Das sagt David:
Zwei 60-jährige Männer brechen auf, um einem lange aus den Augen verlorenen Freund zu helfen. So ganz klar ist ihre Mission aber nicht. Besagter Freund hat jede Erinnerung verloren; aber ist er nicht ohnehin vor Jahren schon als Wasserleiche im Rhein gefunden worden? Verwirrend! Interessant!
Einer der beiden älteren Herren, ein semi-erfolgreicher Schriftsteller, soll dem scheinbar Verstorbenen jedenfalls dabei helfen, sein Gedächtnis zurückzuerlangen. Die Motive des anderen bleiben derweil im Dunkeln, sie scheinen einer geheimen Mission zu entspringen. So beginnt eine Reise quer durch die Niederlande, man begegnet empathischen Robotern, selbstfahrenden Autos und den großen Fragen nach der eigenen Geschichte und ihrem Wert in und für eine zukünftige Welt.
Vieles in Rob van Essens Roman "Der gute Sohn" bleibt zunächst im Dunkeln. Und auch die nahe Zukunft, in der die Erzählung angesiedelt ist, trägt zu einem immer rätselhafter werdenden Vexierspiel bei. Der niederländische Bestsellerautor bewegt sich souverän zwischen verschiedenen Genres. "Der gute Sohn" ist Thriller, Roadnovel und mal düstere, mal heitere Zukunftsvision zugleich. Dabei wird eine konsequent männliche Perspektive auf die Welt eingenommen, die sehr gut illustriert, wie insbesondere Frauen, im Privaten wie in der Öffentlichkeit, objektifiziert werden. Obwohl hier manchmal mehr kritische Distanz zu wünschen gewesen wäre, ist es doch ein Kommentar zur patriarchalen Verfasstheit gegenwärtiger Gesellschaften.
Unterm Strich bleibt "Der gute Sohn" ein bizarrer Roman, der die Leser*innen auf eine spannende Fahrt ins Ungewisse mitnimmt. Fans von Murakami und vielleicht sogar Pynchon kommen hier voll auf ihre Kosten.