber wie schäbig und kahl muten diese konventionellen Einfälle, sich die Zeit gemeinsam zu vertreiben, gegen einen festlichen Klimaausklang an. Edle Atmosphäre schlürfen und verkosten. Feine Klimanoten im Gaumen registrieren und genießen, aromatische Anspielungen und Variationen aller Art. Dazu servierte ich Karpfen, gebacken, nach Rügener Art, mit Meerrettich. Meerrettich und Schiffbruch, der Zusammenhang gab mir seit jeher zu denken. Und ich lachte mir ins Fäustchen, weil sich keiner meiner Gäste einen Reim darauf machen könnte, warum ich ausgerechnet Karpfen auftischte.
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