Die Wittelsbacher

Vom 12. bis ins 20. Jahrhundert, marixwissen

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737411370
Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 20.8 x 13.5 cm
Auflage: 1. Auflage 2020
Einband: gebundenes Buch

Leseprobe

Das Königreich Bayern Vor dem Hintergrund des gewaltigen Umbruchs, den Europa im Gefolge der Französischen Revolution und vor allem unter dem Einfluss Napoleon Bonapartes durchlief, erfolgte am 1. Januar 1806 Bayerns Erhebung zum Königreich. Wichtiger als der Titel war für die weitere staatliche Entwicklung jedoch die damit verbundene volle Souveränität. In dieser Form hatte Bayern diese bis dahin nie besessen. Sie erst ermöglichte es, sich über die überkommenen Systeme und das alte Rechtsgefüge hinwegsetzen zu können, die der Neuorganisation des Staates hinderlich waren. Der erste bayerische König Max I. Joseph, Stammvater aller heute noch lebenden Mitglieder des Hauses Wittelsbach, war 1799 auf dem Erbweg als Kurfürst nach München gekommen. Mit diesem leutseligen Fürsten trat eine neue Linie die Herrschaft über Pfalz-Bayern an. Unter der Einwirkung seines leitenden Staatsministers Maximilian Joseph von Montgelas hatte er 1805 in letzter Minute die Neutralität aufgegeben und ein Bündnis mit Kaiser Napoleon geschlossen, das sich schon seit Längerem angebahnt hatte. Im Grunde gab es für Bayern auch keine Alternative mehr, um seine staatliche Existenz zu bewahren. Frankreich bot im Gegensatz zu Österreich mehr Schutz und zudem Aussicht auf territorialen Gewinn. Bereits 1802/03 hatte Max Joseph zu jenen Fürsten gehört, die für ihre Verluste auf dem linken Rheinufer mit den Territorien der säkularisierten und mediatisierten geistlichen und kleineren weltlichen Reichsständen sowie der vordem landständischen Klöster großzügig entschädigt wurden. König Max I. Joseph stützte sich während des Großteils seiner Regierungszeit ganz auf Montgelas. Bis zu seinem Sturz im Jahr 1817 entschied dieser zu den wichtigsten Persönlichkeiten der bayerischen Geschichte zählende Minister weithin über die Ausgestaltung der bayerischen Innen- und Außenpolitik. Seit 1799 setzte er ein riesiges Reformprogramm ins Werk, um Bayern erfolgreich in die Zukunft steuern zu können. Mit Max Josephs Billigung verantwortete er den Staatsneubau wie auch den damit zusammenhängenden enormen Traditionsbruch. In einer Revolution von oben wurde die folgenschwere Säkularisation von 1803, die Beschränkung der Rechte des Adels, der administrative Neuaufbau des Staates, die Gleichberechtigung der christlichen Konfessionenen, die Tolerierung der Juden sowie der Erlass der Konstitution von 1808 durchgeführt, um nur einige Eckpunkte des Reformwerks zu nennen. Die Hinwendung zu Frankreich zahlte sich aus. Bayern wurde langfristig vor allem um fränkische und schwäbische Territorien vergrößert und gewann ein weitgehend geschlossenes Staatsgebiet. Im Gegenzug entrichtete es einen hohen Blutzoll in Napoleons Schlachten. Überdies musste es 1806 dem von Napoleon initiierten Rheinbund beitreten, der seine eben erlangte Unabhängigkeit zu unterminieren drohte. Nach dem Fiasko des Russlandfeldzugs von 1812, in dem das bayerische Rheinbundkontingent nahezu gänzlich unterging, veranlasste Montgelas im Oktober 1813 gerade noch rechtzeitig die Abwendung von Napoleon und Bayerns Frontwechsel auf die Seite der Alliierten. Nun verbürgte Österreich die staatliche Unverletzlichkeit Bayerns. Dieses Zusammengehen mit Österreich sollte bis 1866 eine außenpolitische Konstante des Königreichs bleiben. Auf dem Wiener Kongress von 1814/15, der eine Neuordnung Europas vornahm, konnte Bayern neben seiner Königskrone auch seinen Besitzstand überwiegend bewahren. Der in Wien gegründete Deutsche Bund genügte Max Joseph und Montgelas vollständig - ein weitergehender Zusammenschluss hätte Bayerns neu gewonnene Souveränität begrenzt. Die nach Montgelas Sturz erlassene Verfassung von 1818, die aus dem Königreich eine konstitutionelle Monarchie werden ließ, gab bis 1918 die Rahmenbedingungen vor. Sie garantierte die Grundrechte und installierte eine parlamentarische Körperschaft in zwei