Beschreibung
Die vorliegende Studie ist interdisziplinär zwischen den Fächern Slawistik und Theologie angesiedelt. Maike Schult zeichnet die Aufnahme des russischen Schriftstellers F.M. Dostoevskij (1821-1881) in der deutschsprachigen Theologie von ihren Anfängen um 1900 bis in die Gegenwart nach. Dabei macht sie nicht nur die theologische Dostoevskij-Rezeption als Teil der weltanschaulichen Deutungstradition chronologisch nachvollziehbar, sie wertet auch die dazugehörigen Rezeptionsdokumente auf ihr verborgenes Literaturverständnis hin aus. Der rezeptionsgeschichtliche Ansatz wird mit wirkungsästhetischen Fragen kombiniert und der widersprüchliche Erwartungshorizont des theologischen Lesers transparent: Während Dostoevskij in Krisen- und Umbruchzeiten als 'Prophet' verehrt und Botschaft und Wegweisung von ihm erwartet wird, bleibt er als Künstler dauerhaft suspekt. Doch eben die existentielle Erwartungshaltung begünstigt die in den Romanen angelegten Strategien der Manipulation und Provokation, die den Leser beeinflussen. Diese befördern die für den Autor charakteristische emotionale Interaktion zwischen Text und Leser. Einen poetologischen Gegenentwurf hat der Hallesche Orthodoxiekundler Konrad Onasch vorgelegt. Er hat die Theologie früh vor Funktionalisierungs- und Vereinnahmungstendenzen gewarnt und die Frage nach einer theologisch angemessenen Hermeneutik im Umgang mit literarischen Werken aufgeworfen. Sein Ansatz von der 'Poetisierung des Christentums' in Dostoevskijs Werk wird in dieser Studie besonders gewürdigt. Die Arbeit enthält Bildmaterial sowie einen Anhang mit allen einschlägigen theologischen Rezipienten, die sich mit Dostoevskij befasst haben.
Leseprobe
This interdisciplinary research focusses on the reception of the Russian writer F.M. Dostoevsky (1821-1881) among German Theologians. It reflects the traditional pattern of perception of Dostoevsky as a prophet that stereotypes the reception of his novels and needs to be supplied by a poetological understanding.>