Die Wikinger

Das Zeitalter des Nordens

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608964530
Sprache: Deutsch
Umfang: 371 S.
Format (T/L/B): 2.4 x 21.5 x 13.6 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Anschaulich und mit großem Erzähltalent schildert Anders Winroth die Lebenswelt der Wikinger. Zugleich zeichnet er ein umfassendes, farbiges Bild einer der stür­mischsten Epochen des Abendlandes, in der die Räuber aus dem Norden das Gesicht Europas veränderten. Nach wie vor haben die Wikinger einen lebhaften Einfluss auf unsere Phantasie: Sie brandschatzten und trieben Sklavenhandel. Doch es gab auch friedliche Ansiedlungen, und sie entwickelten ein weit aus­greifendes Handelsnetzwerk. In ihren starken, schnellen Schiffen lie­ßen sie ihre Heimatländer weit hinter sich zurück - nicht nur um zu plündern, sondern auch aus reiner Entdeckerlust. Anders Winroth schreibt gegen die gängigen Mythen an, untersucht jeden wichtigen Aspekt dieses aufregenden Zeitalters und stellt so den Innovations­geist und schieren Wagemut der Wikinger dar, ohne ihr destruktives Erbe zu beschönigen. Zugleich enthüllt er, wie sich Kunst, Literatur und religiöses Denken der Wikinger auf eine Art und Weise entwi­ckelten, die in Europa einzigartig dasteht: eine ebenso unterhaltsame wie umfassende Darstellung einer Gesellschaft, die weitaus moderne­re Züge trägt, als man vermuten möchte.

Autorenportrait

Anders Winroth studierte Geschichte an der Universität von Stockholm und wurde 1996 an der Columbia University promoviert. Von 1996 bis 1998 war er 'Sir James Knott Research Fellow' an der University of Newcastleupon-Tyne. 2003 wurde er Fellow der McArthur-Foundation (Genius Grant). Seit 2004 lehrt er als Professor mittelalterliche Geschichte an der Yale University.

