Beschreibung
Ricarda Stegmann widmet sich der Großen Moschee von Paris, einer der symbolträchtigsten Moscheen in Frankreich. Die Moschee von Paris wurde 1926 im Gelehrtenviertel "Quartier Latin" eröffnet und war tief in kolonialpolitische Agenden verwoben. Heute, ein halbes Jahrhundert nach der Unabhängigkeit der französischen Kolonien und Protektorate, ist sie Kristallisationsfläche diverser Forderungen. So verwaltet der algerische Staat hier einen offiziellen algerischen "Staatsislam", aber auch französisch-islampolitische Interessen werden auf die Moschee von Paris gerichtet. Stegmann analysiert genau diese teils widersprüchlichen Zuschreibungen, mit denen die Akteure an der Moschee konfrontiert werden.Insofern widmet sich Stegmann der Großen Moschee von Paris als Produkt postkolonialer Verflechtungsgeschichten. Sie führt die Entstehungszeit, neuere staatliche Funktionszuweisungen an die Moschee sowie Detailanalysen aktueller Identitätskonstruktionen am moscheeeigenen Imamausbildungsinstitut systematisch zusammen. Damit liegt hier die erste Studie über den an der Moschee gelehrten, "algerisch kontrollierten" Islam vor. Stegmann weist nach, dass die Lehrpersonen sich nicht zwischen algerischen und französischen Ansprüchen entscheiden, sondern in einem Geflecht aus transnational verflochtenen und doch abgrenzungsorientierten Konzepten eigene Identitätspositionen entwerfen. Auf diese Weise können sie unterschiedliche politische Forderungen bewältigen, indem sie diese bestätigen und zugleich auch kreativ unterlaufen.
Autorenportrait
Ricarda Stegmann ist Generalsekretärin der Schweizerischen Gesellschaft für Religionswissenschaft und Lektorin für Religionswissenschaft am Department für Sozialwissenschaften der Universität Freiburg.
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