Die Lebenslüge der Juristen

Warum Recht nicht gerecht ist, Spiegel-Buch

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442129911
Sprache: Deutsch
Umfang: 272 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 18.3 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Wie Bürger mit Willkür und Fehlurteilen in der Rechtsprechung zu kämpfen haben Recht hält selten, was es verspricht. Es hängt von Menschen ab, und die können irren. Wie sehr und wie oft, erfuhr Rolf Lamprecht als SPIEGEL-Beobachter bei den obersten Gerichtshöfen. Er erzählt von Willkür, von Unrecht - und von beherzten Klägern, die sich von ihrem Rechtsempfinden getrieben bis in die höchsten Instanzen kämpfen. Aufschlussreiche Fakten, auch für den Laien verständlich Mit Prozessgeschichten, die zeigen, wie das Recht bis in die allerletzten Winkel unseres Lebens vordringt

Autorenportrait

Rolf Lamprecht, geboren 1930, schrieb seine Doktorarbeit über das Bundesverfassungsgericht und war von 1968 bis 1998 "Spiegel"-Korrespondent bei den obersten Gerichtshöfen. Er gehörte zu den Mitbegründern der Justizpressekonferenz, deren Vorsitzender er viele Jahre lang war. Rolf Lamprecht veröffentlichte zahlreiche Bücher zu rechtspolitischen Themen, zuletzt "Die Lebenslüge der Juristen. Warum Recht nicht gerecht ist" (DVA, 2008).

Leseprobe

Wie tauglich für seine Aufgabe ist ein Familienrichter, dessen eigene Ehe mit einer Kampfscheidung zu Ende gegangen ist? Auf wessen Seite steht ein Mietrichter, der mehrere Wohnhäuser geerbt hat? Beurteilt ein Verkehrsrichter, der mit dem Porsche vorfährt, einen Unfall anders als sein Kollege, der immer mit dem Fahrrad zum Dienst kommt? Oder anders: Lässt sich überhaupt verhindern, dass Biografie und Weltanschauung des Richters auf seine Urteile durchschlagen? Die Frage schiebt den schönen Schein beiseite und gibt die Sicht frei auf das ungeschminkte Sein - auf die subjektiven Elemente der Rechtsfindung. In der Verdrängung dieser Schwachstelle liegt die Lebenslüge der Juristen. Tatsächlich hält unser Recht nicht, was es verspricht. Es schraubt die Erwartungen zu hoch und führt auf Abwege - etwa mit der Suggestion, dass die Jurisprudenz, ebenso wie die Mathematik, nur der Logik verpflichtet sei. Das Gedankenspiel lebt von Parallelen: Betonen nicht beide Disziplinen - durchaus vergleichbar -ihre abstrakte Neutralität? Arbeiten nicht beide mit Formeln, die zwar schwer verständlich sind, denen aber gleichwohl eine höhere Wahrheit innewohnt? Das Recht möchte so zwingend erscheinen wie die Addition von zwei und zwei; da ist auch nur eine "richtige" Lösung denkbar. Wenn eine Instanz die andere Lügen straft Gründe, an dieser Legende zu zweifeln, gibt es genug. Doch offenbar wollen die Menschen an Verheißungen glauben. Deshalb hat das Trugbild der neutralen Rechtsprechung einen festen Platz im Unterbewusstsein - so unverrückbar wie die Hoffnung auf einen Lottogewinn. Und die Richter, denen das blinde Vertrauen schmeichelt, tun kaum etwas, um den Irrglauben zu korrigieren. Dabei müsste ein flüchtiger Blick auf das Innenleben der Justiz genügen, um stutzig zu werden. Denn schon die Tatsache, dass es von Instanz zu Instanz oft zwei diametral entgegengesetzte Meinungen gibt, zeugt von der Relativität des Rechts - ja von seiner Subjektivität. Wer diesen Gedanken fortspinnt, stellt mehr als den schönen Schein infrage. Er rüttelt am Fundament - dem Dogma von der Rationalität. Schlimmer, er bezweifelt, was die meisten glauben. Die einen, die Laien, halten Objektivität für eine Bedingung der Gerechtigkeit und erwarten, dass jeder Richter diese Tugend besitzt. Die anderen, die Amtsinhaber, gaukeln sich und der Umwelt vor, dass sie den Pfad der Objektivität niemals verlassen - von dieser Autosuggestion bis zum Selbstbetrug ist es aber nur ein Schritt. Der Frage, was es bedeutet, wenn die Prämisse der Objektivität nicht stimmt, geht keiner nach - bedauerlicherweise. Denn so viel ist klar: Wenn sich, was zu beweisen ist, zeigen sollte, dass subjektive Einflüsse die Wahrheitsfindung inspirieren und dirigieren, müssten alle umdenken. Dann wäre neu zu definieren, was "Recht" überhaupt vermag. Wer nach vorhandenen, erschöpfenden Erklärungen des Rechts sucht, wird enttäuscht. Er findet nur Definitionen, die sich auf das Wünschbare beschränken. Gelehrte und Richter benennen unzählige Utopien des Sollens und Wollens, sie verlieren aber kaum ein Wort über die Kategorien des Seins. Erklärt wird zumeist, was Recht eigentlich sein sollte - nicht aber, was es wirklich ist. Bezeichnend ist zudem, wer das Privileg beansprucht, Recht zu definieren. Es wird zumeist aus dem Blickwinkel derjenigen beschrieben, die Gesetze schaffen und anwenden. Die Sicht der Adressaten, die Gesetze befolgen sollen, bleibt dagegen ausgespart. Gesetzgeber und Robenträger beherrschen den Diskurs, das Publikum steht stumm daneben. Solange die einen ans Licht drängen und die anderen im Schatten bleiben, ist der Raum des Rechts jedoch nicht ausgeleuchtet. Es lohnt, diese Lücke auszufüllen. Doch was hat der Bürger davon? Sehr viel, wenn er eine Vorleistung erbringt: Er muss sich sachkundig machen! Normalerweise kommt er zum Recht wie die Jungfrau zum Kind: unschuldig schuldig. Um eben dieses Fiasko zu verhindern, klären vernünftige Eltern ihre Sprösslinge auf -über die Risike