Die Hexe von Gushiegu

Wie afrikanischer Geisterglaube das Leben der Asara Azindu zerstörte

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453155701
Sprache: Deutsch
Umfang: 286 S.
Format (T/L/B): 2.8 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Das Schicksal der Asara Azindu - als Hexe beschuldigt, verfolgt und verbannt Asara Azindu lebt als erfolgreiche Geschäftsfrau und ohne Mann in Gushiegu im Norden Ghanas. Der Ausbruch einer Meningitis-Epidemie ruft Traditionalisten und Neider auf den Plan, und der wütende Mob will die "Hexe" steinigen. Der Chief von Gushiegu kann das gerade noch verhindern, aber Asara muss in das "Hexendorf" von Gambaga fliehen, wo sie mit anderen verleumdeten Frauen zusammenlebt. Nur langsam begreift Asara Azindu, dass sie allesamt Opfer von Aberglauben und einer fragwürdigen Tradition sind. Noch immer existiert im Norden Ghanas traditioneller Hexenglaube. Frauen werden beschuldigt, gesteinigt oder in Hexendörfer abgeschoben. Weil die Geschäftsfrau Asara Azindu nicht nach den Regeln einer patriarchalischen Gesellschaft lebt - ohne männlichen Schutz und wirtschaftlich erfolgreich - findet sich bei Ausbruch einer Epidemie eine unheilige Allianz aus Traditionalisten, Neidern und Konkurrenten zusammen, die ihr die Schuld an dem Unglück geben und sie als Hexe brandmarken. Asara muss in ein "Hexendorf" fliehen, wo auf engstem Raum Frauen zusammenleben, deren "Hexenkraft" durch Rituale von Fetischpriestern bestätigt wurde. Doch obwohl nach acht Jahren eine Rückkehr in die Familie fehlschlägt, nimmt ihr Leben noch einmal eine unerwartete Wendung . Gerhard Haase-Hindenberg zeichnet das eindrucksvolle Porträt einer selbstbewussten, willensstarken Frau, die nicht bereit ist, sich in ihr ungerechtes Schicksal zu fügen.

Autorenportrait

Gerhard Haase-Hindenberg, Jahrgang 1953, Studium an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Ost-Berlin. Er arbeitete als Schauspieler, Regisseur und Autor an Theatern in Nürnberg, München und Berlin sowie für TV- und Kinofilme. Regelmäßig publiziert er Reportagen und Interviews in der "Welt" und der "Berliner Zeitung". 2006 erschien bei Heyne "Göttin auf Zeit", 2007 "Der Mann, der die Mauer öffnete" und im Frühjahr 2008 "Das Mädchen aus der Totenstadt".

Leseprobe

Die Hexen von Gambaga waren mir zum ersten Mal in Kairo begegnet. Die Wintermonate 2006/07 hatte ich dort verbracht, um mich täglich mit Mona, dem "Mädchen aus der Totenstadt" - unter diesem Titel erschien später ihre Lebensgeschichte -, zu treffen. An einem der Abende, auf dem Balkon meines Hotels in Downtown Kairo, fiel mein Blick auf den Aufmacher eines britischen Hochglanzmagazins: "The Witches Of Gambaga". Auf wenigen Druckseiten, dominiert von hochprofessionellen Farbfotos, wurde von einer Art Camp in Ghana berichtet, in welchem Frauen Zuflucht finden, die als Hexen verfemt wurden. Auf einer kleinen Landkarte war eingezeichnet, wo sich dieses "Hexendorf" befindet - hoch im Norden des Landes, unweit der Grenzen zu Burkina Faso und Togo. Die Geschichte wirkte schnell, aber sauber recherchiert, machte neugierig und ließ viele Fragen offen. Zurückgekehrt an den heimischen Schreibtisch, begann ich zunächst eine Recherche via Internet. Ich erfuhr, dass jenes "Hexendorf" am Rande der Kleinstadt Gambaga bereits mehr als hundert Jahre existiert. Seit jeher ist es für manche als Hexe beschuldigte Frau ein Zufluchts-, für andere ein Verbannungsort. Im Spätsommer 2005, so erinnerte ich mich, war beim Millenniumstreffen der Vereinten Nationen wieder einmal über die Rettung Afrikas diskutiert worden. Dabei waren Aberglaube und Angst vor übernatürlichen Mächten als die schlimmsten Entwicklungsblockaden benannt worden. Phänomene also, die in vielen Ländern des afrikanischen Kontinents auftreten und in jenem ghanaischen "Hexendorf" wie in einem gesellschaftlichen Mikrokosmos konzentriert schienen. Bald fand ich ghanaische Ansprechpartner, die mir genauere Auskünfte geben konnten: Dan Kolbilla, der für die presbyterianische Kirche einige Sozialprojekte im Bezirk Upper East, eines davon im "Hexendorf", organisiert, und Edmond Gyebi, den für den Norden Ghanas zuständigen Korrespondenten des Ghanaian Chronicle. Nachinaba Bugri, bis vor Kurzem noch Dozent für Afrikanische Studien an der University of Ghana in Legon/Accra, ein ausgewiesener Kenner der nordghanaischen Ethnien und deren Sprachen, erklärte sich bereit, mich für einige Wochen nach Gambaga zu begleiten. Er würde mir dort als fachlicher Berater und vor allem als Übersetzer unentbehrliche Dienste leisten. Im Dezember 2007 machte ich mich dann auf den Weg zu den "Hexen von Gambaga". Jeden Morgen wurde mir von Simon Ngota, dem im Dienste der presbyterianischen Kirche stehenden Projektleiter, eine andere als Hexe verfemte Frau vorgestellt. Tag für Tag erfuhr ich individuelle, grausame Schicksale. Das von Dahamatu beispielsweise, die barfuß und ohne jeden Besitz aus ihrem Dorf hatte fliehen müssen, weil ihr der überraschende Tod einer weit entfernt lebenden Schwägerin angelastet wurde. Oder das von Suguri, die als Hexe beschuldigt worden war, weil eine junge Verwandte während einer Busfahrt geträumt hatte, von ihr ermordet zu werden. Da gab es die Geschichte von Winangi, die vorsorglich von sich aus ins Hexendorf ging, weil ihr nächtens der Satan erschienen war, um sie für seine niederen Zwecke anzuwerben. Und die von Tanggem, die mit einem sehr viel älteren Mann verheiratet worden war, den kurz darauf eine Krankheit ereilte, für die es andernorts eine wissenschaftliche Bezeichnung gibt: Parkinson. Als seine Hand zu zittern begann, war er es, der seine junge Frau dafür verantwortlich machte und sie der Hexerei beschuldigte. Fast immer, nachdem die Anklage erhoben worden war, hatten Fetischpriester mittels ritueller Tieropfer die lokalen Götter befragt und gewissermaßen höchstinstanzlich - in der Regel durch einen sterbenden Hahn als Medium - den Vorwurf der Hexerei bestätigen lassen. Eines Morgens traf ich auf Asara Azindu, der auch jenes britische Magazin schon einige Zeilen gewidmet hatte, und bei ihr war alles anders. Niemand aus ihrer Familie hatte sie beschuldigt oder gar verjagt - es waren die Bewohner einer ganzen Stadt gewesen, die sie bezichtigt hatten, den nahe gelegenen S Leseprobe