Beschreibung
Eid und Fluch stellten über die Jahrhunderte hinweg die bedeutendsten Formen dar, soziale Wirklichkeit verbindlich zu gestalten: Herrschaft und Gefolgschaft, Treue und Versprechen, Gerechtigkeit und Recht gründeten seit Menschengedenken auf rituellen Inszenierungen des Sprechens. Fatal werden diese Sprachen, wenn sie sich auf einen sakralen Dritten berufen und gegen die Wortbrüchigen die Gewalt Gottes oder übernatürlicher Mächte mobilisieren. Die Beiträge dieses Bandes beleuchten aus juristischer, historischer und literaturwissenschaftlicher Sicht die Geschichte dieses schicksalsmächtigen Sprechens: Von der hethitischen Kultur und der europäischen Antike über das Mittelalter bis hin zum Versuch der Aufklärung, die sakralen Sprachkräfte zu bannen. Den Endpunkt bildet Nietzsches Projekt an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, die moralischen Bindungskräfte des Sprechens selbst zu verfluchen.