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Musiklabels als Wegweiser im digitalen Zeitalter

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593501031
Sprache: Deutsch
Umfang: 427 S.
Format (T/L/B): 2.7 x 21.4 x 14 cm
Auflage: 1. Auflage 2014
Einband: Paperback

Beschreibung

Sub Pop, Motown, Deutsche Grammophon: Diese Musiklabels werden nicht nur von Liebhabern mit bestimmten Künstlern, einem besonderen Sound oder gar einer ganzen Jugendbewegung in Verbindung gebracht. Jeong-Won Sin fragt nach der Bedeutung, die ein Label in Zeiten der Digitalisierung haben kann. Wie schafft es ein Label, eine eigene Identität zu entwickeln? Auf welche Weise kann es dem Kunden Orientierung bieten? Der Bedarf danach ist mehr denn je vorhanden, da auf Portalen wie Spotify oder iTunes jederzeit eine so große Auswahl an Musik wie nie zuvor zur Verfügung steht. Aufbauend auf der Genretheorie sowie Markenführungsansätzen demonstriert Sin anhand zahlreicher Praxisbeispiele und Interviews mit namhaften Musikexperten und Künstlern, auf welche Weise Labels für die unterschiedlichen Zielgruppen zu einem Wegweiser werden können.

Autorenportrait

Jeong-Won Sin, Dr. phil., ist Head of Sales im digitalen Vertrieb bei Universal Music. Er verantwortet das Geschäft mit allen Download-Portalen von iTunes über Amazon bis Google Play.

