Beschreibung
Dieses Buch zeigt eine neuartige theologische Begründung für die mögliche Teilhabe von wiederverheirateten Geschiedenen am eucharistischen Mahl. Der Text erörtert die kirchenrechtlichen Bestimmungen, analysiert die Sünde moraltheologisch aus dem sittlichen Akt und bewertet eine zivile Wiederheirat vom Wesen des Ehesakraments her. Die Lösung der Problematik folgt aus der Dogmatik. Die Theologie der Eucharistie begründet einen unlösbaren Zusammenhang von Kirchengliedschaft und Eucharistie. So wird deutlich, wie sehr die Eucharistie-Koinonia tiefer reicht als jene Hindernisse und Widersprüche, welche die Kreatur auf ihren Abwegen und Umwegen in dieser Zeit überhaupt zu vollbringen vermag. Ein Beitrag zur Überwindung des Widerstreits zwischen pastoralen Postulaten und Lehrmeinungen auf dem Weg theologischer Vertiefung.
Autorenportrait
Thomas Schumacher, Dr. phil. Dr. theol. Autor zahlreicher systematischer und theologiegeschichtlicher Publikationen u.a. zur christlichen Existenz, Trinität, Feier der Eucharistie, Theologie des Amtes
Leseprobe
Über die Frage der Nichtzulassung von zivilrechtlich wiederverheirateten Geschiedenen zum eucharistischen Mahl wird eine heftige Auseinandersetzung geführt. Die Kontroverse ist nicht neu. Seit Beginn des 20. Jhd. rezidivierend, hat sie sich in mehreren Wellenbewegungen zugespitzt. Einmal mehr werden nunmehr die außerordentliche Bischofssynode 2014 und die ordentliche Versammlung 2015 im Kontext der Beratungen um Ehe und Familie auch mit dieser Problematik befasst. Über Fragestellungen zur Ehe hinaus betrifft die Frage der Nichtzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zum eucharistischen Mahl eine komplexe Thematik, welche die kirchenrechtliche Interpretation der cann. 915 und 916 CIC/1983, die mit diesen Canones einhergehende dogmatische sowie moraltheologiesche Frage nach Wesen und Beurteilung der Sünde sowie grundlegend die dogmatische Frage nach der Theologie der Eucharistie, den Zusammenhang von Kirchengliedschaft und Eucharistiekoinonia sowie deren pneumatische Verankerung in der Gnade umfasst. Zur Steigerung der Komplexität trägt bei, dass in der Kontroverse keineswegs etwa die grundlegenden theologischen und kirchenrechtlichen Fragen im Vordergrund stehen, sondern die Auseinandersetzung von Vorstellungen überlagert wird. Auf der einen Seite richtet sich der Fokus auf die pastorale Dringlichkeit angesichts der Realität insbesondere in industrialisierten und postindustriellen Gesellschaften, in denen statistisch gesehen mehr als jede dritte Ehe geschieden wird, während zugleich immer weniger Lebenspartnerschaften überhaupt in einer institutionalisierten Form von 'Ehe' geschlossen werden, zumal die Form der Lebenspartnerschaft nicht mehr gesellschaftlich normiert oder sanktioniert begegnet. Eine lebenslange Partnerschaft ist gesellschaftlich de facto nicht mehr die Regel. Diese Entwicklung macht auch nicht vor gläubigen Christen halt. Auf der anderen Seite stehen jene, welche die Unauflöslichkeit der Ehe als Sakrament unterstreichen: eine Wesenseigenschaft, die von ersterer Gruppe, welche den Ruf nach Barmherzigkeit erhebt, übrigens nicht oder zumindest normalerweise nicht geleugnet wird. So reden die Konfliktparteien weitgehend aneinander vorbei, solange sie nicht die grundlegenden theologischen und kirchenrechtlichen Fragen in Angriff nehmen. Ob dies im Rahmen der Arbeitsphase zwischen den Bischofssynoden 2014 und 2015 gelingt, soll erhofft, mag aber bezweifelt werden. In seinem Vortrag anlässlich der Eröffnung des Konsistoriums am 20. Februar 2014 hat Kardinal Walter Kasper darauf hingewiesen, in welch vielerlei Hinsicht das Problem der wiederverheiratet Geschiedenen komplex und dornenreich ist. Mit Blick auf die bevorstehenden Bischofssynoden wurden konkrete Problematiken skizziert, Fragen aufgeworfen und so mögliche Lösungswege jenseits von Laxismus und Rigorismus angedeutet. Kardinal Kasper illustriert die gegenwärtige Aporie durch ein Fallbeispiel eines zivilrechtlich wiederverheirateten Geschiedenen, der das Versagen auf der geschichtlichen Ebene des Mit-Seins in seiner ersten (zugleich sakramentalen) Ehe bereut und die Verbindlichkeiten geklärt hat, der sich inzwischen in einer neuen (nichtsakramentalen) dauerhaften Lebenspartnerschaft befindet, welche man aufgrund der Kinder aus dieser Lebenspartnerschaft ohne neue Schuld nicht lösen könnte, und der sich bei aller Verfahrenheit in seinen Lebensverhältnissen trotz allem redlich müht, aus dem Glauben zu leben, wobei es ihn gemäß seiner Christus- und Kirchengliedschaft nach Teilhabe am sakramentalen Leben der Kirche verlangt. Wie könne man ihm das Sakrament der Buße und die Kommunion verweigern? Sollen zivilrechtlich wiederverheiratete Geschiedene an der Teilhabe am eucharistischen Mahl gehindert sein oder gehindert werden, so kann dies nicht anders als nach Maßgabe des Rechts erfolgen. 