Beschreibung
Als "Insel der Seligen" oder "Diktatur der Gartenzwerge" wird das Österreich der 1950er Jahre wahrgenommen. Auch für die österreichische Literatur dieser Zeit haben sich zwei dominante Deutungsmuster etabliert: "das Narrativ der Germanistik, die die gesamte deutschsprachige Nachkriegsliteratur in Bausch und Bogen usurpiert hat", und der "austriakische Mythos, der allzu sehr auf den Erinnerungen und nachträglichen Konstruktionen der Beteiligten beruht", wie Wynfrid Kriegleder konstatiert. Diesem Spannungsfeld widmet sich treibhaus zum Dezennium seines Erscheinens kritisch, umsichtig und vorbehaltlos. Die Begründung einer genuin österreichischen Literatur erfolgte durch die verworrenen politischen Verhältnisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter erschwerten Voraussetzungen: Die kurze Zeitspanne der 1918 entstandenen Ersten Republik hatte bis zum "Anschluss" 1938 keine stabile nationale Identität hervorgebracht, die bis 1955 verlängerte Besatzungszeit ein eigenständiges Kulturleben behindert. Offiziell gestaltete es sich konservativ, doch verschaffte die junge Generation sich, an bewährte Vorbilder anknüpfend, mit innovativen Themen und Schreibweisen Gehör. Gruppenbildungen, Anthologien und Zeitschriften verhalfen jungen Talenten zum Durchbruch, aufgrund der reduzierten inländischen Publikationsbedingungen häufig in westdeutschen Verlagen. Der Band enthält Überblicksbeiträge und Untersuchungen zu Sammelpublikationen, Aufsätze zu Ernst Fischer, zu erzählerischen Texten von George Saiko, Thomas Bernhard und Marlen Haushofer, zu den Mikrodramen von René Altmann, zur Lyrik Hertha Kräftners und Ingeborg Bachmanns und zur Auseinandersetzung Bachmanns und Celans mit der Philosophie Martin Heideggers.