Beschreibung
Vom ersten Moment an weckt Ingrid das Interesse ihrer männlichen Begleiter. Die Blicke der Matrosen heften sich an ihre Beine, die Offiziere stellen ihr nach, und der Kapitän sitzt ganze Nächte lang vor ihrer Kabine, von tiefem Liebesschmerz getroffen. Dabei ist Ingrid verwundert, sogar verärgert darüber, plötzlich die Auserwählte zu sein. Sie möchte nur Freundschaft schließen, mitmachen, mitfeiern. Eine moderne Frau, die den herrschenden Vorstellungen von Weiblichkeit nicht entspricht und auf ihre Weise versucht, sich mit Humor und Einfallsreichtum gegen die Übergriffe zu wehren. Dieser selbstbewußte Roman über eine Frau und einen Haufen Männer erschien 1933 und entstand nach einer Schiffsreise, die Norah Lange selbst zu ihrer Familie nach Norwegen unternommen hatte.
Autorenportrait
Norah Lange wurde 1905 als Tochter eines nach Argentinien eingewanderten norwegischen Ingenieurs geboren. Mit Jorge Luis Borges gab sie schon früh Avantgardezeitschriften heraus, ihr Gedichtband La calle de la tarde (1925) wurde von ihm mit einem Prolog versehen. In der Folge veröffentlichte Norah Lange noch zwei weitere Gedichtbände und 1927 ihren ersten Roman. 45 Tage und 30 Matrosen ist ihr 1933 erschienener zweiter Roman. Mit ihrem Mann, dem argentinischen Dichter Oliverio Girondo, wurde sie zu einem der schillerndsten Paare der argentinischen Literaturszene. Besondere Berühmtheit erlangten Norah Langes phantastische Reden auf Dichterbanketten. Sie starb 1972.
Leseprobe
Und das Meer hält während dieser ersten beiden Tage ihre Augen fest. Das Meer, das ihr bis zu den Büchern, den Augen, den Worten steigt. Der Wind, der ihre Haare zerzaust und ihr den Rock an die gut sichtbaren Beine heftet. Sie legt sich in die Sonne, über den Frachträumen, und die Hitze schläfert sie ein und versetzt sie in irreale Träume, in denen sie immer allein ist. Die Augen der Männer entkleiden sie im Vorübergehen von Sonne und Wind, und jeder einzelne von ihnen beginnt, sie in einen Traum geteilter Einsamkeit mitzunehmen.