Beschreibung
Das Konzept der Humandifferenzierung bezeichnet einen Forschungsansatz zu der Frage, wie Menschen sich unterscheiden: sowohl voneinander als auch von nicht-menschlichen Entitäten wie Tieren und Artefakten. Die kulturelle Differenzierung von Menschen läuft zeitgleich in verschiedenen Sinnschichten des Kulturellen ab: Sie wird perzeptiv durch kognitive Schemata vollzogen, sprachlich durch Lexeme, Redewendungen und grammatische Strukturen, diskursiv durch Erzählungen, populäre und gelehrte Thematisierungen, praktisch durch situierte Tätigkeiten und habitualisiertes Gebaren, sozialstrukturell durch soziale Gebilde von Organisationen über imaginierte Gemeinschaften bis zu gesellschaftlichen Teilsystemen, und schließlich auch in materiellen Infrastrukturen aus habituell geformten Körpern, Artefakten und Kommunikationsmedien. Der Band versammelt theoretische Überlegungen und empirische Analysen aus Soziologie, Sozialpsychologie, Ethnologie, Geschichts- und Translationswissenschaft, Theater- und Medienkulturwissenschaft, Amerikanistik, Afrikanistik und Germanistik. Seine Beiträge untersuchen Ordnungsprozesse von feinen kognitiven Unterscheidungen über die verschiedenen Aggregatzustände der Sprache und die bürokratische Rekategorisierung von Flüchtlingen bis zur Geschichte gesellschaftlicher Differenzierung. Sie analysieren Grenzverwischungen: in Translationsprozessen, in der Ambiguität der Bildstrecken von Lifestyle-Magazinen, in der spielerischen Camouflage des Translanguaging und den Seiten¬wechseln von Schauspielern, in der Kombination von Leistung und Behinderung in der Bühnengeschichte und im systematischen Vergleich von Alter und Rasse als Formen der Humandifferenzierung. Schließlich betrachten sie die Außengrenzen des Humanen: die humanoiden Maschinenwesen der Robotik, die dienenden Unpersonen digitaler Assistenzsysteme sowie die Humandifferenzierung durch die Algorithmen der Videoüberwachung.
Autorenportrait
Die Herausgeber/innen sind Professor/innen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: die Translationswissenschaftlerin Dilek Dizdar ist Dekanin des Fachbereichs Translations, Sprach und Kulturwissenschaft, der Soziologe Stefan Hirschauer ist Fellow des GutenbergForschungskollegs, der Historiker Johannes Paulmann ist Direktor des LeibnizInstitutes für Europäische Geschichte, die Medienkulturwissenschaftlerin Gabriele Schabacher ist Geschäftsführende Leiterin des Instituts für Film, Theater, Medien und Kulturwissenschaft.
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