Beschreibung
An einem Sommertag 1888 setzt sich eine Frau mit ihren beiden Söhnen in eine motorisierte Kutsche, die ihr Mann gebaut hat - mit ihrer waghalsigen Probefahrt verhilft Bertha Benz dem Automobil zum Durchbruch. 1945 übernehmen zwei Brüder in Essen den Tante-Emma-Laden ihres Vaters - Karl und Theo Albrecht begründen damit das Discountmodell im Einzelhandel. Sternstunden wie diese prägten die deutsche Wirtschaftsgeschichte. Sie legten die Grundsteine für Weltkonzerne, für die soziale Marktwirtschaft und den Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland. Die Pioniere von damals glänzten durch Eigenschaften, von denen "die Entscheider von heute" noch immer vieles lernen können. 20 Meilensteine "made in Germany" stellt dieses Buch in packenden Reportagen vor. Es verdeutlicht anschaulich, wie wir von diesen Errungenschaften profitieren.
Autorenportrait
Massimo Bognanni (links) ist Reporter im Investigativteam beim Handelsblatt. Sven Prange ist Mitglied der Chefredaktion und Textchef der WirtschaftsWoche.
Leseprobe
Vorwort Die Stimmungslage der Deutschen könnte widersprüchlicher kaum sein. Einerseits durchlebt das Land heute eine der wirtschaftlich stärksten Epochen seiner Geschichte. Deutsche Unternehmen sind Exportweltmeister, deutsche Premiumprodukte in aller Welt gefragt und nie war die Arbeitslosigkeit niedriger. Einerseits. Andererseits ist dieses Deutschland auch verzagt. Man mag "die Moderne" nicht mehr so gerne, man hat Angst vor offenen Grenzen und freiem Handel. Man schaut neidisch auf die amerikanischen Internetkonzerne und fragt bange: Was lassen die wohl von meinem Arbeitsplatz, meinem Unternehmen übrig, wenn die digitale Revolution erst mal über uns geschwappt ist? Sie denken dann an Fragen wie: Ist unser einzigartiger Mittelstand weiterhin die Zier der Ökonomie, wenn demnächst der Geist der digitalen Revolution die Leitwährung der globalen Industriegesellschaft wird? Wovon wollen wir leben, wenn die Weltgesellschaft demnächst in Google-Cars statt Daimlers durch die Metropolen fährt? Und was macht der deutsche Tüftler demnächst, wenn ihn intelligente Roboter aus der Werkshalle verdrängt haben? Wie so oft hilft "der Blick zurück" dabei, Ängste zu nehmen. Denn die derzeitige Phase des Umbruchs ist für den Kern der deutschen Wirtschaft keine neue Erfahrung. Zweimal musste sie sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten neu erfinden. Das erste Mal zu Beginn der Industrialisierung. Und das zweite Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, als Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland einen moralischen wie wirtschaftlichen Bankrott zu verzeichnen hatten und schon deswegen wieder von vorn beginnen mussten. Zweimal hat dieser Neuanfang sehr stabile ökonomische Fundamente für die folgenden Epochen gelegt. Wenn wir jetzt also in einer Phase sind, in der die digitale Revolution und die große Krise des Finanzkapitalismus unser Wirtschaftssystem zum dritten Mal grundlegend verändern, hilft der Blick auf die Essenzen der ersten zwei Umwälzungen - auf die Meilensteine der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Es sind Ereignisse, die die Grundsteine dafür legten, dass Deutschland der große Gewinner der derzeitigen Globalisierung ist. Aus diesen Meilensteinen kristallisieren sich Tugenden heraus, die unser Wirtschaftssystem charakterisieren, wenn es sich heute auf den Weg in die Zukunft macht - Lehren, aus welchen Eigenschaften sich welche Stärken unseres Wirtschaftssystems entwickelten. Exemplarisch seien da genannt: die Aufmüpfigkeit, mit der Friedrich List und Karl Marx den deutschen Obrigkeitsstaat herausforderten und die soziale Frage thematisierten, die Schlitzohrigkeit, mit der Ernst-Wilhelm Arnoldi oder Alfred Krupp große Konzerne gründeten, Moral, ohne die Wirtschaft nicht funktioniert, wie die Biografien von Berthold Beitz im Positiven und Ferdinand Porsche im Negativen zeigen, das Gespür für die soziale Frage, mit dem Ferdinand von Stumm-Halberg und Hugo Stinnes das deutsche Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern begründeten, der Wagemut, mit dem Bertha Benz das Auto durchsetzte, das Verhandlungsgeschick und die Kompromissbereitschaft, mit der Hermann Josef Abs an der Spitze der Deutschen Bank brillierte und Birgit Breuel die Privatisierung der ostdeutschen Wirtschaft vorantrieb, die Geradlinigkeit, mit der die D-Mark ins Leben gerufen wurde und, ganz wörtlich genommen, Dieter Rams deutsche Designgeschichte schrieb, die Kooperationsbereitschaft, die bei der Gründung der deutschen Chemie-Branche und der deutschen Luftfahrt so wichtig war, die Fantasie, mit der nach dem Krieg die Brüder Karl und Theo Albrecht das Discount-Prinzip erfanden oder die SAP-Gründer später den einzigen deutschen IT-Konzern von Weltgeltung formten, die Weltoffenheit, ohne die Industriekonzerne wie Siemens oder der komplette deutsche Mittelstand nie zu Größe gelangt wären. Das also sind zehn Eigenschaften, die zeigen: Die Wirtschaft braucht Macher, die bereit sind, Bestehendes zu hinterfragen, und die mit den