Beschreibung
Luna ist zehn Jahre alt und lebt mit ihrem großen Bruder und ihren Eltern, die beide Künstler sind, am Waldrand. In ihrer Freizeit beobachtet sie gern Tiere und liebt es, mit ihrem Fahrrad zur nahegelegenen Bibliothek zu radeln. Eigentlich ist sie ganz zufrieden mit ihrem Leben, nur eine Freundin wäre schön. Als im Nachbarhaus eine Familie mit Kindern einzieht, lernt sie die sympathische Lucy kennen. Als Luna und Lucy bei einem Besuch in der örtlichen Bibliothek auf die einhundert Jahre alten Tagebücher von Paula und Henriette stoßen, ist ihre Neugier geweckt. Was ist aus den beiden Freundinnen geworden? Und wird es Luna und Lucy gelingen, das geheime Schatzkästchen zu finden, von dem in den Tagebüchern die Rede ist? Eine spannende Suche beginnt, an deren Ende so einige Überraschungen auf sie warten.
Autorenportrait
Julia Kramer-Wiesgrill ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit engagiert sie sich ehrenamtlich in ihrer Gemeinde als Referentin, Moderatorin und Musikerin. Im Jahr 2020 startete sie den Blog »Gott im Alltag begegnen«. Sie lebt mit ihrer Familie in Hall in Tirol.
Leseprobe
Das bin ich Ich bin Luna, 10 Jahre alt und lebe mit meiner Familie in einem Haus am Waldrand. Dieser Wald ist mein Zuhause, da fühle ich mich wohl. Ich kenne alle Felsen und fast jeden Baum, jede Mulde und jedes Versteck. Am liebsten mag ich den Herbst, wenn alle Blätter bunt sind und der Boden raschelt, wenn ich drauf gehe. Flips ist mein zahmes Eichhörnchen. Er kommt immer zu mir, wenn ich ihm eine Erdnuss vorbeibringe, und holt sie aus meiner Hand. Aber streicheln habe ich ihn erst einmal dürfen. Da war er selbst ganz überrascht, als er plötzlich meine Hand auf seinem Rücken gespürt hat! Er hat mich etwas beleidigt angeschaut und ist schnell wieder auf seine Eiche geklettert. Aber am nächsten Tag ist er trotzdem wiedergekommen. Mir gefällt es echt gut hier im Wald, aber manchmal hätte ich gerne eine Freundin, mit der ich zusammen Abenteuer erleben kann. Mein älterer Bruder sitzt nämlich immer nur vor seinem Computer und mag nicht mit mir spielen. Leider wohnen keine anderen Familien in der Nähe. Das ist der Nachteil, wenn man so abgelegen wohnt. Aber dafür ist es hier viel schöner als in der Stadt! Vor Kurzem habe ich gelesen, dass Bäume reden können. Aber ich habe sie noch nie dabei erwischt. Ha! Nein, natürlich können sie nicht so reden wie wir, aber anscheinend tauschen sie wichtige Informationen über die Wurzeln und Pilze im Waldboden miteinander aus. Das finde ich interessant. Solche Sachen sind spannend. Vielleicht werde ich das später mal erforschen. Am liebsten trage ich meine Latzhose, ein buntes Ringelshirt und meine roten Wanderschuhe; ich bin ziemlich gut in der Schule, weil ich so gerne lese; und ich kann Flöte spielen. Seit ich von meinem Onkel eine Okarina aus Ton bekommen habe, spiele ich sogar manchmal im Wald. Ich glaub, die Bäume mögen das. Die Okarina kommt aus Südamerika und hat ein langes Lederband, das man sich um den Hals hängen kann wie eine Kette. Damit sie beim Laufen nicht so herumbaumelt, steck ich die Okarina zusätzlich in meine große Latztasche vorne. Und wenn ich Pause mache und mich unter einen Baum setze, habe ich sie gleich zur Hand. Amazing Grace kann ich schon ziemlich gut spielen. Manchmal lieg ich auch auf einer Lichtung und schau in die Wolken, wenn ich spiele. Oder ich sitz auf meinem Lieblingsfelsen ganz oben am Hügel. Den Bach kann man da zwar leider nicht sehen, dafür aber hören. Zu meinem Geburtstag habe ich eine kleine Hängematte für unterwegs bekommen. Und alle Bücherbände von Narnia. Sobald es warm genug war, habe ich mir die Hängematte an einen sonnigen Platz gehängt, um darin zu schaukeln und zu lesen. Am schönsten ist das direkt am Bach. Es gibt da auf der anderen Seite eine Stelle, wo man vom Wanderweg aus nicht hinsieht. Man muss sich zwar ein bisschen durch das Gestrüpp kämpfen, aber es lohnt sich. Dort ist ein kleiner Sandstrand mit runden Felsen und einer Weide neben einer schönen Buche. Zwischen den beiden Bäumen hänge ich gerne meine Hängematte auf. Mit den Karabinern und den Schnüren geht das ganz schnell. Papa hat mir beigebracht, wie das geht. In meinem grünen Rucksack habe ich immer auch eine Flasche Wasser und ein paar Kekse mit. Und mein Handy, damit Mama mich anrufen kann, wenn ich heimkommen soll. Als Klingelton habe ich Vogelgezwitscher, damit sich der Wald nicht erschreckt, wenn es plötzlich läutet. Dort am Fluss ist es so schön! Der Bach gluckert und rauscht, die Sonne