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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453869806
Sprache: Deutsch
Umfang: 416 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 18.8 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Spannung hat einen Namen - John Grisham Ein Juraprofessor an der Universität von Virginia wird urplötzlich mit seiner Vergangenheit und der seiner Familie konfrontiert, als ihn sein kranker Vater ruft, um gemeinsam mit seinem Bruder das Erbe zu regeln. Doch bei der Ankunft ist der alte Herr bereits tot. Längst gebannte Geister kehren wieder zurück und bringen schockierende Geheimnisse ans Tageslicht.

Autorenportrait

John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

Leseprobe

1 Da der Richter fast achtzig Jahre alt war und der modernen Technik misstraute, kam sein Brief auf dem guten alten Postweg. Für E-Mails oder Sendungen per Fax hatte der greise Mann nichts übrig. Einen Anrufbeantworter benutzte er nicht; selbst das Telefon war ihm immer unsympathisch gewesen. Seine Briefe tippte er im Zwei-Finger-Suchsystem auf einer altersschwachen Underwood-Schreibmaschine, die auf einem ebenfalls betagten Sekretär mit Rollverschluss thronte. An der Wand dahinter hing ein Porträt von Nathan Bedford Forrest. Der Großvater des Richters hatte im Amerikanischen Bürgerkrieg mit Forrest in der Schlacht von Shiloh und vielen anderen Orten im tiefen Süden gekämpft, und es gab keine historische Persönlichkeit, die der Richter mehr verehrte. Zweiunddreißig Jahre lang hatte er sich ohne weitere Begründung standhaft geweigert, am 13. Juli, Forrests Geburtstag, seinen Amtsgeschäften nachzukommen. Mit dem Brief des Richters kamen ein weiteres persönliches Schreiben, eine Zeitschrift sowie zwei Rechnungen. Alle Sendungen waren wie üblich in Professor Ray Atlees Postfach in der juristischen Fakultät deponiert worden. Solange Ray zurückdenken konnte, waren Kuverts wie dieses ein Teil seines Lebens gewesen, und folglich wusste er sofort Bescheid. Der Absender war sein Vater, den auch er nur 'den Richter' nannte. Weil er unschlüssig war, ob er den Brief sofort öffnen oder noch etwas warten sollte, betrachtete Professor Atlee das Kuvert einen Augenblick lang. Gute Nachrichten oder schlechte? Bei seinem Vater konnte man das nie wissen, auch wenn der alte Mann todkrank war und gute Nachrichten selten geworden waren. Der dünne Umschlag schien nur einen Briefbogen zu enthalten, aber auch das war nichts Ungewöhnliches. Obwohl der alte Atlee einst wegen seiner wortreichen Strafpredigten bei Gericht bekannt gewesen war, ging er in schriftlicher Form äußerst sparsam mit Wörtern um. Sicher war, dass es sich um einen Brief von einigermaßen wichtiger Natur handelte. Der Richter hasste Smalltalk, Tratsch und müßiges Geschwätz, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich. Wenn man mit ihm auf der Veranda Eistee trank, wurde der Amerikanische Bürgerkrieg rekapituliert, vornehmlich die Schlacht von Shiloh. Stets gab der Alte General Pierre G. T. Beauregard die Schuld an der Niederlage der Konföderierten, weil der sich seiner Ansicht nach zu fein gewesen war, sich die blank gewienerten Stiefel schmutzig zu machen. Sollte der Richter den General zufällig im Himmel treffen, würde er ihn selbst dort noch hassen. Denn schon bald würde der alte Atlee nicht mehr unter den Lebenden weilen. Er war neunundsiebzig Jahre alt, hatte Magenkrebs, war übergewichtig und Diabetiker und rauchte unablässig Pfeife. Dazu kamen ein schwaches Herz, das bereits drei Infarkten getrotzt hatte, und eine Reihe weniger schwerer Leiden, die ihn schon seit zwanzig Jahren quälten und sich jetzt anschickten, seinem Leben ein Ende zu machen. Die Schmerzen gönnten ihm keine Ruhepause mehr. Vor drei Wochen, bei ihrem letzten Telefonat, das auf Rays Initiative zustande gekommen war, weil der alte Mann Ferngespräche für Geldschneiderei hielt, hatte die Stimme des Richters schwach und arg mitgenommen geklungen. Das Gespräch hatte keine zwei Minuten gedauert. Die Absenderangabe war mit Goldprägung auf das Kuvert gedruckt: Chancellor Reuben V. Atlee, 25. Chancery District, Ford County, Gerichtsgebäude, Clanton, Mississippi. Nachdem er den Umschlag in die Zeitschrift geschoben hatte, setzte sich Ray in Bewegung. Mittlerweile war sein Vater nicht mehr Vorsitzender Richter des Chancery Courts, eines Gerichts für Zivilsachen. Vor neun Jahren hatten ihn die Wähler in Pension geschickt, und von dieser bitteren Niederlage würde sich der alte Atlee nie erholen. Zweiunddreißig Jahre lang hatte er gewissenhaft seine Pflicht erfüllt - und dann jagten ihn die Wähler aus dem Amt und gaben einem jüngeren Kandidaten, der mit Wahlkampfspots im Radio und im Fernsehen für sich