Leseprobe

Kapitel 1 Einleitung Der Furor der Nordmänner Endlich ließ sich der Häuptling auf seinem erhabenen Sitz nieder. Die Krieger hatten in gespannter Erwartung auf den Bänken in der großen Halle ausgeharrt, gewärmt vom prasselnden Feuer und gelabt mit reichlichen Mengen Met. Die Dienerinnen des Häuptlings hatten im Herbst Wochen damit zugebracht, Honig und Wasser zu mischen und Fässer zu füllen mit dem Trank für die berühmte YuleFeier, das alte skandinavische Mittwinterfest. Nun war der Häuptling eingetroffen - angetan mit seinen besten Gewändern -, und verlangte zu wissen, warum man seinen berühmten Kriegern nur ein so gewöhnliches Getränk kredenzt hatte. Verdienten sie denn nichts Besseres nach all dem, was sie im Frankenland geleistet hatten? Hatten sie nicht Fässer voll des besten Weins aus dem reich bestückten Keller jenes Klosters im letzten Sommer mitgenommen und ihre Beute mit ihrem Blut teuer bezahlt? Das Erscheinen des Krugs, seine perfekte Ebenmäßigkeit, die im Vergleich mit den gewohnten plump-irdenen Gefäßen so ganz anders wirkte, ließ die ungehobelten Krieger in der riesigen Halle verstummen. Mehrere horizontale Reihen aus Zinnfolie und dazwischen Gruppen von Rhomben schmückten den Krug, ein wundervolles Gefäß für ein exotisches Getränk. Der Häuptling wurde als Erster bedient, er nahm einen Becher mit kunstvollem Dekor aus blauem Glas in zarten Streifen entgegen; danach wurde dem Mann auf dem Ehrenplatz ein ebensolches Glas überreicht. Die anderen Männer tranken aus Hörnern oder einfachen Bechern, jetzt aber tranken alle Wein statt Met, um ihrer aller Tapferkeit und ihren Erfolg bei ihren Raubzügen im Sommer zu feiern. Einige der Krieger erkannten die Glasgefäße wieder: Der Häuptling hatte sie gekauft, als die Kriegerbande auf dem Heimweg der Stadt Hedeby einen Besuch abstattete. Man munkelte, die blau schimmernden Gläser stammten aus einem weit entfernten Königreich namens Ägypten; und der Häuptling hätte für das, was er nach zähen Verhandlungen dafür bezahlte, ein gutes Langschiff erwerben können. Einige der Krieger, gewöhnt an schlichtere Getränke, kannten den Geschmack von Wein noch nicht. Welch ein herrlicher Anführer, der solchen Luxus so großzügig zu teilen verstand! Und er sah ja auch ganz wie ein Führer aus. Auf den Umhang, den er trug, waren Leoparden und silberne Pailletten gestickt, und der Stoff war üppig mit Fuchspelz verbrämt. Auf dem Kopf trug der Häuptling eine seidene Mütze. Ein mit Eiderdaunen gefülltes Kissen in einem herrlich bestickten Überzug, auf dem eine Prozession von Menschen, Pferden und Wagen zu sehen war, polsterte seinen Sitz, und neben ihm lehnte eine Zeremonialaxt: Sie war dekoriert mit der aus Silberdraht gefertigten Darstellung eines Phantasietiers. Wahrhaftig ein echter Häuptling! Woher nahm er all diese herrlichen Dinge? Nur wenige Krieger waren vergleichbaren Luxusgütern je so nahe gekommen. Nie hatten sie so dunkel-schimmernde Füchse gesehen, nie waren sie mit Stoff in Berührung gekommen, der so glänzte und leuchtete. Nicht jeder in der Halle war im letzten Sommer mit dem Häuptling ausgefahren, um in Frankenland Beute zu machen; zur Feier waren auch viele Neulinge erschienen. Man konnte sie prahlen hören: Wie sie selbst im nächsten Sommer mit diesem Häuptling ziehen würden, um ihre Schwerter zu röten mit dem Blut der Franken und der Englischen - und vielleicht sogar, warum nicht, mit dem der Mauren in Spanien? Und sie würden unerhörte Reichtümer anhäufen. Im vergangenen Sommer hatten sie nicht so viel Glück gehabt. Von den drei Schiffen, die unter dem Befehl eines anderen Häuptlings ausgefahren waren, kam nur eines zurück, und dieses kam ohne den Führer, der, so hieß es, gefallen war, als sich die Friesen völlig überraschend zur Wehr gesetzt hatten. Keiner wusste genau, was passiert war, denn diejenigen, die zurückgekommen waren, sprachen ungern darüber. Nun war es Zeit für das Hereinbringen der Speisen, doch als Erstes mussten die Götter ihren Anteil bekommen. Der Häuptling schnitt dem Opfertier die Kehle durch und ließ das Blut auf den Boden fließen. Auf die Lache goss er etwas Wein. Außerdem hielt er ein kleines Stück Goldfolie hoch, so dass jeder es bewundern konnte. Diejenigen, die in der Nähe saßen, konnten das eingeprägte Bild eines sich umarmenden Paares erkennen. Der Häuptling befestigte die Folie an einem der Pfosten, die das Dach trugen. Nicht alle seine Krieger wussten so ganz genau, was es mit diesem Ritual auf sich hatte, aber alle waren sicher, dass ein Segen damit verbunden war. Das geopferte Lamm wurde hinausgetragen, um gebraten zu werden, und das übrige Essen wurde hereingebracht: große Stücke gebratenes Fleisch, mehrere Kessel gekochter Fisch, und Zuckerwerk. Die Krieger langten bei all dem, was angeboten wurde, kräftig und zufrieden zu. Es war natürlich völlig unnötig, zu den Festen dieses berühmten Häuptlings sein Essen selbst mitzubringen! Die Bäuche gefüllt mit einem wunderbaren Festmahl waren nun alle geruhsam damit beschäftigt, Nüsse von ihren harten Schalen zu befreien, um die süßen Kerne zum Dessert zu genießen. Der Häuptling und die Gäste in seiner unmittelbaren Nähe hatten größere Nüsse, die einfacher zu öffnen waren, denn ihre Schalen waren weicher und dünner. Ob wohl auch der Inhalt wohlschmeckender war? Nur wenige in der Halle hatten je von diesen ausländischen 'welschen' Nüssen, den 'Walnüssen', gekostet. Einige konnten sich daran erinnern, wie eine einzige Walnuss in das prächtige Grab des vorigen großen Häuptlings gelegt worden war. Dieses Begräbnis war ein Ereignis, das man nicht so leicht vergaß: Der tote Mann hatte ein riesiges, prachtvolles Schiff mit erlesenen Holzschnitzereien bekommen, das ihn ins Jenseits befördern sollte. Die Leute hatte beeindruckt, dass sein Sohn bereitwillig ein so gewaltiges Schiff hergab, obwohl böse Zungen leise behaupteten, das Schiff sei nicht sonderlich seetauglich, zweimal gekentert, und der Bruder des Häuptlings bei dem Unfall ertrunken. Der Sohn des alten Häuptlings hatte außerdem eine unerhörte Anzahl Pferde auf dem Vorschiff geopfert. Man sprach noch lange von dem Blutmeer auf dem Deck des Begräbnisschiffs, bevor Erde darüber gehäuft wurde, die einen Hügel bildete, aus dem als Denkmal der Mast noch herausragte. In der Mitte der Halle erhob sich der Skalde, und die Krieger, mittlerweile recht angeheitert, wurden zwar nicht ganz still, doch immerhin kehrte genug Ruhe ein, dass die meisten im Raum ihn hören konnten. Der Skalde wandte sich an den Häuptling und deklamierte: 'Hört meiner Dichtung zu, Zerstörer des dunklen Blau, ich weiß zu komponieren.' Das war ein guter Skalde, sogar ein sehr guter; man konnte an seinem Akzent hören, dass er ein Isländer war, und die Isländer waren, wie jeder wusste, die besten Skalden. Die Krieger genossen den Wohlklang der Verse, die er rezitierte: den Rhythmus, die Alliteration, den Endreim, den unreinen Reim, die Assonanzen - allerdings verstanden sie nicht jede Strophe so ganz genau. Die Wortstellung war derart unnatürlich, das Gewebe des Reims hochkomplex, und die dichterischen Umschreibungen sehr weit hergeholt. Dunkles Blau. bedeutete was genau? Wunden-Schwäne? Mahlzeiten von Riesen? Doch feierten die Verse ganz eindeutig die Erfolge des Wikinger-Abenteuers im letzten Sommer. Die Krieger erkannten einzelne Wörter: Franken, Feuer, Gold, Pferde, ein Rabe. Und plötzlich platzte ein Krieger heraus: 'Wir haben kräftig den Raben gefüttert in Frankenland! ', denn ihm war auf einmal aufgegangen, was die Lösung eines Teils des Rätsels in einer der Strophen war. Jeder applaudierte, und der Dichter musste einen Augenblick lang verstummen. In der altnordischen Dichtung bedeutete den (poetisch auch als WundenSchwan bezeichneten) Raben ... Leseprobe

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'Brillant geschrieben und bietet viele neue historische Erkenntnisse.' Peter Heather>

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