Leseprobe

1. Einleitung Universal, Sony, Warner - diese Namen hat man sicherlich schon oft ge-hört. Man weiß, dass es sich um Medienunternehmen handelt. Vielleicht weiß man auch, dass sie eigene Musiksparten führen. Aber welche Künstler gehören zu welcher Firma? Hat eines dieser Labels vielleicht gar ein Musikgenre geprägt? Was unterscheidet sie? Darauf haben nur sehr wenige Menschen eine passende Antwort. Motown, Deutsche Grammophon, Blue Note - mit diesen Namen verbinden die meisten Musikinteressierten dagegen direkt jeweils ein be-stimmtes Genre, nämlich Soul, Klassik und Jazz. Sub Pop, Nuclear Blast, Ninja Tune - diese Labels stehen bei Fans der jeweiligen Musikrichtung eindeutig für die Genres Grunge/Independent (Indie), Metal, bzw. elektronische Musik. Nicht jeder Musik-Fan kann jedoch auf Anhieb sagen, für welche Richtung sie stehen. Umgekehrt sind Namen wie Jackson 5, Herbert von Karajan oder auch Nirvana für Musikbegeisterte fest mit einem Label - Motown, Deutsche Grammophon und Sub Pop - verbunden, auch wenn sie vielleicht gar nicht ihre gesamte Karriere über bei diesem Label unter Vertrag gewesen sind. Doch warum klingelt es bei diesen Namen, während Universal, Sony oder Warner keine eindeutigen Genrebezüge hervorrufen? Welcher Kon-sument verbindet mit ABBA Universal, mit Bob Dylan Sony und mit The Doors sofort Warner? Wie kommt es, dass man bei einigen Musikunternehmen gleich eine Assoziation im Kopf hat? Sei es eine bestimmte Band, eine Musikrichtung, ein besonderer Sound oder gar eine ganze Jugendbewegung. Weshalb sind kleine Plattenläden, die sich auf bestimmte Musikrichtungen spezialisiert haben, oft nach Labels sortiert, wie es bei Elektro- und Indie-Shops häufig der Fall ist? Aus diesen Ausführungen ergibt sich die Fragestellung, aus welchen Gründen und auf welche Weise ein Label für bestimmte Zielgruppen Be-deutung erlangen und sogar zu einem Orientierungsfaktor werden kann. In dieser Arbeit wird die Rolle von Labels als Wegweiser gegenüber den unterschiedlichen Nachfragergruppen im digitalen Zeitalter behandelt. Das Ziel ist es, die Bedingungen herauszustellen, unter denen sich ein Label mithilfe der Orientierungsinstrumente Genretheorie und Markenführungsansätzen profilieren kann, um sich im Markt zu positionieren. Darauf aufbauend wird die praktische Umsetzung dieser Potenziale untersucht. Ein besonderes Augenmerk wird auf die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge der Digitalisierung gerichtet. Es handelt sich um eine theoretische Arbeit mit historischen Hintergründen. Der Begriff Label wird häufig synonym mit dem Wort Plattenfirmen verwendet. Auch wenn heute nur noch ein geringer Teil des Umsatzes mit tatsächlichen Platten gemacht wird, hat sich der Begriff Plattenfirma gehalten. Alternativ sagt man heute auch Musikfirma. Labels sind ein Teil der Musikindustrie, die wiederum zur Kulturindustrie gehört. Den Konsu-menten gegenüber agieren Labels meist im Hintergrund, während sie ge-genüber den Künstlern, Händlern und Medien eine deutlich präsentere Rolle einnehmen. Während es zur allgemeinen Thematik der Musikindustrie zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, vor allem aus dem wirtschaftlichen und kul-turwissenschaftlichen Bereich gibt, sind Plattenfirmen in der wissenschaft-lichen Literatur kaum als einzelnes Objekt untersucht worden, sondern meist nur als Bestandteil der Musikindustrie. Ihre Rolle auf dem Musik-markt ist bis auf wenige deskriptive Ansätze weitestgehend unerforscht. Auch einzelne, historisch bedeutsame Labels oder ihre Gründer sind in der Regel lediglich porträtiert worden. Es ist verwunderlich, dass das Orientierungspotenzial von Labels bis-lang in der Forschung vernachlässigt worden ist, da Labels geeignete Grundvoraussetzungen mitbringen, um einen Fixpunkt für verschiedene Nachfragergruppen darzustellen. Schließlich können sie sich über ihre musikalische Ausrichtung auf dem Tonträgermarkt positionieren und/oder sich über ein Image einen Markt generieren, was aufgrund der hohen Ausdifferenzierung und der Dynamik des Musikmarktes von Vorteil sein kann. Allein das Produkt Musik birgt bereits besondere Potenziale, aber auch spezifische Probleme in sich. So ist die Musik an sich kein physisches Produkt, was sich auch in den Umsatzeinbußen der Tonträgerbranche niederschlägt, die vor allem durch illegale digitale Vervielfältigungen bedingt ist. Zudem ist Musik als Erfahrungsgut mehr als andere Konsumgüter von emotionalen statt von rationalen Kriterien geprägt. Die Emotionalität kann aber auch zu stärkeren Bindungen und Identifikationen mit Musik führen. Schließlich sind seit den 1950er Jahren zahlreiche musikgeprägte Jugendkulturen und Subkulturen entstanden, die sich über die Musik einen eigenen, abgrenzbaren Lebensstil entwickelt haben und für diese Arbeit von hoher Relevanz sind. Speziell der Musikmarkt bewegt sich in kommerzialisierten Jugendkulturen, die an Märkte, Produkte und Waren gekoppelt sind. Die Zugehörigkeit zu einer Jugendkultur ist hier über käuflich zu erwerbende Merkmale wie Kleidung oder eben Musik möglich. Solange Musik für die Jugend relevant bleibt, werden zwischen der Musikindustrie und Jugendkulturen Interdependenzen bestehen. Allerdings hat sich die Bedeutung von Genres im Laufe der Zeit geän-dert. Noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die Präferenz eines bestimmten Musikgenres häufig die Zugehörigkeit zu einer Jugend-kultur impliziert. Jugendkulturen wie die Rocker, Mods, Hippies oder Punks haben sich über Genres definiert. Anhand der Musiksammlung konnte man häufig auf die Persönlichkeit des Inhabers schließen. In den 1950er Jahren war der Musikgeschmack noch gesellschaftlich relevant für Jugendliche und wichtig für die Herausbildung von Jugendkulturen. In den 1960er und 1970er Jahren spielte Musik eine große Rolle für die individuelle Identität des Einzelnen. Mittlerweile gibt es keine klaren Abgrenzungen mehr. Die Relevanz von Genres als Unterscheidungskriterium für Jugendkulturen hat deutlich abgenommen. Die Mehrheit der Musikhörer ist nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt, sondern hört aus unterschiedlichen Genres alles, was ihm gefällt. Zuhause hört man Indie, im Club hört man Elektro und im Urlaub vielleicht HipHop. Statt einer bewusst zusammengestellten Plattensammlung hat man Gigabytes voller Musik aus allen Genres gelagert, aus denen man sich je nach Stimmungslage bedienen kann. Statt ganzen Alben kann man sich à la carte einzelne Songs kaufen oder einfach nur jederzeit und überall anhören. Die Shuffle-Funktion des iPods sowie die Möglichkeiten von Playlists haben die Musikrezeption sicherlich massiv verändern. Mit dem Internet und der Digitalisierung ist Musik vom haptischen Gut zu einem immateriellen, stets verfügbaren Produkt geworden. Um bestimmte Musik zu einem beliebigen Zeitpunkt hören zu können, musste man sie früher besitzen. Heute ist Musik ubiquitär verfügbar. Als Konsument hat man somit nicht mehr die Hürden, sich mit Musik außerhalb seines üblichen Geschmacks zu beschäftigen. Statt in einem Laden Musik hören oder kaufen zu müssen, kann man bequem zuhause auf dem Sofa mit einem Klick eine neue musikalische Welt entdecken. Musik dient häufig nur noch zur Alltagsorientierung und ist nicht mehr das identitätsstiftende Medium. Andere Medien wie Games oder Filme haben an Bedeutung gewonnen. Die Ausgangslage für Labels hat sich somit in Bezug auf die Konsumenten geändert. Trotz der geschilderten Umstände existieren noch zahlreiche Musikkulturen. Nicht nur für sie sind Genres für die Einordnung von Musik weiterhin von hoher Relevanz und können Orientierung bieten. Dies ist insofern wichtig, weil Musik heute allgegenwärtig ist und soviel gehört wird wie nie zuvor. Es ist kaum noch vorstellbar, dass man vor der Einführung des Tonträgers Musik nur live erleben konnte. Ebenso befremdlich ist es, Musik nur zuhause hören zu können. Mittlerweile ist Musik in etlichen Formaten auf unzähligen stationären und mobilen Abspielgeräten über zahlreiche Portale imme...

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