Beschreibung
Ovids "Metamorphosen" sind in ihrer rund 2000jahrigen Rezeptionsgeschichte immer wieder neu interpretiert worden. In den dabei entwickelten Lesarten spiegeln sich jeweils die diskursiven, historischen, kulturellen und politisch-sozialen Strukturen der Interpreten selbst. Mit jeder Darstellung des Wandels wird insbesondere die Frage nach der Identität im Wechsel virulent, insbesondere nach der des Menschen in seiner Eigenschaft als Gattungswesen wie als Individuum. Eine besondere Affinität besteht zwischen der Denkfigur der Metamorphose und der Reflexion über die Medialab und Medienspezifik aller Gestaltung. Die Beitrage des vorliegenden Bandes analysieren moderne literarische Texte und Werke der bildenden Kunst im Zeichen der leitenden Frage, welche Bedeutung das Konzept der Metamorphose für die Selbstverständigung der Moderne besitzt. Sie belegen die vielfaltige Anschlussfähigkeit dieses Konzepts an Diagnosen der Krise und des Selbstverlusts, aber auch seine vielseitigen kreativen Potenziale. Eine erste Gruppe von Abhandlungen widmet sich der Bedeutung Ovids und der Verwandlungsthematik in literarischen Texten der Moderne, insbesondere ihrer Funktion für die Bespiegelung von Krisen und Orientierungsverlusten. In einer zweiten Gruppe wird - wiederum aus vergleichender Perspektive - die postmoderne Ovidrezeption beleuchtet. Um die Signifikanz des Ovidschen Werkes für Aspekte literarischer Autoreflexion geht es den Beitragen der dritten Gruppe; gerade die "Metamorphosen" sind für Strategien des Selbstverweises und der Medienreflexion in hohem Masse entschlussfähig. Eine vierte Gruppe von Beitragen verdeutlicht, dass die Rekurse der Moderne und postmoderne auf Verwandlungssagen sich im intermedialen Raum von Literatur und Bildender Kunst abspielt. I. Identitätskrisen, Ungewissheiten, Exil, Verlassenheit und Klage: Zur Aktualität der "Metamorphosen" in der Moderne - S. P. Sondrup: Kafka's Die Verwandlung and a Change of Mind - H. Carvalhão Buescu: Metamorphosis, Modern World, and Suspicion. Ovid and Saramago's Pessoa - D. Lauterbach: "Das befreite und das gefangene Selbst. Zwei Grundfunktionen der Metamorphose in Erzähltexten der Moderne (Einstein, Kafka, Aichinger, Ionesco)" - D. and T. Figueira: Some Things are best Un-Said: Exile in Ovid and Ransmayr - I. Capeloa Gil: The Rhetoric of Sorrow: Ovid's Ariadne and Beyond - II. Posthumanimus, Derealisierung, Fiktionalisierung: Rekurse der Postmoderne auf die "Metamorphosen" - T. D'haen: Metamorphoses, Mechanic and Magic in Contemporary Literature - P. Mildonian: Timelessness of Metamorphosis from Abe Kobo to Albert Sanchez Pinol, from the In-Human to the Post-Human - M. Fusillo: Postmodern Ovid (Ransmayr, Shakar) - III. Poetik des Wandels: Ovids "Metamorphosen" als Anlaß literarischer Autoreflexion - B. d'Angelo: Les "Metamorphoses" et les metamorphoses du mythe - R. Rosenthal: Border Crossings and Enchantment: Transformations of Ovid's Orpheus in works by Tennessee Williams and Thomas Pynchon - M. Schmitz-Emans: Metamorphosis and Metempsychosis. Controversial Reflections about writing processes, messages and meanings - C. Baron: Ovide et Calvino - C. Paulian: Des oiseaux et des ourses. La metamorphose che Y. Tawada, P. Quignard et G. Bataille - M. Schmitz-Emans: Visionen Ovids: Vintila Horia (1960), David Malouf (1978), Christoph Ransmayr (1988) - IV. Künste der Verwandlung: Die "Metamorphosen" im Schnittfeld von Literatur und bildender Kunst - M. Schmeling: Reflexive Metamorphosen. Die Rezeption des Verwandlungsmythos im intermedialen Raum des Surrealismus - C. Hilmes: Energieaustausch durch (gewaltsame) Annaherung. Anmerkungen zu Max Ernsts "Biographischen Notizen" - M. Symington: Artistic Categories and Metamorphosis: The Permeability of Form in 20th Century Art and Writing - W. Krysinski: Destinees de formes litteraires: metamorphose, conservation et destruction
Autorenportrait
Monika Schmitz-Emans ist Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Manfred Schmeling ist Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes.
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