Beschreibung
Die Perestrojka und die Auflösung der Sowjetunion bewirkten in Russland das Ende etablierter Geschichtsbilder. An welche Traditionen sollte man nunmehr anknüpfen? Und in Abgrenzung zu welcher Geschichte sollte das Neue entstehen? Die 1990er Jahre waren durch vielfältige geschichtspolitische Konfrontationen zwischen Reformern, Konservativen, Liberalen und Etatisten geprägt. Die staatliche russische Geschichtspolitik folgte hingegen zunächst keiner klaren Konzeption. Erst mit der Wahl Vladimir Putins zum Präsidenten erlangte Geschichtspolitik für den russischen Staat eine zentrale, legitimatorische Bedeutung. Geschichtsbewusster Patriotismus und die Würdigung einer langen, oft militärisch ruhmreichen, russländischen Geschichte sollen die Entwicklung des Landes unter Putins Führung ideologisch absichern. Philipp Bürger untersucht den staatlichen Umgang mit Geschichte seit dem Jahr 2000 und nimmt drei Kernbereiche russischer Geschichtspolitik in den Blick: Erstens die patriotischen Erziehungsprogramme und deren geschichtspolitische Inszenierungen, zweitens die Veränderungen der geschichtspolitischen Rahmenbedingungen und die Auswirkungen auf die Inhalte von Schulbüchern und den Geschichtsunterricht sowie drittens Präsidentenreden, in denen Geschichte unmittelbar zur Legitimation politischen Handelns in der Gegenwart herangezogen wird. Die Studie knüpft dafür an die geschichtspolitischen Entwicklungen der Sowjetzeit und der 1990er Jahre an und zeigt so Kontinuitäten und tatsächliche Neuerungen auf.
Autorenportrait
Philipp Bürger ist Osteuropahistoriker und arbeitet derzeit als Lehrbeauftragter in der Abteilung für Osteuropäische Geschichte der Universität Bonn.
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