Unter Deck

Roman

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783036958316
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S.
Format (T/L/B): 2.1 x 19 x 12.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Eben fühlte sich Olivia noch aufgehoben in der überwältigenden Magie des Meeres, als die Segelschifffahrt mit fünf gleichaltrigen Männern unvermittelt zum traumatischen Erlebnis wird. Ein wilder, aufwühlender, sprachgewaltiger Roman, der alle Sinne anspricht.

Autorenportrait

Sophie Hardcastle wurde 1993 in Australien geboren. Sie studierte in Oxford Englische Literatur und in Sydney Kunst mit Schwerpunkt Malerei. Sie ist Autorin, Künstlerin und Drehbuchautorin. Sie hat schon für diverse Zeitschriften Artikel verfasst und wurde mehrfach ausgezeichnet. Die Antarktis hat sie selbst bereist. "Unter Deck" ist ihr erster Roman in deutscher Übersetzung.

Leseprobe

DUNKELROSA 'Es ist nicht romantisch, wenn du mit Ende zwanzig stirbst', sagte er zu mir, seine Augen tiefschwarz, halb im Schatten. Er schüttelte den Kopf. 'Das wäre eine solche Verschwendung.' Ich weiß noch, dass wir bei diesem Gespräch in meinem Wohnzimmer waren und dass ich ihm nichts darauf antwortete, aber ich dachte danach noch lange über seinen Satz nach, wobei das Wort Verschwendung in meinem Kopf Schlieren bildete wie ein Ölteppich. Mir war klar, dass er recht hatte. Natürlich war es eine Verschwendung. Doch es ging mir nicht um Romantik, als ich vorhersagte, dass ich mit Ende zwanzig sterben würde, auch nicht um die alte Geschichte von der jungen Künstlerin, die ein viel zu frühes Ende findet. Es war eher ein konkretes Wissen - das Wissen, dass meine Zeit gekommen war. Ich sterbe am Abend vor meinem Geburtstag, mit neunundzwanzig, fast dreißig Jahren. Mir hat die Zahl neunundzwanzig - zwei und neun - schon immer viel besser gefallen als dreißig - drei und null. Zwei ist rot und neun dunkelrosa; drei ist ein unangenehmes Grün und null ein leeres Weiß. Im Gegensatz zu dem, was ihr jetzt vielleicht denkt, sterbe ich jedoch nicht mit Absicht. Nicht wirklich. Andererseits womöglich doch. Unser Leben besteht aus einer Vielzahl von Entscheidungen. Ich zucke mit den Schultern. Fröstele. Es ist kalt hier auf dem nassen Achterdeck, am Übergang zwischen den letzten zehn Jahren und den nächsten. Unter mir ist es dunkel, Eisberge schweben im Grau. Alles dehnt sich aus. Ich blicke zu Brooke hinüber, und sie zwinkert, und ich lächle, und mein Gesicht schmerzt. Ich halte die Luft an. Ist Atmen eine bewusste Entscheidung? Ich weiß es nicht. Ich weiß es immer noch nicht. Ich wünschte, du hättest es mir gesagt. Ich wünschte, du hättest mir so vieles gesagt. Zum Beispiel, dass es gleichermaßen erstaunlich und langweilig sein wird, wenn ich endlich das grüne Leuchten sehe. Oder dass das Leben eine Aneinanderreihung von Wörtern mit völlig falscher Interpunktion ist und dass jemand das Komma an der Stelle entfernt hat an der man Luft holen wollte sodass man, es stattdessen hier tun muss und wenn man es versäumt hat Pech gehabt Chance, verpasst. Maggie, ich wünschte, du hättest es mir gesagt. Auf See hört niemand deine Schreie.   MEERESGARTEN ROSE Ich bin noch im Dazwischen gefangen und stelle mir vor, die Erde würde schaukeln. Alles bewegt sich vor und zurück, vor und zurück. Dann komme ich zu mir. Mein Kinn ist speichelverkrustet, und meine Zähne sind pelzig. Ich öffne mühsam meine verquollenen Augen und sehe ein kleines Fenster, nur ungef ähr einen Meter über meinem Kopf. Die Sonne schwingt am Himmel auf und ab, und mir geht auf, dass die Erde tatsächlich schaukelt. Ich stütze mich auf einen Ellbogen. Mein Kopf hämmert, als hätte mir jemand mit einem Ziegelstein eins übergezogen. Ich sehe mich um, und während meine Augen den Raum scharfstellen, warte ich darauf, dass endlich alles einen Sinn ergibt. Vergeblich. Die Wände sind gewölbt und ragen direkt links und rechts des Betts auf - wenn man es überhaupt ein Bett nennen kann. Ich liege auf einer hauchdünnen Matratze, eingezwängt zwischen einer riesigen Segeltuchtasche und einer Angelrute. Von draußen sind eigenartige dumpfe Schläge zu hören, und als ich den Kopf hebe, schwingt die Sonne immer noch auf und ab. Ich spüre, wie meine Brust eng wird, wie sich mein Brustkorb zusammenschnürt, als wäre ein Atemzug darin stecken geblieben und käme nicht mehr heraus. Wo um alles in der Welt bin ich? Ich bin angezogen, wenigstens das, trage ein Seidenkleid, meine Jeansjacke, zwei rosa Socken und einen Stiefel. Als ich eine Hand unter mein Kleid schiebe, ertaste ich Unterwäsche. Der Inhalt meiner Handtasche liegt um mein Kissen herum verteilt. Geldbeutel - vorhanden. Karten und Bargeld sind noch da. Mit zitternden Händen greife ich na