Beschreibung
Als Rainald Goetz sich während seiner Lesung beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt mit einer Rasierklinge die Stirn aufritzte, nahm der Juror Reich-Ranicki den Autor gegen den Autor in Schutz: Trotz dieser Provokation schreibe Goetz eine gute Prosa. Von heute aus gesehen lässt sich die Aktion nicht vom Schreiben des Autors trennen: Ein Autor inszenierte seinen Auftritt bei einer von den Medien stark beachteten Veranstaltung. Auf ähnliche Weise gehen heute viele Autoren vor: Sie überlegen genau, welche Fotos sie verwenden, wie sie ihre Lesungen anlegen, was sie in Interviews sagen. Ihr Auftreten als Autor unterliegt einer von ihnen selbst und von den Verlagen geschaffenen Choreografie. Die aktuellen Szenen und Dramen dieser Inszenierungen, die man als Kompositionen des Biografischen verstehen könnte, werden in diesem Band anhand eines reichhaltigen Materials untersucht und gedeutet. Weitere Betrachtungen, welche die Literaturen der Gegenwart aus den verschiedensten Perspektiven untersuchen - neue Produktionsbedingungen, neue Lebensentwürfe von Autoren, neue Formen der Literaturvermittlung, neue inhaltliche und formale Trends -, sind als essayistische Reihe geplant.
Autorenportrait
Klaus Siblewski, geb. 1950 in Frankfurt/M., lebt in Holzkirchen bei München. Er ist Verlagslektor, lehrt als Professor am Institut für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft an der Universität Hildesheim und veranstaltet seit Jahren die "Deutsche Lektorenkonferenz". Er hat u. a. die Werke von Ernst Jandl, Peter Härtling und Peter Turrini herausgegeben. Zuletzt sind von ihm erschienen: "Die diskreten Kritiker. Was Lektoren tun" (2005) und die Bände "Wie Romane entstehen" (2008 zusammen mit Hanns-Josef Ortheil) und "Wie Gedichte entstehen" (2009 zusammen mit Norbert Hummelt).
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