Hotel Empire-Hongkong

Roman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783552053243
Sprache: Deutsch
Umfang: 424 S.
Format (T/L/B): 3.8 x 21 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Mitte der dreißiger Jahre reist Tom Stewart, ein junger Engländer, der das Abenteuer sucht, nach Hongkong. Aus der Zufallsbegegnung mit der jungen chinesischen Nonne Maria, die ihm auf dem Schiff Sprachunterricht gibt, wird eine lebenslange Freundschaft - und mehr als das. Tom ist bereits zum Hotelbesitzer avanciert, als auch in der scheinbar idyllischen Kronkolonie der Zweite Weltkrieg ausbricht. Auf der Flucht vor der Japanischen Armee treffen Tom und Maria einander wieder. John Lanchesters neuer Roman erzählt von Liebe und Abenteuer vor dem Hintergrund einer der aufregendsten Städte der Welt und ist zugleich ein Sittenbild einer wahrhaft kosmopolitischen Metropole.

Autorenportrait

John Lanchester wurde 1962 in Hamburg geboren, wuchs im Fernen Osten auf und studierte in Oxford. Er war Restaurantkritiker des Observer und stellvertretender Chefredakteur der London Review of Books. Bei Zsolnay erschienen die Romane Lust und ihr Preis (1996), Mister Phillips von 6 bis 7 (2002) und Hotel Empire (2004).

Leseprobe

Ich war der Empfehlung des Kapitäns gefolgt. Das Hotel Empire, mitten in Victoria auf der Insel Hongkong gelegen, war ein schönes, kühles Kolonialgebäude mit Deckenventilatoren, Palmen in der Lobby und einem belgischen Koch. Masterson war Direktor und halber Besitzer. Die andere Hälfte gehörte einem Deutschen namens Münster, der nicht in Hongkong lebte. Die beiden hatten sich in den Zwanzigern in Singapur kennengelernt und zusammengetan. Masterson war ein dünner, energischer Mann in den Vierzigern, von jener konzentrierten Art, mit der man abwesend wirken kann. Zu anderen Zeiten, in einer glanzvolleren Phase des britischen Kolonialreichs, wäre er Chef von irgendwas Bedeutendem geworden. Er war in die Hotelbranche gegangen, um ein Vermögen zu machen, und deshalb auch nach Hongkong ausgewandert. Als ich mich ihm vorstellte, saß er an der Hotelbar, einem langgestreckten Raum, der von der eleganten Lobby abging. Er war zwanglos gekleidet, weißes Jackett, der oberste Hemdknopf geöffnet. Er rauchte. Damals, als viele Menschen sehr viel rauchten, rauchte er buchstäblich ununterbrochen. Hoteliers machen sich wenig Illusionen über die menschliche Natur, Masterson machte sich überhaupt keine. Er stellte mir einige Fragen über meine Erfahrungen, meine Kantonesisch-Stunden mit Maria und über den Plough, dann gab er mir die Stelle. Die Schnelligkeit und Klarheit seiner Entscheidung waren charakteristisch, wie ich später bemerkte. Ich sollte sein Assistent und für die Bar des Hotels Empire zuständig sein, für den Ausschank alkoholischer Getränke dort und im Hotel, also nicht im Restaurant.»Irgendeine Vorstellung, was das Gebäude früher mal war?« fragte Masterson, als wir zur Star Ferry kamen. Das hatte ich mir auch schon überlegt. Ein Hotel konnte es nicht gewesen sein, das wäre draußen an dem Schild, an der Einrichtung der Lobby und so weiter zu erkennen gewesen, aber es sah wirklich wie ein Hotel aus. Eine Art Pension? »Keine Ahnung.« Wir warfen unsere Münzen in den Schlitz und gingen hinauf, um auf die nächste Fähre zu warten. »Es war ein Puff. Ein chinesisches, um genau zu sein. Die europäischen Bordelle wurden 1932 geschlossen. Drei Jahre später waren die chinesischen dran. Fragen Sie mich nicht, wieso. Am tatsächlichen Ausmaß der Prostitution hier ändert das natürlich nichts. Sie ziehen einfach um.« »Stark.« »Typisch Hongkong«, sagte er. »Städte konkurrieren oft miteinander. X macht dies, also macht Y jenes. Ist in der ganzen Welt so. In Schanghai kriegt man Mädchen, Jungen, Drogen, alles, mehr oder weniger offen. Wenn es einen juckt, kratzt man sich. Hongkong muß also anders sein. Hier passiert nichts offen. Natürlich wollen die Leute das gleiche, und sie tun auch das gleiche, aber eben nicht dort, wo man sie sehen könnte. Den Leuten hier würde es nichts ausmachen, in einem Hotel abzusteigen, das einmal ein chinesisches Puff war, aber niemand soll denken, daß es ihnen nichts ausmacht, weil das beweisen würde, daß sie keine ehrenwerten Menschen sind. Deshalb habe ich nein gesagt.« Überrascht stellte ich fest, wie sehr mich Hongkong überraschte. Mit den exotischen Dingen hatte ich gerechnet. Hakka-Frauen mit breitkrempigen Strohhüten, die nach Öl oder Lack rochen, Kulis, die unmögliche Lasten schleppten, Rikschafahrer, Schuhputzer mit Goldzähnen, japanische Geschäftsleute mit schlechtem Gebiß, Opiumraucher in dunklen Höhlen, kreisende Adler hoch über dem Peak, die tadellose Uniform des Bremsers der Peak Tram und der Blick von dort oben nach Kowloon, das verrückte Klackern von Ma Leseprobe