spiegelt sich im Wasser und die Blätter wiegen sich im Wind. Da geht es mir richtig gut! Manchmal besucht mich sogar ein Schmetterling oder eine Libelle. Schmetterlinge fliegen so lustig. Irgendwie tanzen sie ziellos durch die Luft, ganz anders als die Libellen, die voll organisiert rüberkommen. Ich fahre auch gerne mit dem Fahrrad. Zur Bücherei zum Beispiel. Ich habe einen Korb auf meinem Fahrrad hinten, da passen ganz viele Bücher rein, genug für eine Woche. Weil ich so viel lese, habe ich eine Brille. Aber das ist mir egal. Das runde braune Gestell passt gut zu meinen rötlich braunen Locken, die ich meistens zu zwei Zöpfen geflochten habe. Außerdem schaut man mit Brille intelligent aus, sagt meine Mama. Intelligent bin ich ja auch. Nur manchmal eben eine bisschen einsam. Meine Mama und mein Papa sind Künstler. Papa erfindet Sachen in seiner Werkstatt und Mama malt Bilder in ihrem Atelier. Das Atelier hat sie selbst aus lauter Fenstern und Türen gebaut. Deshalb ist es auch schön hell zum Malen. Die Werkstatt von meinem Papa und das Atelier von meiner Mama sind beide direkt bei uns im Garten. Das ist praktisch, weil sie dadurch immer in der Nähe sind und zum Arbeiten nicht wegfahren müssen. Mama malt schöne Bilder. Meistens Bäume oder Vögel. Papa bastelt gerade an einer neuen Solaranlage, die noch mehr Strom liefern soll, und an einer besseren Batterie. Vielleicht können die Autos demnächst doch mit Sonnenenergie fahren, das wäre toll! Ich weiß noch nicht, was ich später einmal werden will. Aber irgendwas, wo man im Wald unterwegs ist, auf jeden Fall! Vielleicht Försterin. Oder Biologin. Ich hätte auch gerne mein eigenes kleines Haus im Wald, wenn ich groß bin. So eines, wie ich mal im Internet gesehen hab. Ohne Strom- und Wasseranschluss. Dafür mit einem Bach in der Nähe, einer Solaranlage von meinem Papa auf dem Dach und einem Bio-Klo, das so ähnlich wie ein Katzenklo funktioniert. Und einem kleinen Gemüsegarten und drei Hühnern. Aber die muss ich dann gut einzäunen, damit der Fuchs sie nicht holt. Vielleicht besser doch keine Hühner Im Wald wächst auch viel, was man essen kann. Pilze, Beeren und sogar Wurzeln. Ich habe schon viele Bücher über den Wald und über das Überleben im Wald gelesen. Man kann sogar Eicheln und Birkenrinde essen, wenn man sie kocht! Aber Spaghetti schmecken auf jeden Fall besser! Ich habe schon Fichtenwipfel und sogar Farn gekostet, weil in einem Buch stand, dass das so gesund ist, aber es hat mir überhaupt nicht geschmeckt, weil es so bitter war! Also irgendwie muss ich da noch einen Kompromiss finden, wenn ich später im Wald leben will. Ich denke nicht, dass ich auf Schokokekse verzichten kann Ich habe schon mal versucht, mir eine Hütte zu bauen. Aber allein geht das nicht so gut. Ein Baumhaus wäre noch cooler. Jedenfalls wäre es echt praktisch, einen Rückzugsort im Wald zu haben, wenn das Wetter nicht so gut ist. Vielleicht kann mir doch mein Bruder mal helfen Im Internet gibt es sicher Anleitungen, wie man so was macht! 1. Kapitel Es sind Sommerferien, aber heute habe ich keine Zeit, um im Wald herumzustromern, weil nämlich neue Nachbarn in das Haus neben uns einziehen! Bis jetzt hat nur eine ältere Frau mit ihrem Hund in dem Haus gewohnt. Aber Mama hat mir erzählt, dass jetzt auch ihre erwachsene Tochter mit ihrer Familie hier einziehen wird, damit sie nicht allein in dem großen Haus leben muss. Und das Beste ist, dass sie drei Kinder haben! Ich bin schon seit Tagen gespannt und anscheinend ist es heute endlich so weit! Ein riesiges Lastauto steht in der Einfahrt und zwei Männer schleppen gerade ein Klavier ins Haus. Ich habe mich hinter der Buchenhecke versteckt, die unsere Gärten trennt, beim Komposthaufen, weil man mich da nicht sehen kann. Aber Lilo, der Nachbarhund, bemerkt mich natürlich trotzdem und will durch den Zaun gestreichelt werden. »Pst, Lilo! Verrat mich nicht.« Lilo setzt sich verdutzt hin, legt seinen Kopf schief und hebt fragend ein Ohr. »Wo sind denn die neuen Kinder, Lilo? Sind sie schon da?« Lilo bellt mich kurz an und läuft dann wieder zu den Männern, die gar nicht erfreut sind, dass ihnen ein kleiner Dackel zwischen die Beine läuft. »Oma Martina! Sperr den Hund ein«, ruft der Mann mit dem verwaschenen Superman-T-Shirt. Er redet irgendwie komisch, ich glaub, der ist nicht von hier. Da kommt auch schon unsere Nachbarin angerannt und ruft Lilo: »Du kleiner Schlingel! Bist du so aufgeregt! Gleich kommen die Kinder, dann kannst du mit ihnen spielen! Komm her da! Lass die Männer in Ruhe arbeiten....