Beschreibung
Müssen wir wirklich immer alles offenlegen? Und schadet es einer Beziehung oder einer Freundschaft, wenn man Geheimnisse voreinander hat? - Die bekannte Psychologin und Autorin Ursula Nuber zeigt, warum ein Geheimnis zu haben entgegen der weit verbreiteten Meinung durchaus lebenswichtig sein kann und ein Stück Selbstbestimmung bedeutet.
Autorenportrait
Ursula Nuber ist verheiratet und arbeitet in freier Praxis als psychologische Beraterin und Paartherapeutin in der Nähe von Heidelberg.
Leseprobe
Vorwort Geheimnisse haben einen schlechten Ruf. Wer etwas geheim hält, hat etwas zu verbergen. Und das kann nichts Gutes sein, denn sonst könnte er doch offen sprechen. Geheimnisse sind schädlich. Sie quälen den Geheimnisträger, und sie verstören die Menschen, die ihm nahestehen und zu denen er nicht ehrlich sein kann oder will. Geheimnisse sind meist nur durch Lügen vor der Entdeckung zu bewahren. Lügen aber sind unmoralisch. Deshalb: Geheimnisse müssen gelüftet werden. Wer sein Geheimnis beichtet, fühlt sich danach erleichtert. Er kann nun sich und den anderen Menschen in seiner Umgebung wieder in die Augen sehen. So oder so ähnlich denken und argumentieren die meisten Menschen, wenn sie mit dem Thema "Geheimnis" konfrontiert werden. Die wenigsten können es gutheißen, wenn andere etwas Wichtiges für sich behalten wollen. Kein Wunder, hören wir doch von klein auf Sätze wie "Du sollst nicht lügen", "Lügen haben kurze Beine", "Ich sehe es dir an der Nasenspitze an, wenn Du mir etwas verheimlichst" oder - die absolut wirkungsvollste Einschüchterungsmethode - "Der liebe Gott sieht alles". Zudem bekommen wir ebenfalls bereits als Kinder mit, dass geheimnisvolle Menschen "seltsam" sind. Weil man spürt, dass sie etwas verbergen, glaubt man, ihnen nicht trauen zu können. Wer ein Geheimnis aus sich und seinem Leben macht, wird argwöhnisch beäugt: Welchen Grund hat er für seine Zurückhaltung? Hat er etwas angestellt? Wahrscheinlich, denn ein guter Mensch hat nichts zu verbergen; er kann sich in die Karten schauen lassen, sie sind nicht getürkt. Diese kritische Haltung dem Geheimnis gegenüber wird auch von der Wissenschaft gestützt. Zahlreiche psychologische Untersuchungen und Fallstudien belegen überzeugend: Zurückgehaltenes Wissen kann eine unselige Wirkung auf die Geheimnisträger und sogar auf die Personen haben, die gar nichts vom Geheimnis wissen. Wer etwas Wichtiges für sich behält, stülpt seinem und dem Leben anderer unter Umständen eine Glasglocke über, unter der sich nur schwer atmen lässt. Ein Geheimnis scheint also nichts Gutes zu sein. Seltsam nur, dass jeder von uns eines hat. Wer jetzt spontan erwidern möchte: "Ich aber nicht!", sollte einen Moment nachdenken. Es ist nicht immer eine große Sache - wie etwa eine außereheliche Beziehung oder ein kriminelles Delikt oder eine bizarre Leidenschaft -, die man besser für sich behält. Sehr viel häufiger sind es nur Meinungen, Gedanken, Wünsche, Pläne, Sehnsüchte, Schamgefühle oder Ängste, die man anderen nicht mitteilen will. Nicht immer ist einem dann bewusst, dass es sich dabei auch um Geheimnisse handelt. Einen Menschen ganz ohne eine verborgene Seite gibt es höchstwahrscheinlich gar nicht. Wir leben mit Geheimnissen, Tag für Tag. Natürlich kennen wir die Geheimnisse anderer nur in Ausnahmefällen, aber wir können davon ausgehen, dass jeder Mensch, den wir kennen, etwas verbirgt. Geheimnisse sind allgegenwärtig. In gewisser Hinsicht, meint der französische Psychoanalytiker Serge Tisseron, "ist alles geheim. Die Gedanken, die uns in den Sinn kommen und über die wir mit niemandem reden, unsere Phantastereien und Träumereien, das Intimleben eines Liebes- und Ehepaares, das komplizierte Beziehungsgeflecht innerhalb einer Familie, das unser Privatleben ausmacht, Gefühle, die wir für andere empfinden und die wir nicht öffentlich zur Schau stellen wollen. Es gibt viele Arten von Geheimnissen, an die wir uns so gewöhnt haben, dass sie uns als selbstverständlich erscheinen." Die Vorstellung, dass die Menschen in unserer nächsten Umgebung - unser Partner, unsere Freunde und Freundinnen, unsere Kinder - Seiten haben, die wir nicht kennen, ist nicht unbedingt schön. Gedanken wie "Ich werde betrogen", "Man belügt mich", "Ich erfahre nicht die Wahrheit" drängen sich spontan auf und führen zu der kritischen Frage: "Kann ich dem anderen dann überhaupt noch trauen?" Wir werden misstrauisch, fühlen uns ausgeschlossen. Es berührt uns unangenehm, wenn wir davon ausgehen müssen, dass
Inhalt
Inhalt Vorwort Einleitung: Warum Reden Silber und Schweigen Gold ist Reden befreit? Das Recht zu schweigen Was wir verbergen Spannendes Geheimnis Warum wir Geheimnisse brauchen Was ist ein Geheimnis? Acht gute Gründe, ein Geheimnis zu haben 1.Geheimnisse fördern die Selbstständigkeit 2.Geheimnisse gewähren Schutz 3.Geheimnisse helfen, Ziele zu erreichen 4.Geheimnisse schützen die Privatsphäre 5.Geheimnisse dienen der Liebe 6. Geheimnisse bewahren uns vor schmerzlicher Selbsterkenntnis 7.Geheimnisse ermöglichen ein zweites Leben 8.Geheimnisse geben Frauen Kraft Du sollst nicht lügen - oder doch? Lügen - aus Rücksicht Lügen - zur Selbsterhaltung Lügen - zum Selbstschutz Das Geheimnis wahren - eine Anleitung Ein Geheimnis wahren ist harte Arbeit Geheimhaltung ist eine Gedächtnisleistung Übung macht den Meister Geheimnisse - nichts für Schüchterne! Ein Sonderfall - die heimliche Liebe Der Test: Wie hoch ist das Risiko? Das Geheimnis lüften - eine schwere Entscheidung Geheimnisse in der Mythologie Psychologische Studien zum Schweigen Schweigen schadet nicht in jedem Fall Das Geheimnis lüften: Ist das immer ratsam? Dunkle Geheimnisse müssen offenbart werden Welche Folgen hat die Wahrheit? Ein Geheimnis offenlegen Sind Mitwisser Hüter des Geheimnisses? Enthüllen oder schweigen - ein Entscheidungsmodell Die Alternative: neue Einsichten gewinnen ... und was ist mit den Opfern? Der Grad der Kränkung - eine Frage der Einstellung Literatur Register
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Wie gut, dass niemand weiß.>