'Jeder Getaufte, der rechtlich nicht daran gehindert ist, kann und muss zur heiligen Kommunion zugelassen werden'. Durch diese Bestimmung konkretisiert can. 912 CIC/1983 ein in der Christus- und Kirchengliedschaft zutiefst begründetes 'Recht, aus den geistlichen Gütern der Kirche, insbesondere dem Wort Gottes und den Sakramenten, Hilfe [] zu empfangen' (can. 213 CIC/1983). Cann. 915 und 916 benennen konkret, unter welchen Bedingungen ein Christgläubiger von der Teilhabe am eucharistischen Mahl gehindert ist. Eine Nichtzulassung oder Nichtberechtigung zur Teilhabe am eucharistischen Mahl kann, abgesehen von Exkommunikation oder Interdikt, nur in der schweren Sünde begründet sein. 1. Dass eine solche im Fall der wiederverheirateten Geschiedenen definitiv vorliegt, blieb so lange kaum zu bestreiten, wie das Eherecht des CIC/1917 in Kraft und das dieser Regelung zugrunde liegende Eheverständnis maßgeblich anerkannt war. Von jenem Eheverständnis her, welches der Rechtsordnung des CIC/1917 zugrunde liegt, wird nachvollziehbar, dass u.a. Familiaris Consortio Nr. 84 den fortdauernden Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe an der geschlechtlichen Vereinigung mit einer anderen Person als dem eigenen Ehepartner festmacht, welche einen Vertragsbruch des exklusiv eingeräumten ius in corpus bedeutet, was im Fall eines zivilrechtlich wiederverheirateten Geschiedenen zudem öffentlich manifestiert ist. Da gemäß CIC/1917 der bestehende Ehevertrag mit jedem neuen ehevertragsbrecherischen Geschlechtsakt immer wieder von neuem gebrochen wird (toties - quoties), kommt außer der Trennung vom neuen Partner höchstens eine Selbstverpflichtung auf eine enthaltsame Lebensweise in Frage, um nach Auffassung von Familiaris Consortio Nr. 84 nicht in fortwährender Sünde hartnäckig zu verharren und zum Empfang der Sakramente wieder zugelassen werden zu können. Das erneuerte Eheverständnis, welches durch Vat. II in GS 47-52 zum Ausdruck gebracht worden ist und Eingang in den CIC/1983 gefunden hat, kennt kein ius in corpus mehr. Stattdessen ist die Wesensbestimmung der Ehe als eine das ganze Leben einbeziehende Schicksalsgemeinschaft neu eingeführt worden (GS 48). Der Aspekt geschlechtlicher Vereinigung steht nicht für sich im Fokus, sondern steht als personale Ausdrucksform des gegenseitigen Schenkens und Annehmens im direkten Zusammenhang mit einer personalen Gemeinschaft des Lebens (GS 49). Insofern stellt sie auch ein vorzüglich geeignetes Ausdrucksinstrument für jene eheliche Gemeinschaft dar, welche in der Form des Ehesakraments vollzogen wird. Eine sich möglicherweise auch in geschlechtlicher Gestalt ausdrückende gelebte personale Gemeinschaft eines zivilrechtlich Geschiedenen, der mit seinem früheren Lebenspartner, mit dem er einst eine sakramentale Ehe eingegangenen ist, keine personale Gemeinschaft mehr hat, verletzt in dieser Hinsicht kein Recht dieses früheren Partners. Es existiert nämlich kein ius in corpus als ein für sich bestehendes Anrecht, gegen welches durch spätere Geschlechtsakte mit einer anderen Person, mit der man sich zu diesem Zeitpunkt im Zustand der personalen Gemeinschaft befindet, verstoßen würde. Vielmehr ist infolge des Wegfalls des geschichtlichen Vollzugs der personalen Gemeinschaft mit dem früheren Ehepartner, mit dem die Ehe als Sakrament eingegangen worden ist, auch die personale Beziehungsgrundlage für jeglichen geschlechtlichen Ausdruck entfallen. Also begeht der Betreffende nicht ständig neu eine mit seinen Lebensverhältnissen einhergehende, im geschlechtlichen Vollzug bestehende Sünde des Ehebruchs toties - quoties. 2. Darüber hinaus bleibt durchaus zu fragen, wie die Lebensverhältnisse des konkreten wiederverheirateten Geschiedenen auch ohne Bezug auf ein ius in corpus sittlich zu bewerten sind, ob oder inwiefern diese einen Akt der Sünde begründen. Für diese Beurteilung bleiben auch die Umwälzungen in Moralvorstellungen und Lebenswirklichkeiten nicht ohne Bedeutung sowie die Realitäten in dieser Welt, welche von Entfremdungen, Wunden und Strukturen der Sünde gezeichnet sind. Für die Frage nach der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Eucharistie bedeutet dies ...
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