Kammern. Mit Ludwig I. gelangte nach Max I. Josephs Tod 1825 ein ganz anderer Monarchentyp auf den Thron. Sein Regierungsstil unterschied sich deutlich von jenem seines Vaters, der die Amtsgeschäfte weitgehend seinem Staatsminister Montgelas überlassen hatte. Ludwig sah in seinen Ministern in erster Linie Erfüllungsgehilfen. Er vertrat so strikt das Monarchische Prinzip, dass es anachronistisch anmutet. Zwar hatte er sich als Kronprinz für die Einführung der Verfassung von 1818 eingesetzt, doch als König empfand er sie nicht selten als ein Ärgernis. Obwohl es in seiner Regierungszeit zu heftigen Auseinandersetzungen mit den jeweiligen Landtagen kam, zog er es trotzdem nie ernsthaft in Betracht, die Konstitution aufzuheben. Er war aber bestrebt, die Verfassung vor jeglichen liberalen oder gar revolutionären Veränderungen zu schützen. Wichtig war es für ihn, Bayerns Eigenständigkeit im Rahmen des Deutschen Bundes zu erhalten. Sein autokratisches Herrschaftsverständnis, das in eine Selbstregierung mündete, passte im Grunde nicht mit dem konstitutionellen System zusammen. Es gelang Ludwig I., Bayern seinen Stempel aufzudrücken. Er sorgte für die innere Integration des jungen Königreichs und machte sich um die Sanierung des Staatshaushalts verdient. Beim Abbau des enormen Schuldenbergs schreckte er nicht vor Härten zurück. Heute genießt vor allem seine Kulturpolitik hohes Ansehen. Neben dem Erwerb von bedeutenden Kunstwerken und der Errichtung von Denkmälern im ganzen Land spielten seine großen Bauvorhaben eine herausragende Rolle. Besonders München profitierte davon, da der König seine Hauptstadt zu einem Zentrum der Kunst in Deutschland machen wollte. Anders als sein Enkel Ludwig II. behielt er bei seinen Bauaufträgen die Kosten genau im Auge. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil seiner Kulturpolitik war die Wieder- und Neugründung von Klöstern, mit denen er Wunden der Säkularisation beseitigen wollte. Das Ende seiner Regierungszeit läutete seine neue Mätresse ein, die im Herbst 1846 in München eingetroffene Lola Montez. Die skandalumwitterte Tänzerin strebte zum Missfallen weiter Kreise eine politisch und gesellschaftlich einflussreiche Position an. Durch die dadurch ausgelösten tumultartigen Auseinandersetzungen war die Atmosphäre in München noch so aufgeladen, dass es im März 1848 unter dem Eindruck der Pariser Februarrevolution erneut zu Unruhen kamen, bei denen Verfassungsreformen gefordert wurden. Zwar bewilligte Ludwig I. diese sowie die Einberufung des Landtags, doch war er nicht willens, unter diesen Bedingungen weiter zu regieren. Er zog es vor, am 20. März 1848 freiwillig abzudanken. Durch die Abdankung seines Vaters gelangte Maximilian II. 1848 unerwartet auf den bayerischen Thron. Mit seinem großen Interesse an Wissenschaft, Sozialpolitik und Technik erschien er wie eine Verkörperung des damaligen Bildungsbürgertums. Dazu passte auch sein äußeres Erscheinungsbild; denn statt der sonst bei Monarchen üblichen Uniform bevorzugte er bürgerliche Kleidung oder Tracht. Mit seiner eher kühlen und distanzierten Art war er jedoch in der Bevölkerung nicht übermäßig beliebt. Trotz der Bewilligung der Märzforderungen verblieb die Exekutive weiterhin fest in der Hand des Königs und der von ihm ernannten Minister, sodass es Maximilian II. möglich war, den Kurs der Politik zu bestimmen. Wie sein Vater regierte er aus dem Kabinett heraus, aber anders als der autokratische Ludwig I. bemühte sich Maximilian bei anhängigen Entscheidungen um die Einholung von Gutachten und Expertenmeinungen. Um Bayerns Position nach innen und außen zu stärken, berief er vielfach bedeutende Gelehrte aus Norddeutschland. Diese 'Nordlichter' wurden nicht überall gern gesehen. Hauptsächlich setzte Maximilian auf die Förderung der Naturwissenschaften und der Geschichtswissenschaft. Ebenso wichtig war ihm die Förderung des Schulwesens. In seine Regierungszeit fällt sowohl die Gründung des Bayerischen Nationalmuseums als auch des Maximilianeums, eine aus seinem Privatvermögen begründete Studienstiftung für hochbegabte bayerische Abiturienten. Technische Innovationen und der ...